„Man muss versuchen Gefühle von Realem zu trennen“ – Ein ehemaliger DDR-Dissidenten im Interview – Teil 1

"Wir sind ein Volk und müssen gemeinsam miteinander leben. Das erfordert aber, dass sich alle ein bisschen Mühe geben. Und das ist auch möglich, wenn man sich mit Respekt begegnet." Das sagte Dieter Dombrowski im Gespräch mit Epoch Times.
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Grenz- und Sicherheitseinrichtungen der ehemaligen Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik am 11. August 2014 in Mündlareuth, Deutschland.Foto: Jens Schlueter/Getty Images
Von 3. Oktober 2020

Epoch Times: Herr Dombrowski. Sie sind Vorsitzender des Dachverbandes Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG). Sie stammen aus einer katholischen Familie und hatten schon sehr frühzeitig Schwierigkeiten in dem SED-Regime (SED: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) bekommen. Womit sind Sie angeeckt?

Dieter Dombrowski: Also meine Familie war so lange, wie ich denken kann, immer gegen die SED und gegen das Eingesperrtsein in der DDR. Unsere Mutter insbesondere hat uns katholisch erzogen, weil sie wusste, dass uns die Religionszugehörigkeit zur katholischen Kirche einen gewissen Schutz bietet. Das war auch der SED klar gewesen, dass sie an eine katholische Kirche nicht drankommt. Dies hatte natürlich für uns immer Folgen. Und natürlich war keiner von uns acht Geschwistern Mitglied der Jungen Pioniere, der Freien Deutschen Jugend (FDJ) oder irgendeiner Partei- und Massenorganisationen.

Man muss dazu wissen, bei den Jungen Pionieren oder der FDJ, das war selbstverständlich, mussten alle Kinder und Jugendlichen mitmachen. Es gab nur wenige Ausnahmen, die es nicht gemacht haben, weil das mit Ärger verbunden war. Und ich war in einer Klasse von 34 Schülern, der Einzige, der nicht in der FDJ war. Ich durfte dann auch nicht mit ins Theater gehen, weil ich nicht in der FDJ war und solche Dinge mehr. Es hat mir nichts ausgemacht. Wir haben versucht, unsere Eigenständigkeit zu bewahren.

Konflikte blieben allerdings nicht aus. Wenn zum Beispiel bei zwei meiner Geschwister die Lehrer ihnen sagten, wenn ihr nicht in die FDJ eintretet, bekommt ihr eine Zensur schlechter, das ist heute undenkbar. Dann ist meine Mutter zur Schule und hat denen erst einmal die Wacht angesagt, wie man in Berlin sagt. Und dann ging das wieder. Für mich selbst war der Knackpunkt, dass ich mich mit circa 14 Jahren für die NS-Zeit interessierte.

Dombrowski: „Mit dir und diesem Staat, das kann nichts werden“

Und ich bin damals, weil ich immer sehr viel gelesen habe, darauf gestoßen, dass das, was in der Schule gelehrt wurde, dass in den KZs der Nazis nur Widerstandskämpfer getötet wurden, überhaupt nicht stimmte. Uns ist verheimlicht worden, dass mehrere Millionen Juden dort getötet wurden. Ich habe das damals nicht verstanden. Ich habe politische Gründe geahnt und ich war als 14-Jähriger, man ist ja als Jugendlicher viel fundamentaler in seinen Überlegungen, fest entschlossen aus Solidarität zum jüdischen Glauben überzutreten. Später habe ich verstanden, warum uns das verheimlicht wurde.

Dieter Dombrowski, damaliger Vizepräsident des Brandenburger Landtags, legt am 27. Januar 2017, dem Internationalen Holocaust-Gedenktag, in der Gedenkstätte Sachsenhausen auf dem Gelände eines ehemaligen NS-Konzentrationslagers in Oranienburg bei Berlin einen Kranz nieder. Foto: MAURIZIO GAMBARINI/DPA/AFP über Getty Images

Nicht, weil die SED die Ermordung von sechs Millionen Juden toll gefunden hat, sondern die SED, die DDR, der ganze Ostblock auf Seiten der Palästinenser, der PLO, stand. Deshalb konnte der Staat Israel, in dem die Juden ja lebten, nicht irgendeine Art Opferrolle bekommen. Das hat sich später gegeben, in den Siebzigerjahren. Aber derartig empörende Lügen haben mich nachhaltig geprägt, sodass für mich klar war: „Mit dir und diesem Staat, das kann nichts werden“.

