Russlanddeutsche besorgt: Hass und Hetze machen den Krieg nur größer

Seit Kriegsbeginn wurden immer mehr Auftritte von russischen Künstlern abgesagt und russische Teams aus der Sportwelt verbannt. Doch welche Hindernisse und Reaktionen erleben ganz normale russischstämmige Bürger in ihrem Alltag in Deutschland?
Die Hashtags Hass und Hetze in einem Twitter-Post auf einem Smartphone-Bildschirm.
Die Hashtags Hass und Hetze in einem Twitter-Post auf einem Smartphone-Bildschirm.Foto: Fabian Sommer/dpa/Symbolbild
Epoch Times31. März 2022

Natalie Paschenko ist Geschäftsführerin der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in Hessen und sprach mit „Focus Online“ über ihre Beobachtungen und ihre Erfahrungen.

Die Bildungsreferentin hat Kirgisistan nach dem Schulabschluss verlassen und in Kassel Germanistik, Anglistik und Deutsch als Fremdsprache studiert. Seit 22 Jahren lebt sie nun schon in Deutschland. Bisher hätten die Menschen offen und neugierig auf sie reagiert, doch seit Kriegsbeginn beobachte sie zunehmend Vorwürfe und Misstrauen. Sie warnt: „Damit machen wir diesen entsetzlichen Krieg nur größer.“

„Lass uns außerhalb unserer Wohnung besser Deutsch sprechen“

Im Fitnessstudio wurde sie gefragt: „Was denkt sich Euer Putin da eigentlich?“ Am Weltfrauentag war sie mit der Frauen Union in der Innenstadt, um Flyer zu verteilen und um Frauen persönlich zu gratulieren. Doch diese freundliche Geste wurde mit Vorhaltungen quittiert: „Danke, Euer Putin hat uns schon gratuliert.“

Um Rechtfertigungen zu vermeiden, habe sie nun ihren Mann gebeten: „Lass uns außerhalb unserer Wohnung besser Deutsch sprechen.“

Solche Situationen würden viele Russlanddeutsche und russischsprechende Menschen überfordern. Außerdem: Russlanddeutsche seien nicht nur Menschen aus Russland, sondern aus allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, unter anderem aus der Ukraine.

Mit dem Vermerk „dauerhaft nicht verfügbar“ wurden in deutschen Supermärkten zahlreiche russische Produkte aus den Regalen entfernt. Es schmerzt, so etwas zu lesen, berichtet Paschenko. Doch vergleichsweise seien dies kleine Probleme. Die wirklich Leidtragenden in dieser Situation sind die Kinder.

Hetze und Mobbing vergrößern die Konflikte

Als Bildungsreferentin bekomme sie Hetze und Mobbing gegen Kinder aus russischen Familien an den Schulen hautnah mit. So sei sie erst kürzlich mit einer betroffenen Familie in Kontakt gewesen. Der Sohn gehe in die sechste Klasse und werde neuerdings „Du Scheiß-Russe“ genannt. Und das auch von Kindern, mit denen er bislang eng befreundet war.

Paschenko kann es verstehen, wenn sich die Menschen solidarisch mit der Ukraine zeigen und ein Zeichen gegen den Krieg setzen wollen. Aber für diese Solidarität muss man doch nicht gegen die Menschen in Russland oder gegen russisch sprechende Menschen in Deutschland sein. Das mache ihrer Ansicht nach diesen Konflikt nur größer.

Steinmeier warnt vor blindem Hass

Laut „Spiegel“ warnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einem Gespräch mit Kommunalpolitikern im Schloss Bellevue in Berlin: „Es ist nicht der Krieg des russischen Volkes gegen das der Ukraine.“ Auch sei es nicht der Krieg der vielen Menschen russischer Herkunft, die in Deutschland leben.

„Dass sie verunglimpft, bedroht oder gar tätlich angegriffen werden, auch das dürfen wir nicht zulassen. Auch da ist eine rote Linie.“ (bs)



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