Finanzministerium will Rentenbesteuerung ändern – Kläger prüft Verfassungsklage

Die mit Spannung erwarteten Urteile des Bundesfinanzhofs zur Doppelbesteuerung von Renten sind nun bekannt. Dabei ging es für den deutschen Fiskus um mögliche Mindereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe.
Epoch Times31. Mai 2021

+++Update+++

Die Doppelbesteuerung von Renten könnte vor dem Bundesverfassungsgericht landen. „Wir werden auf jeden Fall das Urteil genau prüfen und schauen, ob eine Verfassungsbeschwerde Erfolg verspricht, weil es Grundrechtsverletzungen gibt“, sagte die Rechtsanwältin Rebecca Ziegler den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Dienstagausgabe).

Sie hatte den Steuerberater aus Baden-Württemberg im Verfahren vor dem Bundesfinanzhof unterstützt, für dessen Fall das erste Urteil erging.

Ziegler bezeichnete das Urteil als „großen Erfolg“, auch wenn das Gericht die Klage abgewiesen habe. „Aber der Bundesfinanzhof hat klar herausgestellt, dass es durch das Alterseinkünftegesetz in Zukunft für viele Rentner zu einer doppelten Besteuerung kommen kann“, sagte sie. Daher müsse die Bundesregierung das Gesetz nachbessern.

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Bundesfinanzhofs weist Klagen zur Doppelbesteuerung ab

Der Bundesfinanzhof hatte zwei Klagen wegen verbotener Doppelbesteuerung abgewiesen, gleichzeitig aber erstmals Regeln für die Berechnung solch einer Besteuerung festgelegt. Diese führen dazu, dass zahlreiche Rentner künftig von einer verbotenen doppelten Besteuerung betroffen wären.

So legte der Bundesfinanzhof fest, dass der Grundfreibetrag bei der Berechnung des steuerfreien Rentenbezugs unberücksichtigt bleiben muss. Auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die der Steuerpflichtige selbst trägt, müssen künftig unberücksichtigt bleiben.

Im Fall des klagenden Steuerberaters und von dessen Frau sah der Bundesfinanzhof keine nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verbotene Doppelbesteuerung von Renten. Demnach erhielt der Mann im Ruhestand mehr steuerfreie Renten, als er im Erwerbsleben an Altersvorsorgebeträgen versteuert hatte. Die Revision sei unbegründet, entschied der Bundesfinanzhof.

Für die Finanzgerichte und Finanzämter legte der Bundesfinanzhof nun aber erstmals fest, dass der Grundfreibetrag bei der Berechnung des steuerfreien Rentenbezugs unberücksichtigt bleiben muss. Der Grundfreibetrag sei als steuerfreier Grundbezug anzusehen, sagte die Vorsitzende Richterin Jutta Förster.

Außerdem muss die höhere Lebenserwartung von Frauen mit berücksichtigt werden. Das heißt, dass beim steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines möglicherweise länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu berechnen seien.

Selbstständige eher von Doppelbesteuerung bedroht

Ursprung des Verfahrens ist die 2005 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung auf den Weg gebrachte nachgelagerte Besteuerung. Die bis 2040 laufende Übergangsregelung dafür hält der Bundesfinanzhof weiter für verfassungsgemäß.

Die Steuerrichter wiesen aber darauf hin, dass zwar der Kläger nicht von einer verbotenen doppelten Besteuerung betroffen sei. In Zukunft seien aber immer mehr Fälle zu erwarten, wo doch die Doppelbesteuerung eintrete. Dies seien auch weit mehr Fälle als bisher von den Finanzverwaltungen angenommen, sagte Richterin Förster.

Die Vorsitzende sagte, vor allem früher Selbstständigen drohe im Alter eher eine Doppelbesteuerung. Es seien außerdem Männer wegen ihrer geringeren Lebenserwartung betroffen, außerdem Unverheiratete stärker als Verheiratete.

Der Vizepräsident des Bunds der Steuerzahler in Bayern, Klaus Grieshaber, sagte, das Urteil sei „ein Erfolg für Millionen aktueller und künftiger Rentner“. Die Bundesregierung sei nun gezwungen, das Altersvorsorgegesetz zu ändern, um die Vorgaben der Berechnung umzusetzen. Aktuell könne es in einzelnen Fällen bereits zu der Doppelbesteuerung kommen, in Zukunft würden es aber immer mehr.

Der Bund sei gezwungen, dies zu verhindern. Grieshaber zweifelte aber, dass dies noch in der laufenden Legislaturperiode umsetzbar sei. Der Bund der Steuerzahler hatte den Fall als Musterfall unterstützt.

Bundesfinanzministerium begrüßt Urteil zu Doppelbesteuerung

Das Bundesfinanzministerium hat die beiden Urteile des Bundesfinanzhofs zur verbotenen Doppelbesteuerung begrüßt. Der Bund sehe sich in der Auffassung bestätigt, dass das Alterseinkünftegesetz verfassungsgemäß ist, sagte Finanzstaatssekretär Rolf Bösinger am Montag vor Journalisten in München. Gleichzeitig räumte Bösinger aber ein, dass die Finanzverwaltung vom obersten Steuergericht einige Aufgaben mit auf den Weg bekommen habe.

Bösinger sagte, er erwarte, dass in der kommenden Legislaturperiode die nächste Bundesregierung Regelungen treffe, um dies zu vermeiden. Dabei warb der Finanzstaatssekretär dafür, dies zusammen mit einer Reform der Einkommensteuer zu lösen. Bösinger warb dafür, die derzeit ab dem Jahr 2025 geplante vollständige Absetzbarkeit der Rentenbeiträge von der Steuer vorzuziehen.

Viele Rentner beklagen eine doppelte steuerliche Belastung, zunächst im Arbeitsleben und dann nochmals im Ruhestand. Dies ist aber verfassungsrechtlich verboten.

Es gibt Optionen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Eine Option zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wäre es laut IW, den Anstieg des steuerpflichtigen Rentenanteils von derzeit 81 Prozent von einem Prozentpunkt auf 0,5 Prozentpunkte pro Jahr zu verlangsamen und gleichzeitig ab sofort zuzulassen, dass Rentenbeiträge steuerlich vollständig abgezogen werden dürfen. Bisher ist das nur zu 90 Prozent für 2020 und zu 92 Prozent für 2021 möglich.

„Dadurch würde der Anpassungsprozess bei der Rentenbesteuerung nicht unterbrochen, die Doppelbesteuerung aber zurückgedrängt und ab dem Jahr 2030 sogar weitgehend vermieden“, sagte IW-Forscher Tobias Hentze der Zeitung. Allerdings wäre dieser Schritt mit Mindereinnahmen in Höhe von 90 Milliarden Euro auch sehr teuer. (afp/dts)



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