ET: Sie waren inhaftiert, unter anderem im DDR-Zuchthaus für politische Häftlinge in Cottbus (Brandenburg). Warum waren Sie in der DDR inhaftiert und wie lange?

Also ich wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wegen Republikflucht und staatsfeindlicher Verbindungsaufnahme. Ich habe im Frühjahr 1974 versucht, mich mit einem Fluchthelfer versteckt in einem LKW in den Westen ausschleusen zu lassen. Ich wäre normalerweise nicht geflüchtet, aber meine Mutter, die in Westberlin lebte, war als Rentnerin lebensgefährlich erkrankt. Eine Besuchsausreise in dringenden Familienangelegenheiten wurde uns untersagt. Von daher war für mich klar gewesen – ich war der Jüngste von uns acht Geschwistern – einer muss rüber. Und da habe ich mich auf den Weg gemacht.

Ich war aber schon vorher dreimal verhaftet worden wegen dem Herstellen von Flugblättern. Und zweimal wurde ich auf Demonstrationen verhaftet, die Ende der 60er-Jahre stattgefunden haben. Also ich musste ständig irgendwo abgeholt werden, aber nicht wegen Raufereien oder irgendetwas ähnlichem, sondern weil ich mich immer politisch eingelassen habe. Auch beim Einmarsch der sowjetischen Truppen in die Tschechoslowakei war ich auf der Straße. Am Senefelder Platz vor der tschechischen Botschaft standen wir, um unsere Solidarität mit den Tschechen zu zeigen. Auch da landete ich wieder bei der Polizei.

Stasi nahm junge Männer in Gewahrsam, um ihnen die Haare zu schneiden

Auf den Flugblättern, für die ich vors Gericht kam, protestierten wir gegen die Volkspolizei, die in Ostberlin junge Männer von der Straße aufgriff, in ihre Autos verlud, sie zur Wache brachte, um ihnen dort die Haare zu schneiden.

Propagandatafel des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) „So will uns der Feind schaden und vernichten“. Foto: Epoch Times mit freundlicher Genehmigung des Stasi-Museums Normannenstraße in Berlin-Lichtenberg

Zu der Zeit waren lange Haare Mode. Bei vielen jungen Männern im Westen wie im Osten. In Ostberlin allerdings hat man gemeint, das müsste so nicht sein. Das sieht doch unanständig aus. Also schneiden wir euch mal die Haare. Und das fanden wir nicht in Ordnung. Heute unvorstellbar. Heute ist das Körperverletzung. Damals war das völlig in Ordnung, man hatte keine Möglichkeit, dagegen irgendetwas Wirksames zu tun.

ET: Demnächst feiern wir ja den 30-jährigen Jahrestag der deutschen Einheit. Halten Sie es für wichtig, dass Stätten der Erinnerung an die Verbrechen des DDR-Regimes weiter gepflegt und bewahrt werden und dass weiter informiert wird über die DDR-Diktatur?

Dieter Dombrowski: Also es ist sehr wichtig, an überstandenes und erlittenes Unrecht zu erinnern, nicht um andere anzuklagen oder um Mitleid zu erheischen. Die Opfer brauchen kein Mitleid, sie brauchen Respekt. Und wenn man die eigene Vergangenheit anschaut, dann ist es doch immer so: Ach früher – war das schön und alle waren jünger gewesen. Und es gibt so ein Sprichwort: „Durch die rosarote Brille der Vergangenheit betrachtet, wird selbst ein Misthaufen, in wohliges Licht getaucht.“ Da ist ja irgendwie was dran.

Und dennoch muss man immer wieder die Gefühle von dem Realen versuchen zu trennen. Und dann ist es eben so, dass Hunderttausende, ja Millionen von Menschen in der DDR Unrecht angetan wurde. Nicht durch irgendwelche Räuber und Banditen, sondern staatliches Unrecht, staatlich organisiertes Unrecht. Das ist was anderes. Gegen kriminelle Taten kann man sich schlecht schützen, aber wenn der Staat unschuldige Bürger angreift, dann ist das ein Sakrileg, wie wir Katholiken sagen würden. Und viele Menschen nehmen das natürlich nicht wahr.

