Proteste gegen hohe Energiepreise in Deutschland und Tschechien – ist die deutsche Politik schuld?

In der Gesellschaft wird zu Demonstrationen gegen die hohen Energiepreise aufgerufen. Bereits am Montag versammelten sich zahlreiche Bürger in Leipzig, Erfurt und vielen anderen Orten. In den Medien werden Zustände wie in Tschechien befürchtet. 
Proteste in Deutschland und Tschechien
Linke Aktivisten blockieren eine Demonstration der Rechten Kleinpartei "Freie Sachsen" am 6. September 2022 in Leipzig.Foto: Sebastian Willnow/dpa
Von 11. September 2022

„Für einen konsequenten Antifaschismus“ war das Motto einer Versammlung vergangenen Montag um 18:15 Uhr in Leipzig am Südplatz. Zeitgleich riefen die Freien Sachsen zu einem Protest auf – unter dem Motto: „FREIE SACHSEN unterstützen den Montagsprotest von Sören Pellmann und der Linken – Gemeinsam gegen die da oben“. Beide Demonstrationszüge schlossen sich nach Angaben der Polizei Leipzig zusammen und formten einen Demonstrationszug. Auch die Linkspartei versammelte sich an dem Abend mit dem Motto „Preise runter – Energie und Essen müssen bezahlbar sein!“.

Sie alle vereinte eines an dem Montagmorgen: Sie demonstrierten für niedrigere Energiepreise und gegen die steigende Inflation.

In Deutschland würden Verfassungsschützer die Sorge haben, dass linke und rechte Gruppen gemeinsam auf die Straße gehen, schreibt der „Focus“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) befürchtet, dass Demonstrationen hierzulande von Extremisten vereinnahmt würden und fordert eine Abgrenzung. „Dass diese Bedenken nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigt das angesprochene Beispiel Tschechien“, urteilt das Blatt.

Gewerkschaften unterstützen Demonstrationen

Gewerkschaften äußerten, dass sie sich den Demonstrationen zukünftig anschließen würden. Verdi-Chef Frank Werneke drohte mit Hinblick auf das nun beschlossene dritte Entlastungspaket der Regierung mit Protesten, sollten die Maßnahmen aus Verdi-Sicht nicht ausreichen, berichtet „Focus“ weiter. Er warnte jedoch auch davor, „dass Demagogen versuchen, Menschen, die jetzt in Not geraten, für ihre Zwecke auszunutzen und die Situation politisch zu missbrauchen. Die Situation ist momentan sehr angespannt und explosiv.“

Auch der IG-Metall-Chef Jörg Hofmann schließt Proteste nicht aus und sagt: „Wir spekulieren jetzt nicht über einen ‚heißen Herbst‘, werden unsere Mitglieder aber dann zu Protesten aufrufen, wenn keine ausreichenden Entlastungsschritte beschlossen werden.“

Proteste in Tschechien

In Tschechien protestierten am 3. September viele Bürger gegen die von der Energiekrise angetriebene Inflation und hohe Preise. 70.000 Menschen gingen laut Polizei in Prag unter dem Motto „Die Tschechische Republik zuerst“ auf die Straße. Laut Veranstaltern versammelten sich 100.000 bis 120.000 Teilnehmer auf dem zentralen Wenzelsplatz. Bisher wurde vor allem der Vorwurf laut, dass die Regierung die Interessen der Ukrainer wichtiger nehme als die der eigenen Bevölkerung.

Der tschechische Regierungschef erklärt die Demonstrationen als „russische Propaganda“ und „extremistisch“. Er sagte über die Demonstration, dass sie von „prorussischen Personen mit Nähe zu extremistischen Positionen“ organisiert worden sei, deren Interessen denen der Tschechischen Republik zuwiderliefen. „Es ist klar, dass es auf unserem Territorium russische Propaganda und Desinformationskampagnen gibt und manche Personen einfach darauf hören“, kritisierte der Regierungschef.

Der tschechische Politiker Jindřich Rajchl beschuldigt den tschechischen Regierungschef Petr Fiala hingegen des Hochverrats, weil er „wiederholt und konsequent die Interessen der Bundesrepublik Deutschland und der übernationalen Korporationen den Interessen der tschechischen Bürger vorzieht“. Der Politiker Rajchl gründete 2022 die Partei PRO (Recht, Respekt, Expertise).

Ist das Hauptproblem in Deutschland zu suchen?

In einem Kommentar bei „Tichys Einblick“ schreibt der Autor Daniel Kaiser, dass die Wut der Tschechen gegen die Deutschen wachse. Die steigenden Preise für Benzin, Gas und Strom habe der Ministerpräsident Fiala bisher Wladimir Putin angelastet und mit dem Krieg in der Ukraine begründet. Kaiser meint jedoch, dass das Hauptproblem nicht mehr in Russland, sondern in Deutschland zu finden sei. Der Konzern ČEZ produziert 70 Prozent des tschechischen Stroms und ist der größte Energiekonzern in Mittel- und Osteuropa. Er verkauft seinen Strom unter anderem an der Strombörse in Leipzig.

Kaiser betont, dass die hohen Strompreise in Tschechien fatal seien, besonders weil das Land in Europa zu den stärksten Exporteuren von Strom gehört. Tschechien mache nach Meinung des Autors mit dem Verkauf seines Stroms an der Leipziger Börse aber keinen Gewinn mehr.

„Es liegt auf der Hand, dass ČEZ die Börse in Leipzig sofort verlassen müsste“, schreibt er. Weiter heißt es: „Die tschechische Regierung behauptet, es gehe nicht so leicht, weil sonst die Minderheitsaktionäre den Staat verklagen könnten. Worüber sie nicht spricht, sind die politischen Rücksichten auf die Bundesregierung. Deutschland muss in der Flaute unbedingt Strom importieren.“

Fiala fordert deutsche KKW

Für die Versorgung von Gas sei Tschechien abhängig von Deutschland. Darin sieht der Autor einen Grund, warum sich Tschechien bezogen auf den Strom nicht unabhängig von der deutschen Energiebörse mache. Ein Mitglied der Partei von Fiala (ODS) habe dem Autor diesbezüglich gesagt: „Wenn du jemanden brauchst, so wie wir jetzt die Deutschen beim Öl und Gas brauchen, dann zögerst du ein bisschen, ihnen den Strom-Krieg zu erklären.“

Fiala fordert von der deutschen Politik, die letzten drei Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen. Zudem würden Politiker verhandeln, ob der Handel mit Emissionszertifikaten für zwei Jahre ausgesetzt werden könne. Die meisten Regierungen in Westeuropa seien dazu allerdings nicht bereit, schreibt Kaiser.

Durch die hohen Strompreise komme Fiala nicht umhin, „den Strompreis zu regulieren, notfalls durch einen nationalen Sonderweg, der von der Leipziger Strombörse wegführt“.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 61, vom 10. September 2022.



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