Der Aufladealltag eines Elektroautos

Manchmal braucht man einfach etwas Glück, um sein Elektroauto aufladen zu können. Denn derzeit bieten nur sieben Prozent der Mehrfamilienhäuser mit mehr als zehn Stellplätzen Ladesäulen oder Wallboxen für die Bewohner an.
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Bis zum Jahr 2030 hat die Bundesregierung eine Million öffentliche und diskriminierungsfrei zugängliche Ladepunkte geplant.Foto: iStock
Von 1. Februar 2023

Vor ein paar Monaten erzählte mir eine ehemalige Arbeitskollegin mit leuchtenden Augen von ihrem neuen Elektroauto. Auf die Frage, wie es sich denn fährt, lud sie mich auf eine Testfahrt ein.

Der ruhige Motor und die Möglichkeit, so schnell zu beschleunigen, waren beeindruckend. Doch bereits nach kurzer Zeit war die Freude getrübt. Es sei nicht einfach, immer und zu jeder Zeit eine Auflademöglichkeit zu finden, so die Ex-Kollegin. Glücklicherweise wohnt sie in einem Mehrfamilienhaus, welches schon eine Ladestation hat.

E-Laden für Mehrfamilienhausbewohner: Kaum Möglichkeiten

Andere E-Autofahrer scheinen da nicht ganz so zufrieden zu sein. Laut einer ADAC-Umfrage unter Immobilienverwaltern bieten nur sieben von hundert Mehrfamilienhäusern mit mehr als zehn Auto-Stellplätzen Ladesäulen oder Wallboxen für die Bewohner an. Zwar hat sich der Anteil gegenüber 2019 (zwei Prozent) mehr als verdreifacht, er ist aber noch immer auf einem sehr niedrigen Niveau.

Wer in einem Mehrfamilienhaus mit angeschlossener Tiefgarage wohnt und dort sein Elektroauto aufladen will, findet dazu nur in einem von 13 Fällen überhaupt eine vernünftige Möglichkeit.

Die Befragung fand in elf deutschen Großstädten statt. Elf Prozent der Objekte besitzen immerhin eine Steckdose, die aus Sicht des ADAC zum Laden von Elektroautos aber ungeeignet ist. Im Vergleich zu einer ADAC-Umfrage von 2019 hat sich die Lage nur gering verbessert.

Ein Drittel der befragten Immobilienverwalter (30 Prozent), die noch kein Objekt mit Lademöglichkeit betreuen, plant einen entsprechenden Ausbau. Vor drei Jahren waren sich noch fast die Hälfte (49 Prozent) der Immobilienverwalter in der ADAC-Umfrage unklar, ob sie Lademöglichkeiten installieren lassen sollten. Jetzt liegt der Anteil bei 26 Prozent. Gut jedes zweite Unternehmen (53 Prozent) wünscht sich für die Installation „Angebote aus einer Hand“ mit Planung, Montage, Inbetriebnahme und Abrechnung.

Zahl der öffentlichen Ladestationen noch ausbaufähig

Doch nicht nur private Ladeinfrastruktur, sondern auch die öffentliche kommt nur schleppend voran. Wie meine frühere Kollegin einige Zeit später berichtet, sei das Leben mit ihrem Elektrofahrzeug nicht immer leicht.

Nach einem Sonntagsausflug mit ihrem E-Auto hatte sie Schwierigkeiten, überhaupt wieder nach Hause zu kommen. Als der Strom langsam zur Neige ging, habe sie zunächst wie geplant eine Kleinstadt erreicht. Da sie bereits zuvor auf einer digitalen Ladesäulenkarte mehrere Lademöglichkeiten ausfindig gemacht hatte, war sie zuversichtlich. Doch die erste Lademöglichkeit, die sie anfuhr, war belegt.

Eine Million öffentliche und diskriminierungsfrei zugängliche Ladepunkte will die Bundesregierung bis 2030 gebaut haben – vor allem Schnelllade-Säulen. Stand 1. November 2022 waren rund 60.229 Normalladepunkte und 11.862 Schnellladepunkte gemeldet.

Verschlechterte Rahmenbedingungen für Elektromobilität

Bis zum Jahr 2030 erwartet Berlin mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw auf Deutschlands Straßen. Rund eine Million Elektroautos sind bereits unterwegs. Im Jahr 2022 erreichten die Pkw mit reinem Elektroantrieb mit 470.559 Neuzulassungen sogar einen Rekordwert. Gleichzeitig verschlechtern sich die Rahmenbedingungen: teure Fahrzeuge, steigende Strompreise, sinkende Förderungen. Und dann bleibt da noch das Problem mit den Lademöglichkeiten.

Meine Bekannte fuhr damals also weiter zur nächsten auf der Karte verzeichneten Ladestation. Doch auch dort bot sich ihr keine Möglichkeit, da vor ihr schon ein Auto in der Warteschlange stand. An der dritten Ladestation das gleiche Bild: belegt, ein Auto war beim Laden. Langsam bekam sie ein mulmiges Gefühl. Immerhin hatte sie noch einige Stunden Autofahrt vor sich.

Nach einiger Wartezeit sah sie, wie sich jemand dem Elektroauto an der Ladesäule näherte und den Kofferraum öffnete. Sie nutzte die Chance, den Besitzer des Autos nach der noch nötigen Ladezeit seines Autos zu befragen.

Dann schilderte sie ihm ihre Lage – und er war bereit, ihr den Vortritt zu lassen. Nur dadurch kam meine Bekannte schließlich nach einem langen Tag noch vor Mitternacht zu Hause an.



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