DDR-Regime nimmt „politisch unzuverlässigen“ Eltern die Kinder weg

Nicht aus Böswilligkeit, sondern jeder hat jeden Tag mit sich selbst zu tun und seinen Dingen, die er zu regeln hat. Und auch die DDR-Bürger haben ja in der Mehrheit erst nach der Wende erfahren, wozu und in welcher Größenordnung dieser SED-Staat bereit und in der Lage war und was er getan hat. Auch im Westen konnte sich doch gar keiner vorstellen, dass man Familien Kinder wegnimmt, weil sie politisch unzuverlässig sind. Unvorstellbar.

Und von daher ist es vielleicht beispielhaft, dass einer der wichtigsten Politiker der Linkspartei – der ehemaligen SED –, Gregor Gysi kürzlich zur Rechtfertigung öffentlich sagte: „Die NSDAP hat Berge von Leichen und die SED Berge von Akten hinterlassen.“ Es gab keinen Aufschrei darüber. Aber was heißt denn Berge von Akten?

Die Mutter des letzten Mauertoten, Chris Geoffroy, die in Berlin lebt, die wird ihren ermordeten Sohn nicht als Akte sehen. Und wenn eine Frau Rothert, die bei uns in Cottbus im Menschenrechtsverein mitmacht, die von einem Stasivernehmer in Untersuchungshaft vergewaltigt wurde, ein Kind zur Welt brachte, das ihr abgenommen wurde zur Zwangsadoption. Die ist auch keine Akte. Und ich könnte viele Beispiele anfügen. Menschen, die geschlagen wurden während der Haft, ich ja auch. Ich möchte keine Akte sein.

Eine originale Wandtafel des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR zu den Pflichten eines Mitarbeiters. Foto: Epoch Times mit freundlicher Genehmigung des Stasi-Museums Normannenstraße Berlin.

Staatliches Unrecht in der ehemaligen DDR wird verharmlost

Ich bin ein lebender Mensch. Ich habe ein Schicksal. Und solche Äußerungen, wie die von Gregor Gysi, „Berge von Akten“, sind ein Beschwichtigungsversuch. Er würde das immer abstreiten. Alleine dieser Vergleich „Berge von Leichen, Berge von Akten“ zeigt, dass es doch einen Trend gibt, dass Unrecht in der ehemaligen DDR, das staatliche Unrecht zu bagatellisieren. Und dem muss man etwas entgegensetzen. Denn es geht ja um den Respekt vor Millionen von Menschen, die unter diesem Regime leiden mussten. Und das sind ja nicht nur eine Viertelmillion politische DDR-Häftlinge.

Die Personenschleuse in den Außenbereich der ehemaligen zentralen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR in Berlin-Hohenschönhausen. Heute ist es eine Stasi-Gedenkstätte. Foto. Epoch Times

Es sind auch die Menschen, die ihre Häuser verlassen mussten an einer deutschen Grenze, weil ein Mauerstreifen gebaut wurde. Die binnen vier Stunden unter dem Operationsnamen „Ungeziefer“ in andere Gemeinden versetzt wurden mit der Ankündigung: „Jetzt kommen kriminelle Menschen.“ Das sind Menschen, die enteignet wurden, Menschen, die ihr Abitur nicht machen durften, Menschen, die ihr Studium abbrechen mussten. Das sind Hunderttausende von Menschen, die in ihrem persönlichen Leben derartig eingeschränkt wurden.

Es geht nicht um Mitleid – es geht um Respekt

Nicht jeder kam ins Gefängnis, das ist klar – zum Glück. Aber viele, viele haben darunter leiden müssen. Der Staat hat eingegriffen in die persönlichen Biografien von vielen Menschen. Und das muss verdeutlicht werden. Da geht es wie gesagt nicht um Mitleid, sondern es geht um Respekt.

