Ortungsabfragen für Telefone werden von Sicherheitsbehörden verstärkt eingesetzt – Datenschützerkritik

Die kleine Anfrage an die Bundesregierung durch den Abgeordneten der Linken, Andrej Hunko, ergab eine Steigerung von digitalen Überwachungsmaßnahmen gegenüber den Vorjahren. Die Zahl der Ortungsabfragen nahm zu.
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Frau mit Telefon am OhrFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times10. Februar 2020

Deutsche Sicherheitsbehörden setzten im vergangenen Jahr bei ihrer Arbeit verstärkt digitale Überwachungstechnologie ein. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor, über die das „Handelsblatt“ (Montagausgabe) berichtet. Das Bundeskriminalamt (BKA) verschickte demnach im zweiten Halbjahr 2019 knapp 35.000 sogenannte stille SMS zur Ortung von Handys –– mehr als fünfmal so viel wie im Halbjahr zuvor.

In der ersten Jahreshälfte 2019 waren es etwa 6.300 solcher Nachrichten. Die Bundespolizei machte im zweiten Halbjahr 2019 knapp 28.000 Mal von der stillen SMS Gebrauch, im Halbjahr zuvor waren es etwas mehr als 20.000. Zum Bundesverfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und dem Zoll machte das zuständige Bundesinnenministerium aus Geheimhaltungsgründen keine Angaben.

Ortungsabfragen und Funkzellenabfragen nehmen zu

Das BKA und die Bundespolizei setzten 2019 zudem verstärkt Funkzellenabfragen ein. Dabei wird eine Liste aller Handys angefordert, die in der Nähe eines Tatorts angeschaltet waren. Laut der Regierungsantwort auf die Linken-Anfrage machte das BKA in der zweiten Jahreshälfte 2019 insgesamt dreimal von der Funkzellenabfrage Gebrauch, im Halbjahr zuvor wurde nicht auf die Maßnahme zurückgegriffen.

Die Bundespolizei setzte in der zweiten Jahreshälfte 2019 insgesamt 96 Mal die Funkzellenabfrage ein (1. Halbjahr 2019: 71 Mal), der Zoll nutzt das Fahndungsinstrument in 44 Fällen und damit mehr als doppelt so oft wie im Halbjahr zuvor (21).

Der Linksfraktionsabgeordnete Andrej Hunko, der die Zahlen abgefragt hat, reagierte entsprechend besorgt auf die zunehmende digitale Überwachung. „Das ist nicht nur ein schwerer Eingriff in die Privatheit der Telekommunikation, sondern auch ein Missbrauch privat beschaffter Telefone als Ortungswanzen“, sagte Hunko dem „Handelsblatt“.

Datenschutzbeauftragte sehen keinen Grund neue Gesetze zu erlassen – Bestehende sollten korrekt angewendet werden

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, fordert Konsequenzen aus der Zunahme digitaler Überwachung durch deutsche Sicherheitsbehörden. „Der Gesetzgeber sollte auf neue Sicherheitsgesetze erst einmal verzichten. Stattdessen sollte die Arbeit der Sicherheitsbehörden grundlegend evaluiert werden“, sagte Kelber dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe).

„Dazu gehört auch der zunehmende Einsatz digitaler Überwachungstechnologie.“ Bei einer Kontrolle habe er bereits in einem Einzelfall die Auswertung von Funkzellendaten beanstandet.  Auf der einen Seite sei es „sicherlich nachvollziehbar, wenn die Ermittlungsbehörden mit der technischen Entwicklung Schritt halten wollen“, sagte Kelber. „Aus datenschutzrechtlicher Sicht müssen die Maßnahmen und die gesetzlichen Regeln dazu allerdings verhältnismäßig sein.“

Der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar glaubt, dass digitale Überwachung als Standardinstrument polizeilichen Handelns langfristig sogar noch zunehmen werde.

Hinzu kämen immer mehr neue Formen digitaler Ermittlungsinstrumente, wie die biometrische Gesichtserkennung, die Mustererkennung oder die automatisierte Datenanalyse. „Das ist eine für die Privatsphäre und den Grundrechtsschutz gefährliche Entwicklung“, sagte Caspar dem „Handelsblatt“. (dts/al)



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