Berlin: Schlamperei von Wahlhelfern? Wahlleiter rätseln über Zahlendifferenzen

Bei der Wiederholungswahl in Berlin überstieg die Zahl der abgegebenen Stimmen jene der erfassten Wähler. Es war nicht die erste Panne bei der Auszählung.
Titelbild
Berliner Wahllokal am 12.02.2023.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 21. Februar 2023

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Eine mögliche Schlamperei aufseiten der Wahlhelfer sieht Landeswahlleiter Stephan Bröchler als denkbare Erklärung für die jüngste Wahlpanne bei der Wiederholungswahl in Berlin. Eine neuerliche Kontrolle der Ergebnisse in den hauptsächlich betroffenen Bezirken Steglitz-Zehlendorf und Marzahn-Hellersdorf finde derzeit statt.

Die Bezirks- und Landeswahlausschüsse überprüften die Zahlen, dabei werde „offensichtlich Falsches korrigiert“. In weiterer Folge könnten auch Nachzählungen oder Befragungen von Wahlhelfern durch den Wahlvorstand erfolgen.

Mehrere Bezirke in Berlin wiesen mehr Stimmen als erfasste Wähler aus

Die Tageszeitung „taz“ hatte am Freitag, dem 17.2.2023 über Zahlendifferenzen in einigen Stimmbezirken berichtet. Diese seien dem Blatt bei einer Analyse des vorläufigen Berichts des Landeswahlleiters aufgefallen.

Es handele sich demnach auch nicht einmal um Einzelfälle. Wie das Blatt eruierte, hätten die Wahlvorstände in rund 14 Prozent aller Brief- und Urnenwahllokale mehr Erststimmen gezählt als registrierte Wähler. Bei den Zweitstimmen treffe Gleiches auf 8,3 Prozent zu.

In Summe übersteige die Anzahl der Erststimmen jene der erfassten Wähler um 1.248, bei den Zweitstimmen seien es 726. Allein in einem Urnenwahlbezirk in Steglitz-Zehlendorf habe es 372 gültige und drei ungültige Stimmen gegeben – bei lediglich 275 registrierten Wählern. In einem Wahlbezirk in Marzahn-Hellersdorf sei ein Überschuss von 59 Zweitstimmen dokumentiert.

Bezirksämter überprüfen Schnellmeldungen

Während im Fall der Differenz um genau 100 Stimmen die Annahme eines Zahlendrehers (275 statt 375) auf dem Schlussprotokoll als Erklärung naheliegt, werfen andere Abweichungen weitere Fragen auf.

Der Wahlkreisleiter von Steglitz-Zehlendorf, Joachim Stürzbecher, sprach gegenüber der „taz“ von einem „unglücklichen“ Umstand. Differenzen in der Größenordnung von bis zu fünf Stimmen seien normal, in solchen Fällen gebe es Nachprüfungen. Kläre sich die Diskrepanz nicht auf, stünden Nachzählungen und Befragungen der Wahlhelfer an.

Landeswahlleiter Stephan Bröchler räumt eine „Differenz zwischen der Anzahl der Wählenden und der Anzahl der abgegebenen Stimmen“ ein. Er betont jedoch auch, dass es bislang nur ein „vorläufiges Ergebnis“ gebe. Derzeit untersuchten die Bezirksämter die Schnellmeldungen aus den betroffenen Wahllokalen sowie die Wahlniederschriften. Offensichtliche Erfassungsfehler seien dann zu korrigieren.

Dieses Mal immerhin keine langen Schlangen mehr in Berlin

Als eine mögliche Erklärung bezüglich der Abweichungen nennt Bröchler, dass Wahlhelfer nicht aufmerksam gewesen sein könnten. Üblicherweise überprüft im Wahllokal ein Mitglied des Wahlvorstandes die Identität eines Wählers. Ein weiterer streicht dessen Namen im Wählerverzeichnis durch. Dies könnte in den vorliegenden Fällen übersehen worden sein, meint Bröchler.

Bereits in der Vorwoche waren zwei größere Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung bekannt geworden. So tauchten 466 Briefwahlzettel im Bezirk Lichtenberg erst am Tag nach der Wahl auf und bewirkten einen Stimmengleichstand zweier Erststimmenkandidaten. In Kreuzberg bewirkte ein Eingabefehler die Falschzuordnung von Parteiergebnissen.

Die Pannen stellen sich für die Bundeshauptstadt umso peinlicher dar, als die Wiederholungswahl selbst erst wegen gravierender Fehler beim Urnengang 2021 erforderlich wurde. Insgesamt 42.000 Wahlhelfer – knapp 8.000 mehr als vor zwei Jahren – kamen zum Einsatz. Auch der Europarat entsandte Wahlbeobachter.

Immerhin gab es dieses Mal keine langen Schlangen mehr vor den Wahllokalen. Die Wahlbeteiligung lag nur bei 63 Prozent. Die Wahlen zum Abgeordnetenhaus fanden im September 2021 zeitgleich mit den Wahlen zum Bundestag statt.



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