Auf dieser Luftaufnahme ist ein Abschnitt der ehemaligen, im Kalten Krieg befestigten Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland, einschließlich einer Mauer, Panzersperren, eines geglätteten Schutzstreifens und eines Wachturms, als Gedenkstätte am 18. September 2019 in HÖTENSLEBEN, Deutschland zu sehen. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Wir haben jetzt 30 Jahre deutsche Einheit und es freut sich keine Bevölkerungsgruppe mehr über die deutsche Einheit als die, die am meisten unter dem DDR-Regime gelitten haben. Weil sie die Freiheit noch mehr genießen können als jemand, der aufgewacht ist und mit einem Mal Bundesbürger war. Denn gerade sie haben viel dafür geleistet und sind starke Player für unsere Demokratie, weil sie sich ihre Freiheit, ihr Leben in der Demokratie tatsächlich erstritten und erkämpft haben und da nicht einfach hineingeboren wurden.

ET: Was war der Grund für die Repressalien der SED-Diktatur? Das ideologische Grundgerüst der DDR war der Marxismus-Leninismus. Welche Gefahren sehen Sie in diesem ideologischen Gerüst?

Dieter Dombrowski: Also Christen wie Nichtchristen waren in der Lage gewesen, dieses System zu entlarven, weil man tagtäglich – jeder – in einer doppelten Welt gelebt hat. Der eine mehr, der andere weniger.

Den offiziellen Teil auf der Arbeit haben die meisten mitgemacht und zu Hause haben sie Westfernsehen geguckt. Und so wurden schon die Kinder erzogen, „Erzählt nicht was für ein Programm ihr geguckt habt“, und ähnliches mehr. Das ist heute unvorstellbar. Das Unsinnige, dieses Menschenverachtende konnte eigentlich jeder entdecken.

Sozialismus + Elektrifizierung = Kommunismus

Die Kommunisten haben ja den Marxismus-Leninismus in den Rang einer Naturwissenschaft erhoben wie Physik, Chemie oder Mathematik. Und wir haben auch in der Schule Formeln lernen müssen, zum Thema „Was ist Kommunismus“. Eine Formel in der Mathematik lautet: „Eins und Eins gleich Zwei.“ Und dort hieß es: „Sozialismus plus Elektrifizierung gleich Kommunismus.“ Das haben wir als Lösung der Aufgabe aufschreiben müssen. Das ist natürlich irre. Selbst für einen mittelmäßig begabten Menschen wie mich war klar, das muss Unsinn sein, weil die Gesetze der Physik, der Schwerkraft, das kann man sich vorstellen, das sieht man, das kann man begreifen.

Eine Büste von Wladimir Iljitsch Lenin, der für Enteignung des Großgrundbesitzes, eine sozialistische Kontrolle über die Industrie und eine Verstaatlichung der Banken stand und eine blutige kommunistische Revolution in Russland einleitete, die in der Gründung der Kommunistischen Partei Russlands mündete. Sie steht im ehemaligen Konferenzraum des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Lichtenberg. Foto: Epoch Times mit freundlicher Genehmigung des Stasi-Museums Normannenstraße Berlin

Aber warum Sozialismus plus Elektrifizierung gleich Kommunismus sein soll, also ohne zu wissen, was Kommunismus überhaupt sein soll, ist irre. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Und so war es. Es wurde aber kein Zweifel daran zugelassen, dass genau das richtig ist, weil an Naturgesetzen kann man nicht zweifeln, so wie es dann eben zu bestimmten Jahreszeiten Winter und dann wieder Frühling wird.

DDR-Bürger mussten sich der SED-Partei unterordnen

So war also der Sozialismus unter bestimmten Voraussetzungen dazu da, um den Kommunismus zu erreichen. Und dem hatte man sich unterzuordnen. Ganz platt übersetzt, wurde es so erklärt: Also in der DDR lebten alle die Menschen, die friedlich waren und im Westen waren die anderen. Und wer für den Frieden ist, das bestimmte die SED. Das hat auch die Stasi (Ministerium für Staatssicherheit – kurz: MfS) gesagt. Auch die SED hat das gesagt. Wer für den Frieden ist, bestimmen wir. So wie Goebbels mal gesagt hat, „Wer Jude ist, bestimme ich“, in einer ganz bösen dunklen Zeit.

