Lindner bringt Gaspreisbremse ins Spiel – und stellt sich gegen Habeck

FDP-Chef Lindner hat am Wochenende erneut die Gasumlage infrage gestellt. Stattdessen forderte er eine wirksame Gaspreisbremse, um Energiekosten zu senken.
Deutschlands größter Gasspeicher im niedersächsischen Rehden.
Deutschlands größter Gasspeicher im niedersächsischen Rehden.Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa
Von 26. September 2022

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stößt mit seinem Projekt der Gasumlage auf weiteren Widerstand aus der Koalition. Bereits in der Vorwoche hatte SPD-Bundeschef Lars Klingbeil Zweifel am Bestand der Regelung artikuliert. Am Wochenende ging auch Bundesfinanzminister Christian Lindner auf Distanz zu dem Vorhaben seines Regierungskollegen – und fordert stattdessen eine Gaspreisbremse.

Lindner mahnt: „Menschen fühlen sich alleingelassen“

Zuletzt hatte Lindner das Ansinnen Habecks, die Verfassungsmäßigkeit der Gasumlage zu prüfen, zurückgewiesen. Ihm zufolge sei die Prüfung bereits abgeschlossen und es gebe keine Bedenken dagegen. Dass Lindner nun dennoch das Aus für die Gasumlage fordert, liege daran, dass es ihm nicht allein um die Rechtsfrage, sondern um die „wirtschaftliche Sinnfrage“ gehe. Dies äußerte er gegenüber „Bild am Sonntag“ und in der ARD-Sendung „Anne Will“ am Sonntagabend (25.9.).

Lindner forderte eine „Gaspreisbremse, die den Preis senkt“. Bis der Gaspreis sinke, müsse der Staat „Verbrauchern und Wirtschaft eine Brücke durch diese Krise bauen“, äußerte er im „Handelsblatt“. Gelinge es, mittels einer Gaspreisbremse die Preisspitzen am Gasmarkt zu senken, würden andere Hilfsprogramme hinfällig. Dies könnte auch Bürokratie einsparen.

Die derzeitigen „ruinös hohen Gaspreise“ verlangten nach einer Antwort, betonte Lindner bei „Anne Will“. Die Rechnung werde steigen, aber sie dürfe „nicht ruinös“ sein. Derzeit entstehe der „Eindruck […], wir lassen die Menschen allein“. Absehbare Mehrausgaben, die mit der Gaspreisbremse verbunden sein würden, müssten durch „langfristig stabile Staatsfinanzen“ aufgefangen werden, äußerte der FDP-Chef in der „BamS“.

SPD: Gasumlage steht „politisch auf wackligen Füßen“

Bereits in der Vorwoche hatte SPD-Chef Klingbeil davon gesprochen, dass die Gasumlage, die am 1. Oktober in Kraft treten soll, „politisch auf wackligen Füßen“ stehe. Am Sonntag kündigte Klingbeil in „Berlin direkt“ (ZDF) weiteren Druck auf Habeck an. Dieser müsse als zuständiger Ressortchef nun einen Vorschlag machen, „wie es mit der Gasumlage weitergeht“. Klingbeil selbst habe „keinen Zweifel daran, dass wir in der nächsten Woche eine finale Entscheidung zur Gasumlage bekommen werden“.

Sein Parteikollege, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), fordert in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ ebenfalls einen Strom- und Gaspreisdeckel. Bisherige Entlastungspakete für die Bürger hätten ihre Wirkung verfehlt. Um eine Deckelung zu finanzieren, die nach seiner Meinung „zweistellige Milliardenbeträge im höheren Bereich“ erfordern würden, müsse die Schuldenbremse „zumindest zeitweise ausgesetzt“ werden. Einen solchen Schritt hatte sie FDP bislang kategorisch ausgeschlossen.

Bundeskanzler Olaf Scholz erneuerte bei einem Besuch in Katar sein Ziel einer Senkung der „viel zu hohen Preise“ sowohl für Strom als auch für Gas. Am Samstag habe eine Expertenkommission erstmals getagt, die derzeit verschiedene Modelle prüfe. Er rechne „mit schnellen Ergebnissen“, sagte der Kanzler.

Im Zuge seiner Besuchsreise in die Golfregion war Scholz auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu Gast. Wie die „Tagesschau“ berichtet, ist es ihm dabei sogar gelungen, eine erste Lieferung von Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten für Dezember zu vereinbaren. Diese werde 137.000 Kubikmeter LNG umfassen und am neuen LNG-Terminal in Brunsbüttel an der Elbmündung eintreffen. Eine permanente Lieferbeziehung ab 2023 sei angedacht.

Fuest: Unternehmen nicht zwingend hilfsbedürftig

Clemens Fuest, der Präsident des ifo-Instituts, warnt vor dem bürokratischen Aufwand, den viele derzeit diskutierten Vorschläge verursachen könnten. Er forderte bei „Anne Will“ eine Einmalzahlung: „Jeder kriegt eine Pauschale, 1.000 Euro, steuerpflichtig.“ Diese müsste sich zudem auf „bedürftige Menschen“ konzentrieren. Dies seien nicht zwingend Unternehmen. Diese „haben zu einem großen Teil Reserven“, so Fuest.

Mir kommen da jetzt zu viele, die Hilfen verlangen.“

Grünen-Chefin Ricarda Lang bringt ein mögliches Sondervermögen nach Vorbild des Bundeswehr-Sonderfonds ins Spiel. Dieses habe den Vorteil, dass „seine Kredite zwar auf die Staatsverschuldung angerechnet werden, aber nicht unter die Vorgaben der Schuldenbremse fallen“. Für ein Ende der Gasumlage zeigte sie sich offen, „sobald das Finanzministerium eine Bereitschaft für Alternativen zeigt“.

Habeck nennt mögliche Kosten für Gaspreisdeckel

Die Bundesregierung will trotz der in der Vorwoche angekündigten Verstaatlichung des schwer angeschlagenen Großimporteurs Uniper an der Gasumlage festhalten. Diese soll 2,4 Cent pro Kilowattstunde betragen und von jedem Gaskunden zu bezahlen sein. Damit sollen die Finanzierungsprobleme von Versorgern gelöst werden, die wegen gedrosselter russischer Lieferungen derzeit zu horrenden Preisen auf dem Gasmarkt einkaufen müssen.

Spätestens mit der Verstaatlichung von Uniper würde eine solche Umlage jedoch dem Staat selbst zugutekommen. Robert Habeck hatte selbst Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer solchen Regelung geäußert. Allerdings wolle er an der Gasumlage als „Brücke“ festhalten, bis die Verstaatlichung von Uniper durchgeführt sei. Dies könnte noch bis zum Jahresende in Anspruch nehmen.

Sein Ministerium nannte nun erstmals auch Zahlen, was ein Gaspreisdeckel kosten könnte. Um den Endverbraucherpreis bei Gas um einen Cent je Kilowattstunde zu senken, wäre aus der Staatskasse ein Betrag von 2,5 Milliarden Euro nötig, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion, die AFP am Sonntag vorlag. Welche Kosten insgesamt entstünden, hängt demnach davon ab, „wie hoch der Deckel angesetzt wird und wie sich die Endverbraucherpreise weiter entwickeln“.

(Mit Material von dts)



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