„Nicht geimpft“ auf dem „Judenstern“: Freispruch fürs Teilen eines impfkritischen Fotos

Das Teilen und Kommentieren eines „Judensterns“ in den sozialen Medien zur Kritik an der Impfpolitik der Bundesregierung stellt nicht unbedingt eine strafwürdige Handlung dar. Das Kammergericht Berlin bestätigte kürzlich einen Freispruch für einen Rentner in der Revision.
Titelbild
Das Symbolbild zeigt einen gelben Davidstern mit der Aufschrift „Ungeimpft“. Das Teilen eines ähnlichen Bildes mit vergleichbarer Beschriftung im März 2021 hatte einen älteren Mann vor Gericht gebracht.Foto: Boris Roessler/dpa/dpa
Von 26. Mai 2023

Der 4. Strafsenat des Kammergerichtes Berlin hat in der Revision einen Freispruch für einen 72-jährigen Rentner bestätigt, der seinen Protest gegen die Verunglimpfung ungeimpfter Menschen mit einem gelben Davidstern auf Facebook ausgedrückt hatte.

Auf dem Stern standen die Worte „Nicht geimpft“ geschrieben. Außerdem war darüber der Satz „Die Jagd auf Menschen kann nun wieder beginnen“ zu lesen.

Protest gegen „indirekte Impfpflicht“

Nach Angaben des Landgerichts Berlin hatte der Beschuldigte am 12. März 2021 auf seinem Facebook-Profil den Eintrag eines Bekannten geteilt, der den beschrifteten gelben Stern enthielt. Der Mann selbst hatte das Bild mit den Worten „Ich bin dabei, einen Judenstern zu basteln und an meine Jacke zu stecken, wenn die indirekte Impfpflicht kommt“ kommentiert.

Dafür hatte ihn das Amtsgericht Tiergarten in Berlin am 9. Dezember 2021 wegen Volksverhetzung gemäß Paragraph 130 des Strafgesetzbuches (StGB) zunächst zu einer Geldstrafe in Höhe von 750 Euro (50 Tagessätze zu je 15,00 Euro) verurteilt. Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft legten Berufung ein: Dem Staatsanwalt erschien die Strafe zu gering.

Freispruch schon in der Berufung

Die 78. kleine Strafkammer des Landgerichts Berlin hob das Urteil allerdings in der Berufung am 12. Mai 2022 auf (Aktenzeichen (578) 231 Js 2702/21 Ns (28/22), PDF) und sprach den Angeklagten frei: Er habe „mit dem Post auf die Diskriminierung und Ausgrenzung von Ungeimpften und Impfgegnern – wie ihm selbst – hinweisen und sich als Opfer der Corona-Politik der deutschen Bundesregierung darstellen“ wollen.

Bei dem Post handele es sich zwar um eine „Bagatellisierung von Art, Ausmaß und Folgen der Gewaltmaßnahmen der NS-Zeit und damit eine Verharmlosung einer unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlung“, nicht aber um eine Billigung oder Leugnung der NS-Gräueltaten.

Die hier vorliegende Verharmlosung sei auch nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, meinte das Kammergericht im Einklang mit der Auffassung der Vorinstanz. Außerdem habe der Angeklagte nicht zu Gewalt aufgerufen. Es handele sich womöglich zwar um eine „schwer erträgliche“, gleichwohl aber zulässige Meinungsäußerung nach Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes:

Dass der Angeklagte den ‚Judenstern‘, also eine öffentlich sichtbare Maßnahme zur Durchführung des Holocausts unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und somit ein Symbol für diesen, für seine Kritik an dem gesellschaftlichen Umgang mit lmpfgegnern und Ungeimpften instrumentalisiert hat, begründet für sich allein noch keine Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens. Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind nämlich nicht schon dann überschritten, wenn die anerkannte Geschichtsschreibung oder die Opfer nicht angemessen gewürdigt werden. Vielmehr sind von ihr selbst offensichtlich anstößige, abstoßende und bewusst provozierende Äußerungen gedeckt, die wissenschaftlich haltlos sind und das Wertfundament unserer gesellschaftlichen Ordnung zu diffamieren suchen.“

Der 1. Strafsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken hatte in einem ähnlichen Fall am 8. März 2021 ebenfalls auf Freispruch entschieden (Aktenzeichen Ss 72/2020 [2/21], Ss 72/20 [2/21]).

Angeklagter mit jüdischen Vorfahren

Das Landgericht Berlin erwähnte zudem, dass es sich bei dem angeklagten Senior um einen Mann mit jüdischen Vorfahren handele, der sich im Jahr 2015 um eine Konvertierung zum Judentum bemüht habe und seit 2017 der Deutsch-Israelischen Gesellschaft angehöre.

Die Staatsanwaltschaft wollte den Entscheid nicht akzeptieren und verlangte eine Revision.

Das Kammergericht Berlin aber konnte keine Verfahrens- oder Rechtsfehler erkennen, die dem Freispruch entgegenstehen würden (Az.: [4] 121 Ss 124/22 [164/22], PDF):

Das zulässig erhobene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung stand. […] Das Landgericht hat zutreffend die Eignung der Äußerung des Angeklagten zur Störung des öffentlichen Friedens nach § 130 Abs. 3 StGB verneint.“

Wie der Rechtsbeistand des Angeklagten, Gregor Samimi, auf seiner Website bekannt gab, soll sein Mandant „seinen kritikwürdigen Post“ inzwischen bereuen. Er habe während der Revision eingeräumt, „einen schweren Fehler begangen zu haben“.

Druck auf Ungeimpfte stetig gestiegen

In Deutschland wurde die erste mRNA-Injektion zum Schutz gegen COVID-19 am 27. Dezember 2020 verabreicht. Zunächst war die Impfung nur für ältere „vulnerable“ Menschen und Bedienstete im Gesundheitswesen verfügbar. Als das Angebot der Präparate von Pfizer/BioNTech, Moderna, AstraZeneca und Co. stieg, wurden nach und nach mehr Altersgruppen zur Impfung aufgerufen.

Spätestens im zweiten Halbjahr 2021 hatten Politik und Medien ihren moralischen Druck auf Menschen, die sich nicht impfen lassen wollten, in einer Weise erhöht, die viele Demokraten nicht für möglich gehalten hatten: Wie unter anderem die Website „ich-habe-mitgemacht.de“ dokumentiert, sprachen Hunderte Prominente, Wissenschaftler oder Politiker gegenüber Impfskeptikern von „Sozialschädlingen“, „Gefährdern“ oder „Staatsfeinden“. Die Regierung grenzte sie per 2G/3G-Regelung vom öffentlichen Leben aus.

Entgegen anderslautender Versprechungen vor der Bundestagswahl im Herbst 2021 forderten bald sämtliche im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD eine Impfpflicht für Menschen über 60 Jahren. Doch das Vorhaben scheiterte: Am 7. April 2022 stimmte nur eine Minderheit von 296 Parlamentariern für einen verpflichtende Aufgabe des Grundrechts auf körperlichen Unversehrtheit.

Die Forderungen nach einer juristischen Aufarbeitung der mannigfaltigen Verfehlungen während der Corona-Jahre 2020 bis 2023 verlief bisher im Sande. Am 19. April 2023 lehnte der Bundestag einen Antrag der „Alternative für Deutschland“ (AfD) auf Einrichtung eines Corona-Untersuchungsausschusses ab.



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