Das Gesetzblatt von 1950 zur Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS). Foto: Epoch Times mit freundlicher Genehmigung des Stasi-Museums Normannenstraße Berlin

Und so manipulativ und so machtbesessen hat man eben unter dem Vorwand, den Marxismus-Leninismus seinen Gesetzen folgend, sich auch die Legitimation geholt, alles zu tun, um den Kommunismus zu erreichen. Und da der Kommunismus eben nur erreichbar ist, wenn die große Masse des werktätigen Volkes mit dabei ist, wurde das werktätige Volk in der SED organisiert. So einfach ist das.

Wer für den „Frieden“ ist, bestimmt die Partei

Das heißt, was in der DDR auf dem Papier stand und auch in der DDR-Verfassung aufgeführt war, davon war ja vieles in Ordnung. Nur im realen Leben hat es sie nicht interessiert. Und diejenigen, die die Macht hatten ohnehin nicht. Weil, wer für den Frieden ist, bestimmt die Partei. Wer nicht für den Frieden ist, muss mit den Konsequenzen leben. So einfach war das.

ET: Sie wurden später aus dem Gefängnis von der Bundesrepublik freigekauft. Nachdem sie dann in West-Berlin waren, haben Sie sich der CDU angeschlossen. Warum? Was war die Motivation?

Dieter Dombrowski: In der DDR hat mich die Politik nie interessiert. So ging es den meisten Bürgern. Die Zeitungen waren jeden Tag voll mit Erfolgsmeldungen und Bildern und egal welche Zeitung man las, ob länger oder kürzer, das bildete ja nicht die Realität ab.

Als ich dann in West-Berlin war, ich war ja politisch interessiert, wusste ich mit Parteien nichts anzufangen. Ich habe mir dann die Parteien angeguckt. Ich wollte erst zur SPD, habe dann aber festgestellt, dass sie von der deutschen Einheit weit entfernt war in ihrem Tun und bin dann bei der CDU gelandet.

Schand–SED bekämpfen mit allen legalen Mitteln

Ich war ganz entschlossen, alles in West-Berlin zu tun, was ich gegen die SED tun kann. Der Antrieb war also eigentlich immer gewesen, diese Schand-SED zu bekämpfen, mit legalen Mitteln. Und es ist ja auch so gekommen, dass dann dieser SED-Staat zusammengebrochen ist.

Nach der Wiedervereinigung wusste ich natürlich, was auf die ehemalige DDR zukommt. Ich habe die Überraschung, die Desillusionierung auch schon im Westen miterlebt. Es war ja nicht nicht so, dass im Westen alle für die deutsche Einheit geglüht haben. Mein Hauptaugenmerk war immer gewesen, auch die SED zu bekämpfen. Das ist durch die friedliche Revolution ja auch gelungen.

DDR-Aufarbeitung nach den Prinzipien „Gedenken, Aufarbeitung, Bildung, Versöhnung“

Aber die Folgen und das Unrecht sollten auch nicht einfach als gegeben hingenommen, sondern sachlich aufgearbeitet werden. Als Verein, dessen Mitgründer und auch Vorsitzender ich seit etlichen Jahren bin („Menschenrechtszentrum Cottbus“), haben wir – als ehemalige politische Häftlinge – unser einstiges Gefängnis mit eigenen Mitteln gekauft. Dort betreiben wir Aufarbeitung nach den Prinzipien „Gedenken, Aufarbeitung, Bildung, Versöhnung“.

Das ist wichtig. Wir sind ein Volk und müssen gemeinsam miteinander leben. Das erfordert aber, dass sich alle ein bisschen Mühe geben. Und das ist auch möglich, wenn man sich mit Respekt begegnet. Man kann nicht von Menschen erwarten, die 50 Jahre in der DDR einen völlig anderen Weg beschritten haben, dass sie aus tiefer Überzeugung, jetzt ihr ganzes Leben sozusagen als wertlos hinstellen. Das, was ich aber schon erwarte, ist, und heute kann das jeder ohne Gefahr tun, sich auch mit denen auseinanderzusetzen, die darüber eine andere Ansicht haben.

Das Gespräch führte Erik Rusch

Teil 2 folgt

 



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