Grundsteuer: Kostenexplosion in Moritzburg – Bodenrichtwert wird zur Kostenfalle

Im sächsischen Moritzburg bekämpft ein Grundstückseigentümer die grundsteuerliche Neubewertung seiner Liegenschaft. Auf der Grundlage des nunmehr dafür ausschlaggebenden Bodenrichtwerts soll er künftig bis zu 2.500 Euro Grundsteuer im Jahr bezahlen. Bis dato waren es lediglich 40.
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Schloss Moritzburg bei Dresden, Sachsen.Foto: iStock
Von 18. Februar 2024

Ab 2025 soll die Reform der Grundsteuer in Kraft treten und diese nur noch aufgrund der jeweils angepassten Neuregelung berechnet werden. Eine solche war aufgrund eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 erforderlich geworden. Mit diesem erklärte Karlsruhe die Berechnung aufgrund der zuvor ermittelten Einheitswerte für verfassungswidrig.

Künftig soll der Grundsteuerwert den Einheitswert ersetzen. Immerhin hatten veraltete Angaben Bodenwert und Jahresrohmiete aus den Jahren 1935 (Ostdeutschland) und 1964 (Westdeutschland) zu weit abweichendem Ergebnissen geführt.

Grundsteuer um 6.150 Prozent erhöht

Länder, Gemeinden und kommunale Spitzenverbände hatten beteuert, dass die Neuberechnung nicht zu Mehrbelastungen für Betroffene führen werde. Es werde allenfalls zu Verschiebungen zwischen Luxus- und Randlagen kommen. Auch als im Vorjahr erste Gemeinden ihre Hebesätze deutlich anhoben, beharrten die politischen Verantwortungsträger auf dieser Einschätzung.

Experten wie Heinrich Fleischer von Ernst & Young rechneten hingegen mit zum Teil deutlichen Erhöhungen. Einige Grundstückseigentümer erlebten im Zuge der Versendung der angepassten Bescheide bereits eine besonders böse Überraschung. Wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet, soll beispielsweise Torsten Küllig für ein Grundstück, für das er bisher jährlich 40 Euro bezahlt hatte, künftig rund 2.500 Euro entrichten.

Das teils verwilderte Gartengrundstück weist eine Fläche von etwa 2.000 Quadratmetern auf, vor wenigen Jahren hatte er es für 33.000 Euro erworben. Aus der Vermietung zweier Garagen erzielt er jährliche Mieterlöse von 600 Euro.

Bei Berechnung nach Bodenrichtwert bewusst keine individuelle Anpassung vorgesehen

Das Finanzamt Meißen bezifferte den Wert des Grundstücks in einem Bescheid vom 9. Oktober 2023 mit nicht weniger als 851.900 Euro. Daraus ergebe sich ein Grundsteuerwert von 613,37 Euro. Da der Hebesatz der Gemeinde Moritzburg 400 Prozent beträgt, würde sich eine jährliche Grundsteuer von rund 2.500 Euro ergeben.

Zum hohen Grundsteuerwert trage unter anderem die Lage der Immobilie bei – sie liegt nahe der mondänen Schlossallee. Das Raumplanungsinformationssystem (Rapis) weist das Gartengrundstück als baureifes Land aus. Das steigert den Wert in der Theorie auf 308 Euro pro Quadratmeter – während er es tatsächlich zu einem Quadratmeterpreis von acht Euro erworben hatte.

Das Raumordnungsministerium geht jedoch von einer korrekten Bewertung aus. Im Freistaat wird der Bodenrichtwert weitgehend nach dem Bundesmodell ermittelt. Der individuelle Wert jedes Grundstücks richtet sich dann nach der Wohngegend und den Preisen, die dort für Immobilien bezahlt werden. Küllig hat das Pech, dass seine Immobilie in einer besonders hoch bewerteten Zone liegt.

Heidelberger Verfassungsjurist hält Bodenrichtwert-Modell bei Grundsteuer für verfassungswidrig

Wie ihm geht es in der Gegend laut „Bild“ auch knapp 20 weiteren Betroffenen. Der Sächsische Landtag wollte einer Petition nicht stattgeben. Der Gesetzgeber könne, so die Begründung, keine individuellen Ausnahmen von der pauschalen Berechnung der Grundsteuer aufgrund des jeweiligen Bodenrichtwerts machen. Dies würde das Massenverfahren nicht durchführbar machen.

Unter Berufung auf ein Gutachten des Heidelberger Verfassungsjuristen Gregor Kirchhof fordern sie nun in einem offenen Brief an Ministerpräsident Michael Kretschmer jedoch eine Regelung zur Exzesskontrolle. In Baden-Württemberg, das die Grundsteuer individuell ermittelt, ist ein solches Verfahren bereits möglich – wenn auch auf Grundlage eines selbst zu bezahlenden Gutachtens.

Im April des Vorjahres hatte Kirchhof eine Studie vorgelegt, der zufolge das pauschale Bodenrichtwert-Modell zur Entwicklung der Grundsteuer verfassungswidrig sei. Auftraggeber waren der Bund der Steuerzahler und der Eigentümerverband Haus und Grund. Die Verbände wollen über Musterklagen in fünf Bundesländern das Modell zu Fall bringen.

Die Bodenrichtwerte, so Kirchhof, seien unverlässlich und nicht vergleichbar. Berlin-Neukölln weise demnach einen höheren Richtwert auf als Wannsee. Zugleich lasse die Festsetzung Umstände wie Denkmalschutzauflagen, Baumängel oder Altlasten außer Acht. Kirchhof plädiert für eine Alternative, die sich an Größen wie Fläche oder Gebäudeart orientiert.



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