BKK-Chef gefeuert – weil er Fehler der Corona-Statistik entdeckte?

Über 40 Jahre war Andreas Schöfbeck bei der BKK ProVita im Dienst, 20 davon im Vorstand. Nun wurde er entlassen. Er hatte in einem Brief an das Paul-Ehrlich-Institut auf statistische Diskrepanzen zu den offiziellen Zahlen der gemeldeten Impfnebenwirkungen bei den Corona-Impfungen hingewiesen.
Titelbild
Eine Krankenschwester gibt einem Patienten eine Impfung.Foto: iStock
Von 4. März 2022


Weil das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am 7. Februar in seinem Sicherheitsbericht für das Jahr 2021 die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen nach einer Corona-Impfung mit 244.576 Verdachtsfällen angegeben hatte, wunderte sich der Vorstand der Münchner Betriebskrankenkasse BKK ProVita, Andreas Schöfbeck: „Die Zahlen, die sich bei unserer Analyse ergeben haben, sind sehr weit weg von den öffentlich verlautbarten Zahlen. Es wäre ethisch falsch, nicht darüber zu sprechen“, sagte der Krankenkassenbetriebswirt der „Welt“. Er schrieb einen Brief an das zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI).

Schöfbecks Berechnungen

Es gebe Grund zu der Annahme, „dass es eine sehr erhebliche Untererfassung von Verdachtsfällen für Impfnebenwirkungen nach Corona-Impfung“ gebe, erklärte Schöfbeck gegenüber der Bundesoberbehörde und fügte eine Auswertung auf Datengrundlage der Abrechnungen der Ärzte bei, die auf Basis von 10,9 Millionen BKK-Versicherten gewonnen wurde. Für die Abfrage wurden entsprechende ICD-Codes der WHO für Corona-Impfnebenwirkungen benutzt.

Aus den bisher vorliegenden Daten von zweieinhalb Quartalen des Jahres 2021 wurde bereits ersichtlich, dass man 216.695 ärztlich behandelte Fälle von Impfnebenwirkungen nach Corona-Impfungen vorliegen hatte. Die Schlussfolgerung, die Andreas Schöfbeck, daraus zog:

Wenn diese Zahlen auf das Gesamtjahr und auf die Bevölkerung in Deutschland hochgerechnet werden, sind vermutlich 2,5-3 Millionen Menschen in Deutschland wegen Impfnebenwirkungen nach Corona-Impfung in ärztlicher Behandlung gewesen.“

Auf Basis dieser Hochrechnung schätzte Schöfbeck, dass vier bis fünf Prozent der geimpften Bevölkerung wegen Nebenwirkungen in ärztlicher Behandlung waren, und nannte dies ein „erhebliches Alarmsignal“. Zur Validierung der Daten schlug der BKK-Chef vor, die anderen Kassenarten – wie AOK, Ersatzkrankenkassen – um eine entsprechende Auswertung ihrer Daten zu bitten.

Schöfbeck vermutete als eine mögliche Ursache der Datendiskrepanz, dass Ärzte vielfach davon absähen, die unvergüteten und zeitaufwendigen Nebenwirkungsmeldungen an das PEI vorzunehmen. „Ärzte haben uns berichtet, dass die Meldung eines Impfschadenverdachtsfalls circa eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nimmt“, erklärte Schöfbeck dazu. Dies bedeute, dass drei Millionen Verdachtsfälle auf Impfnebenwirkungen circa 1,5 Millionen Arbeitsstunden von Ärztinnen und Ärzten erforderten, was etwa der jährlichen Arbeitsleistung von 1.000 Ärztinnen und Ärzten entspräche. Schöfbeck bat um eine Rückmeldung des PEI.

 Schöfbeck entlassen

Das Paul-Ehrlich-Institut zeigte sich zu einem Treffen mit einem BKK-Vertreter am 1. März bereit, um die vorgelegten Daten zu besprechen. Allerdings wurde just an diesem Tag Andreas Schöfbeck auf einer Sitzung des Verwaltungsrates am 01.03.2022 „mit sofortiger Wirkung“ von seinen Vorstandsaufgaben entbunden – ohne weitere Erklärung.

Auf der Website der BKK ProVita wurde die ursprüngliche Pressemitteilung der BKK vom 25. Februar „Erläuternde Auswertungen zum Schreiben an das Paul-Ehrlich-Institut vom 21.02.2022 – Kommentar zur Presseveröffentlichung des Virchowbundes“ mittlerweile gelöscht. Sie ist jedoch im Webarchiv weiterhin gespeichert und einsehbar.

Darin erklärte die BKK, dass sie sich im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages dazu verpflichtet sehe, das Ergebnis ihrer Datenauswertung an das PEI zu melden. Man erklärte zudem, die Daten nicht interpretieren zu wollen. Man wolle auch das PEI mit der Meldung „bei seiner enorm bedeutenden Aufgabe alle erdenkliche Unterstützung“ zukommen lassen.

Mit Empörung äußerte man sich jedoch zu den „unseriösen Äußerungen des Virchowbundes“ und verwies darauf, „ernsthafte und sachorientierte Datenanalyse“ zur Impfstoffsicherheit „polemischen Äußerungen“ vorzuziehen.

Virchowbund: „Unwissen oder Täuschungsabsicht“

Der Virchowbund, ein eingetragener Verein und Interessenverband für 12.000 niedergelassene Ärzte, veröffentlichte am 24. Februar eine Pressemitteilung unter dem Titel „Schwurbel-BKK gibt falschen Alarm bei Impfnebenwirkungen“. Darin unterstellt Bundesvorstand Dr. Dirk Heinrich dem bisherigen BKK-Chef Schöfbeck „peinliches Unwissen oder hinterlistige Täuschungsabsicht“, sprach von „angeblichen Alarmzahlen bei Impfkomplikationen“ und nannte Schöfbecks Schlussfolgerungen „kompletten Unfug“.

Zudem kanzelte Heinrich die BKK ab: „Diese undifferenzierte Schwurbelei passt aber ganz offensichtlich in das Markenimage der Kasse, die mit Homöopathie und Osteopathie als Satzungsleistungen wirbt und sich selbst als ,veggiefreundlichste Krankenkasse‘ tituliert. Offenbar will man vor allem Werbung in der impfkritischen Klientel machen.“



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