Neue Strategie: So will sich Deutschland im Wettlauf um Afrika behaupten

Im Wettlauf ums ressourcenreiche Afrika will die Bundesregierung eine neue Strategie einschlagen – eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Ist Deutschland damit zu spät dran? Längst hat die chinesische Konkurrenz Fußabdrücke im ganzen Kontinent hinterlassen.
NIGERIA, Afrika
Einwohner schlendern am 2. November 2022 durch eine Straße in Maradi, nahe der Grenze zu Nigeria.Foto: AFP via Getty Images
Von 23. Dezember 2022

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Noch vor Weihnachten ist Außenministerin Annalena Baerbock nach Nigeria gereist. Mit im Gepäck waren 20 Benin-Bronzen aus der Kolonialzeit. Gemeinsam mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat sie dem westafrikanischen Staat am Dienstag die Raubkunst zurückgegeben. Ein Zeichen der Aufarbeitung der dunklen Kolonialgeschichte, heißt es.

Doch geht es bei den Bemühungen auch unmissverständlich um deutsche Interessen. Baerbock hofft darauf, dass sich das westafrikanische Land mit seiner rasant wachsenden Bevölkerung noch stärker für deutsches Engagement öffnet. Noch vor Kurzem war Wirtschaftsminister Robert Habeck im südlichen Afrika unterwegs, bemüht um einen „Neustart“ der deutschen Wirtschaft in dem Kontinent. Afrika soll unter anderem bei der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung eine tragende Rolle spielen.

Das „globale Gravitationszentrum“ Afrika

Einerseits will Deutschland sich wirtschaftlich breiter aufstellen, um seine Abhängigkeit von autokratischen Ländern wie China zu reduzieren. Gerade bei „kritischen“ Rohstoffen, wie etwa Magnesium, Seltene Erden oder Grafit. Andererseits ist man sich der wachsenden Bedeutung Afrikas bewusst.

So sprach Bundeskanzler Olaf Scholz Ende November bei der Verleihung des deutschen Afrikapreises von einer multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts. Eine Welt mit nicht nur „einem oder zwei starken Machtzentren“.

Seine Prognose: Afrika wird künftig zu einem „globalen Gravitationszentrum“ werden. Den Bedeutungszuwachs Afrikas hätten aber auch andere Länder schon längst erkannt – allen voran China.

Die chinesische Regierung hat im vergangenen Jahrzehnt ihren Einfluss in dem Kontinent massiv ausgebaut. Im Jahr 2000 war der Fußabdruck Chinas in Afrika noch begrenzt. Inzwischen ist Peking der wichtigste Lieferant von Gütern für über 30 afrikanische Länder geworden. Eine Entwicklung, die sich innerhalb von 20 Jahren abspielt.

Laut Statista ist der chinesische Export in Afrika regelrecht explodiert – von knapp 5 Milliarden Euro auf über 100 Milliarden Euro. Zeitgleich sichert sich China eine wichtige Quelle für seinen wachsenden Rohstoffbedarf.

Chinas Machtübernahme im afrikanischen Handel. Foto: Statistisches Bundesamt, CC BY-ND 3.0

Partnerschaft auf Augenhöhe

Zum anderen geht es längst nicht mehr nur um Rohstoffe. China ist auch mit großen Infrastrukturprojekten in afrikanischen Staaten präsent, finanziert häufig durch Kredite an die jeweiligen Länder. Im Jahr 2018 stellte das Land rund 25 Prozent der Infrastrukturfinanzierung auf dem afrikanischen Kontinent bereit.

Der Gesamtumfang chinesischer Kredite in Afrika wird auf 660 Milliarden Euro geschätzt. Westliche Länder werfen Peking deshalb vor, die Staaten in eine Schuldenfalle und damit Abhängigkeit zu treiben. Diese Abhängigkeit nutze das kommunistische Regime wiederum als Hebel für politischen Einfluss. Außerdem würden viel eher chinesische Firmen von der Investition profitieren als die lokale Wirtschaft, so die Kritik.

Deutschland verspricht hier einen anderen Weg. Bei seiner Afrika-Reise im Dezember sagte Wirtschaftsminister Habeck, die Bundesregierung unterbreite dem Staat Namibia ein Angebot, das sich von dem der anderen „energiehungrigen“ Nationen unterscheide. Man wolle keinen „grünen Energie-Imperialismus“, sondern eine Partnerschaft auf Augenhöhe.

Dies unterscheide sich im Wesentlichen von dem sogenannten „Marshallplan mit Afrika“ vom ehemaligen Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Seine Strategie von 2017 war oft als „paternalistisch“ kritisiert worden, berichtet das „Handelsblatt“. Von diesem Eindruck will die Bundesregierung nun wegkommen. Baerbocks jüngster Nigerias Besuch soll nicht zuletzt vermitteln helfen, dass Deutschland seine koloniale Vergangenheit ernsthaft aufarbeitet.

Die neue Afrika-Strategie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) lautet deshalb: Eine starke deutsche Partnerschaft mit Afrika sei das Resultat von „Solidarität und Verantwortung“, aber auch „aufgeklärtem Eigeninteresse“ etwa im Bereich Fachkräfte, Energiewende und der Diversifizierung von Lieferketten. Der Strategieentwurf lag dem „Handelsblatt“ vor.

Ist Deutschland zu spät dran?

Insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energie strebt das BMZ eine vertiefte Zusammenarbeit mit Afrika. Die Produktion von grünem Wasserstoff soll demnach gefördert werden, ebenso wie der „Aufbau lokaler Wasserstoffwirtschaften“. Mit Namibia gibt es bereits eine Absichtserklärung sowie die Bereitstellung von 30 Millionen Euro für vier Pilotprojekte.

Auch das Thema Schulden gehört für das Ministerium auf den Tisch. Laut Entwicklungsministerin Svenja Schulze hätten viele afrikanische Länder eine Schuldenlast, „die ihnen keinerlei Spielraum mehr lässt.“ Deutschland wolle hier „aktiv anbieten, Schulden zu erlassen“.

Die afrikanischen Staaten sollen sich im Gegenzug dazu verpflichten, die frei werdenden Mittel in Entwicklungsprojekte im eigenen Land zu investieren. Problem ist: China und private Banken seien inzwischen so große Gläubiger, sodass sie bei einer Entschuldung miteinbezogen werden müssen. „Das ist leider kein Selbstläufer“, stellte die Ministerin in einem Interview mit „T-Online“ fest.

Angesichts des wachsenden Einflusses Chinas in Afrika bleibt die Frage offen, ob Deutschland mit seiner Afrika-Strategie nicht zu spät dran ist. Seit Jahren machen deutsche Unternehmen einen großen Bogen um den Kontinent. Im vergangenen Jahr hätten deutsche Firmen laut Habeck rund 1,6 Milliarden Euro in Afrika investiert. Dies entspricht etwa einem Prozent aller Auslandsinvestitionen, wie der „Handelsblatt“ berichtet. Nun will der Wirtschaftsminister mit staatlichen Investitionsgarantien mehr deutsche Firmen nach Afrika führen.

In einer Unternehmerumfrage wurden als die größten Herausforderungen in Afrika genannt: Korruption, politische Instabilität, internationale Konkurrenz, bürokratische Hürden, mangelnde Infrastruktur, Verlässlichkeit lokaler Partner sowie Mangel an qualifizierten Fachkräften.

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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