Scholz verspricht Aufklärung: Russland präsentiert mutmaßlichen Gesprächsmitschnitt der Bundeswehroffiziere

Russische Staatsmedien veröffentlichten am Freitag den mutmaßlichen Mitschnitt eines Gesprächs mehrerer Offiziere der deutschen Luftwaffe. In diesem sollen diese unter anderem erörtert haben, die Krim-Brücke bei Kertsch anzugreifen – und eine deutsche Beteiligung zu vertuschen.
Blick auf die Krim-Brücke.
Blick auf die Krim-Brücke.Foto: AP/dpa
Von 2. März 2024

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Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach der Veröffentlichung eines Mitschnitts von Beratungen deutscher Luftwaffenoffiziere über Unterstützung für die Ukraine schnelle Aufklärung versprochen. Am Rande eines Besuchs im Vatikan sprach der SPD-Politiker am Samstag von einer „sehr ernsten Angelegenheit“.

Auf eine Frage der dpa nach möglichen außenpolitischen Schäden sagte er: „Deshalb wird das jetzt sehr sorgfältig, sehr intensiv und sehr zügig aufgeklärt. Das ist auch notwendig.“

Weder ist Deutschland im Krieg mit der Ukraine, noch besteht dieser gegenüber eine Beistandsverpflichtung aus dem NATO-Vertrag. Dennoch wächst die Besorgnis, bedeutsame Kreise in Politik, Medien und offenbar auch in der Bundeswehr seien bereit, eine weitere Eskalation des Krieges in dem Nicht-NATO-Land billigend in Kauf zu nehmen.

Am Freitag, 1. März, veröffentlichte der russische Staatssender RT eine Aufnahme, in der Offiziere der deutschen Luftwaffe über eine mögliche Zerstörung der Krim-Brücke bei Kertsch fachsimpelten. Es ging dabei auch darum, wie sich eine mögliche deutsche Beteiligung vertuschen lasse.

Eine Bestätigung der Authentizität der Aufnahme ist bislang weder vonseiten der Bundesregierung noch der Bundeswehr erfolgt. Die Bundeswehr hat jedoch einem Bericht der „Bild“ zufolge alle Konten im Kurznachrichtendienst blockieren lassen, der die Aufnahme weiterverbreitet hatte.

Angriff auf Krim-Brücke im Zusammenhang mit Taurus-Problematik diskutiert

Das Meeting soll über den Dienst Webex des Unternehmens Cisco abgewickelt worden sein – wie auch andere Meetings. Deshalb ist man in der Bundeswehr nun in Sorge, russischen Sicherheitsdiensten könnte es gelungen sein, noch weitere Gespräche dieser Art abzuhören. RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan nannte diese als Gewährsleute für die Aufnahme.

Die Unterredung soll nicht über eine gesicherte Leitung erfolgt sein. Soweit die Gesprächsteilnehmer identifizierbar waren, soll es sich um den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, sowie um die Offiziere Grefe, Fenske und Frostedte gehandelt haben.

Konkrete Angriffspläne wurden in dem Gespräch nicht erörtert. Aufhänger der Überlegungen war die anhaltende Debatte über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Während aus den Reihen von CDU, FDP und Grünen wiederholt Forderungen an die Bundesregierung herangetragen wurden, dafür grünes Licht zu geben, bleibt Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem „Nein“.

Der Kanzler betonte mehrfach, eine direkte Kriegsbeteiligung Deutschlands vermeiden zu wollen. Dies wäre bei einer Taurus-Lieferung schwierig, da diese der Führung in Kiew ermöglichen würde, auch Ziele in Russland anzugreifen.

Russland warnt vor neuem deutschem Imperialismus

In Russland werden die Aufnahmen als Beweis für konkrete Kriegspläne in Deutschland wahrgenommen. Stimmen aus Politik, Medien und Gesellschaft erinnerten an das „Unternehmen Barbarossa“ – den Überfall des nationalsozialistischen Regimes auf die Sowjetunion im Jahr 1941.

