Medien warnen Merkel: „Nicht Stabilität des Landes riskieren für eine Politik, die keiner will“

2015 entschied Bundeskanzlerin Angela Merkel im Alleingang, tausende Flüchtlinge nach Deutschland einreisen zu lassen. Jetzt könnte ihr Innenminister Horst Seehofer im Alleingang die ganze Sache wieder beenden. Werden die beiden sich einigen oder kommt es am Montag zu einer ernsthaften politischen Krise?
Epoch Times15. Juni 2018

Man könnte fast sagen, Berlin befindet sich im Ausnahmezustand. Seit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu ihrem Innenminister Horst Seehofer auf Konfrontation gegangen ist (oder andersherum), steigt die Spannung im politischen Umfeld. Meint es Horst Seehofer tatsächlich ernst mit strikten Grenzkontrollen oder sind seine Pläne „nur wahlkampftaktische Nebelkerzen“, wie ihm AfD-Politikerin Alice Weidel vorwirft.

Wird sich Seehofer mit einem Alleingang über die Kanzlerin hinwegsetzen? Eins steht zumindest fest, in Kreisen der Union findet der Innenminister mit seiner Forderung, Flüchtlinge an der deutschen Grenze abzuwehren, die bereits in einem anderen Land registriert worden sind, mehr Rückhalt als Merkel, die sich keinen Schritt bewegen will und immer noch auf eine europäische Lösung pocht.

Aber selbst in Europa will keiner so richtig mehr mithalten mit der Kanzlerin und die Frage wird immer lauter, was treibt sie zu solch einem Alleingang an? Da kommentiert Ansgar Graw zu Merkels europäischer Solo-Kür etwa in der „WELT“

„Alleine geht und steht Merkel seitdem in Europa. Abgesehen von anfänglichen Zusagen geringer Kontingente (Frankreich stimmte der Übernahme von 1000 Flüchtlingen zu, Dänemark von 40) schwand danach die Bereitschaft, der Kanzlerin in ihrer Politik der offenen Grenze zu folgen. Nicht nur Polen oder Ungarn, auch Österreicher, Dänen oder Franzosen haben eine immer restriktivere Politik beschlossenen. Emmanuel Macron etwa lässt genau unterscheiden zwischen tatsächlichen politischen Flüchtlingen und Armutsmigranten.“

Denn sie alleine sei es gewesen, die laut Graw nach Telefonaten am 4. September 2015 mit Wien „die Grenze für ‚7000 bis 9000‘ Flüchtlinge öffnen ließ“. Die konsternierten Regierungen in Frankreich, Belgien oder Dänemark seien nämlich erst am nächsten Tag gefragt worden, ob sie einen Teil der (tatsächlich gleich am ersten Wochenende 20.000) Migranten abzunehmen bereit seien.

Regierungskrise nach drei Monaten Koalition

Merkels politischer Gegenspieler Horst Seehofer steht in Bayern vor der Wahl und hat deswegen keine „Wahl“. Am Montag will er einen Ministerbescheid vorlegen, den er sich vorher vom CSU-Vorstand bestätigen lassen will.

Jörg Kürschner kommentiert in „Junge Freiheit“ dazu: „Mit einem solchen Alleingang würde Seehofer die im Grundgesetz verankerte Richtlinienkompetenz Merkels aushebeln. Macht Seehofer in der kommenden Woche mit dem Ministerentscheid in eigener Ressortverantwortung ernst, müßte die Kanzlerin ihren Innenminister entlassen, um ihr Gesicht zu wahren. Eine Regierungskrise wäre die Folge, ein Koalitionsbruch denkbar mit möglichen Neuwahlen. Ein realistisches Szenario drei Monate nach Bildung der Koalition von CDU, CSU und SPD. Ob es wirklich dazu kommt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Jedenfalls steht die CSU geschlossen hinter ihrem Parteivorsitzenden.“

Weiterhin schreibt er, dass die Kanzlerin über ihre politische Zukunft nachdenken müsse. Ihr politischer Gesichtsverlust sei immens. Sie habe mit ihrer Flüchtlingspolitik Deutschland gespalten, sie habe Europa gespalten, sie sei drauf und dran auch CDU und CSU zu spalten, die wegen ihrer tiefgreifenden Differenzen heute getrennt getagt hätten.

Welch eine verheerende Bilanz! Merkel-Dämmerung?“

Seehofer rauswerfen – Regierung am Ende?

Und auch die „BILD“ mahnt indes die Kanzlerin, sie solle „umkehren“ – denn – wenn Seehofer am Montag seine Sache durchziehe, müsse die Kanzlerin ihn rauswerfen. Die Regierung wäre damit am Ende. Weiter heißt es:

Angela Merkel riskiert an dieser Stelle die politische Stabilität im Land, die gewählte Regierung, die Einigkeit ihrer stolzen Partei, Neuwahlen mit einem weiteren Aufstieg radikaler Kräfte, all das für eine Politik, die die überwältigende Mehrheit der Menschen in Deutschland und in ihrer eigenen Partei so nicht mehr will.“

Die CSU riskiere mit ihrer Sturheit zwar auch viel, aber sie habe in der Sache recht, urteilt BILD. Es sei nicht mehr zumutbar, „den Kern einer Politik fortzusetzen, deren Konsequenzen unsere Behörden nicht mehr bewältigen können.“ Zudem sei man nicht in der Lage, die abzuschieben, die nicht berechtigt sind hier zu sein und es sei „unverantwortlich“ noch mehr ins Land zu lassen, die dann im „nicht funktionierenden Abschiebesystem“ landen.

„Die ‚europäische Lösung‘, die sie seit drei Jahren anstrebt, gibt es bis heute nicht. Noch kann sie – auch gesichtswahrend – umkehren,“ so das Blatt.

So etwas gab es wohl in der deutschen Politik noch nie

Der „Tagesspiegel“ spricht in dem Zusammenhang sogar von einer „Zäsur“. Die Kanzlerin stehe nicht hinter ihrem Innenminister und bringe dabei nicht nur die CSU gegen sich auf sondern auch weite Teile der CDU. Merkel pocht auf ihre „europäische Lösung.“

Stephan-Andreas Casdorff kommentiert hier: Merkels „Behandlung des Problems führt zur Krise. Merkel wirkt auf die Mehrheit der Union, als ignoriere sie die Einsprüche. Nach dem Motto, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Sie erklärt ihre Vorstellungen nicht, wirbt nicht, kämpft nicht, sondern versucht, sie über die Zeitachse zum Dekret gerinnen zu lassen.

Damit aber betreibt die Kanzlerin für eine zunehmende Zahl von Kritikern die dreifache Spaltung: die der eigenen Partei, die zwischen CDU und CSU, und sie selbst entfernt sich auch noch von der Wirklichkeit.“

Wenn Merkel auf ihrer Haltung beharrt, meint Casdorff weiter, sei sie in den eigenen Reihen isoliert. Bleibe sie isoliert, sei ihre Macht ernsthaft gefährdet. Die CSU sei „maximal entschlossen“, so habe es Generalsekretär Markus Blume gesagt. „Vielleicht die Bundeskanzlerin aber auch, bis hin zum Verlust ihres Amts,“ so Casdorff.

(mcd)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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