Hamburger Gerichtspräsident: Aufrufe zu Lynchmorden kennen wir aus der Nazidiktatur

Der neue Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg, Marc Tully, hat vor dem „kollektiven Sofagericht“ der „Cancel Culture“ gewarnt. Der Glaube, auf der Grundlage überlegener Moral oder absoluter Wahrheit zu urteilen, gefährde Rechtsstaat und Demokratie.
Von 5. Januar 2021

Der seit Ende des Vorjahres amtierende Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg, Marc Tully, hat die sogenannte „Cancel Culture“ in einem Gespräch mit der „Welt“ als Gefahr für die Demokratie und den Rechtsstaat bezeichnet.

Das „kollektive Sofagericht“, das sich vor allem über die sozialen Medien unter diesem Banner gebildet habe, lasse keine Meinungsunterschiede mehr gelten und vergifte mit seinem absoluten Wahrheitsanspruch den öffentlichen Dialog.

„Absolute Wahrheit auf rudimentärer Tatsachenbasis“

Das Recht auf freie Meinungsäußerung, das „für den demokratischen Rechtsstaat schlechthin konstituierend“ ist, setze einen Dialog voraus. Laut Tully gerate dieser im öffentlichen Raum zunehmend ins Hintertreffen. Verantwortlich für die Entwicklung seien Menschen, die „auf rudimentärer Tatsachenbasis für sich einen Anspruch auf das Entdecken der absoluten Wahrheit reklamieren“.

Werde die Diskussionskultur so weit verengt, dass nicht nur andere Meinungen nicht mehr als gleichwertig betrachtet, sondern der Andersdenkende diskreditiert würde, gerate „die öffentliche Diskussionskultur in eine Schräglage, die für ein demokratisches Gemeinwesen gefährlich wird“, so Tully weiter. Es habe sich eingebürgert, sich zu komplexen Themen „schnell und aufgeregt“ eine verfestigte Meinung zu bilden.

Cancel Culture macht auch vor Lynchaufrufen nicht halt

Tully verweist auf die Geschichte und die „unguten Auswüchse der Bilderstürmerei“, die heute wieder Platz zu greifen drohen. Dies lasse das Bestreben erkennen, die Erinnerung an historische Persönlichkeiten wie Christoph Kolumbus auszulöschen, weil „Facetten ihres Wirkens mit unserem Wertekanon nicht mehr übereinstimmen“.

Zum anderen gebe eine Tendenz, nicht nur die Meinung einer Person, sondern diese selbst infrage zu stellen. Betroffen davon seien hier und heute wirkende Personen wie die Schriftstellerin Monika Maron oder die Journalistin Bari Weiss. Im Extremfall mache die „Cancel Culture“ selbst vor Aufrufen zu Lynchjustiz nicht halt.

Tully nannte in diesem Zusammenhang den Aufmarsch eines Mobs vor dem Haus des Fleisch-Konzernchefs Clemens Tönnies:

„Das ist eine Eskalationsstufe, die wir in Deutschland lange nicht hatten, die uns wegen unserer Geschichte aber besonders erschüttern sollte. Die letzten Aufrufe zu Lynchmorden oder Brandschatzungen kennen wir aus der Nazidiktatur. Und wenn wir anfangen, den Selbstwert der Person, mit der wir unterschiedlicher Meinung sind, in dieser Form kategorial zu negieren, führt uns das ins Unglück.“

Institutionen der Demokratie nicht unentwegt anzweifeln

Man dürfe es „nicht zulassen“, betont der Gerichtspräsident, dass immer größere Teile der Bevölkerung den demokratischen Rechtsstaat und seine demokratisch legitimierten Strukturen „unentwegt anzweifeln“ – womit er nicht allein auf linksextreme Protagonisten der „Cancel Culture“ Bezug nahm, sondern auch auf die fundamentale Infragestellung der Corona-Maßnahmen durch einen Teil der Bevölkerung.

Es sei eine „Errungenschaft der Aufklärung“, dass öffentlichkeitsrelevante Entscheidungsfindungsprozesse nach bestimmten Regeln und in bestimmten Strukturen stattfänden. Die Unschuldsvermutung gehöre dabei ebenso dazu wie das Erfordernis, allen Seiten rechtliches Gehör zu gewähren.

Sobald man davon in der Überzeugung abgehe, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein, und auf Grundlage einer vermeintlich richtigen „Haltung“, werfe man „die Erkenntnisse von 300 Jahren gesellschaftlicher und staatlicher Evolution über Bord“ und sei „in der Denkweise der Inquisition angelangt“, sagte Tully.

Man müsse „sehr vorsichtig sein, einen von Zeitläufen geprägten Moralbegriff über das Recht zu stellen“. Insbesondere das Gefühl eigener moralischer Überlegenheit sollte „niemals Leitmotiv des Handelns des Einzelnen sein, weil es das in einem demokratischen Prozess geschaffene Recht damit aushebelt“.



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