KKW-Frage: Habeck ignorierte eigene Fachleute – CSU fordert Entlassung

Ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke birgt sicherheitstechnische Risiken und spare kaum Gas ein, so die Argumente von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Dem widersprechen seine Berater. Sie attestierten Habecks Ministerium in der Kernkraft-Frage eine „gewisse Schizophrenie“.
Habeck: Entlastungen für Stromkunden spätestens im Januar
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin.Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times1. November 2022

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Bei der Entscheidung gegen einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke (KKW) im März hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck offenbar die Empfehlungen der eigenen Fachleute ignoriert. Diesen Schluss legen regierungsinterne Dokumente nahe, die „Welt am Sonntag“ in Kooperation mit dem Magazin „Cicero“ analysiert hat. 166 Schriftwechsel, Mails und Dokumente vom Bundesumweltministerium liegen der Zeitung vor.

Den Unterlagen nach hatten die Ministerien für Wirtschaft und Umwelt ihre Ablehnung schon formuliert, noch bevor Energie-Experten ihre Einschätzung abgegeben hatten. So habe die Arbeitsgruppe S I 2 („Nationale Angelegenheiten der nuklearen Sicherheit“) im Umweltministerium bereits am 1. März einen ersten „Vermerk“ über die rechtlichen und technischen Hürden einer Laufzeitverlängerung erstellt.

Drei Tage darauf, am 4. März, lag der fünfseitige Entwurf eines umfassenden Argumentationspapiers bereit, das die Ablehnung einer Laufzeitverlängerung begründete. Auf dieser Grundlage sollen Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke am 8. März ihre Entscheidung gegen eine Laufzeitverlängerung öffentlich gemacht haben. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es zu viele finanzielle, wirtschaftspolitische und sicherheitstechnische Risiken gibt“, sagte Lemke der „Welt“.

Einschätzung von Fachleuten ignoriert

Der Haken dabei: Das Argumentationspapier wurde verfasst, noch bevor die Ministerien Gespräche mit den Betreibern der KKWs geführt hatten. Die Videoschalte sei erst für den 5. März terminiert worden, so „Welt am Sonntag“. Auch eine schriftliche Stellungnahme von Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, traf erst mehrere Tage nach der Formulierung des Entwurfs ein. Unberücksichtigt blieb zudem eine Mitteilung des KKW-Betreibers EnBW zum hohen sicherheitstechnischen Niveau der Anlagen. Ein Weiterbetrieb sei demnach kein Problem.

Mehr noch: Habecks Ablehnung einer Laufzeitverlängerung stand offenbar im Widerspruch zur Einschätzung der Fachebene des Wirtschaftsministeriums selbst. Laut „Welt“ hatten sich Habecks Fachbeamte intern für einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke ausgesprochen. Um sich gegen einen anzunehmenden „Worst Case“ zu schützen, sei der Weiterbetrieb der KKW „eine offensichtliche Vorsorgemaßnahme“, heißt es in ihrer E-Mail.

Und weiter: Neben der Gaseinsparung würden auch die Strompreise sinken und der Netzbetrieb wäre sicherer. Zudem könne ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke „pro Jahr ab 2024 etwa 25 bis 30 Millionen Tonnen CO₂-Reduktion im deutschen Strommarkt“ bewirken.

KKW-Weiterbetrieb spart kein Gas ein

Habeck argumentierte hingegen öffentlich, durch eine Laufzeitverlängerung ließe sich kaum Gas einsparen. Genau vor dieser Behauptung hatten seine Fachbeamten gewarnt. Denn dies würde den Sinn des Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetzes (EKBG) infrage stellen. Mit diesem Gesetz hatte die Bundesregierung nämlich die Reaktivierung von Kohle- und Ölkraftwerken vorangetrieben.

„Während wir das EKBG in den höchsten Tönen loben und uns vom Weiterbetrieb von Kohle- und Öl-Kondensationsanlagen eine riesige Gaseinsparung erhoffen, sprechen wir dem Weiterbetrieb von AKW-Kondensationsanlagen diese Eigenschaft ab“, kritisierte ein Fachbeamter des Habeck-Ministeriums. Dieser schrieb in einer internen Einschätzung wörtlich: „Ich muss dem BMWK [Wirtschaftsministerium] in dieser Debatte leider eine gewisse Schizophrenie attestieren.“

CSU fordert Entlassung von Habeck als Wirtschaftsminister

Kritiker und Befürworter der Kernenergie äußerten massive Kritik. Habeck sei ein „Sicherheitsrisiko“ für das Land und habe „monatelang die Öffentlichkeit bewusst belogen“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber der „Bild“ (Montagausgabe). „Aus Angst vor den Anti-AKW-Hardlinern der Grünen stellt er seine Ideologie über alle Fakten und Warnungen der Fachleute seines Ministeriums.“ Der CSU-Politiker forderte vom Bundeskanzler ein „echtes Machtwort“. Scholz müsse personelle Konsequenzen ziehen.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja kritisierte „die Öko-Lobby“ im Wirtschaftsministerium. Diese gefährde die Zukunft des Landes und „das aus rein ideologischen Gründen“. Er hinterfragt zudem, ob der Bundeskanzler im Hinblick auf sein Machtwort zur Abschaltung der Kernkraftwerke im April 2023 von den grünen Ministern richtig informiert worden war.

Scholz hatte zuvor von seiner Richtlinienkompetenz als Kanzler Gebrauch gemacht und ein Machtwort im wochenlangen Streit zwischen FDP und Grünen in der Atomfrage gesprochen. Alle drei noch am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke sollen demnach bis Mitte April 2023 laufen. Union und FDP setzen sich hingegen dafür ein, die verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland über den kommenden April hinaus in Betrieb zu halten. (dl)

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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