Russische Staatsmedien werfen der politischen Elite in Berlin vor, eine „deutsche Weltordnung“ schaffen zu wollen. Dabei verweisen sie auf aggressive antirussische Äußerungen deutscher Politiker wie Roderich Kiesewetter (CDU) oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Diese erneuerten auch in Anbetracht der Enthüllungen ihre Forderungen an den Bundeskanzler, der Ukraine die Taurus-Lieferungen nicht zu verweigern.

Das russische Außenministerium forderte in Anbetracht der Aufnahmen eine Erklärung der Bundesregierung. Sprecherin Maria Sacharowa erklärte auf Telegram, Russland werde alle „Versuche, um Antworten herumzukommen, […] als Schuldeingeständnis“ werten.

Mögliche Szenarien

Tatsächlich hatten die Offiziere in ihrem Gespräch theoretische Szenarien erörtert. Es kam in dem Gespräch nicht zum Ausdruck, dass man ein Vorgehen dieser Art selbst befürworten oder empfehlen würde.

Es kommt zum Ausdruck, dass es eine politische Rückendeckung für ein solches Szenario nicht gebe. Es bestünden Risiken wie jene, dass „das Ding auf ’nen Kindergarten drauffällt und es zivile Opfer gibt“. Außerdem dauere es bis zu acht Monate, bis tatsächlich ein Einsatz möglich wäre.

Zudem bezweifelt einer der Generäle, dass eine Lieferung der Flugkörper – und es gehe dabei um 50 bis 100 Stück – eine signifikante Wende im Krieg herbeiführen würde. An einer Stelle wird auch deutlich, dass man nicht alle verfügbaren Exemplare abgeben könne:

„Also, man könnte sagen, 50 in der ersten Tranche, und wenn sie uns dann noch mal würgen würden, für die nächsten 50, und da wär‘ aber auch Ende Gelände.“

Die Militärs bringen jedoch Zweifel bezüglich der Aussage des Kanzlers an, wonach es zwingend erforderlich wäre, deutsche Soldaten zur Ausbildung an der Waffe in die Ukraine zu bringen. Deren Armee wäre möglicherweise auch in der Lage, sich die erforderlichen Fähigkeiten selbst anzueignen.

Beteiligung französischer und britischer Militärs

In dem Gespräch bringen die Offiziere auch zum Ausdruck, dass Großbritannien und Frankreich Soldaten oder Militärberater vor Ort hätten. Großbritannien liefert der Führung in Kiew Marschflugkörper des Typs „Storm Shadow“.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in der Vorwoche selbst zum Ausdruck gebracht, dass die genannten NATO-Partnerländer Militärberater vor Ort hätten. In diesem Zusammenhang äußerte er:

„Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden. […] Das, was andere Länder machen, die andere Traditionen und andere Verfassungsinstitutionen haben, ist etwas, was wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können.“

Die britische Regierung und deutsche Befürworter einer Verschärfung der Konfrontationspolitik mit Russland hatten Scholz daraufhin Indiskretion vorgeworfen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bundeskanzler die Aussage bewusst in den Raum gestellt hat, um der Öffentlichkeit das potenzielle Eskalationsrisiko zu verdeutlichen.

Von Notz fordert Aufklärung über Reichweite des Problems

Unterdessen hat das Bundesverteidigungsministerium eine Untersuchung des Vorfalls angeordnet. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, Konstantin von Notz (Grüne), hat sich zu der Angelegenheit geäußert. Gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) spricht er von einem „hochproblematischen Vorgang“, sollte es Russland tatsächlich gelungen sein, eine interne Kommunikation der Luftwaffe abzuhören.

Er erwarte eine Aufklärung aller Hintergründe. Vor allem sei zu klären, „ob es sich hier um einen einmaligen Vorgang oder ein strukturelles Sicherheitsproblem“ handele.



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