
Seehofer: Maaßen steht auf dem Boden der Demokratie – Haldenwang zurechtgewiesen
Aktuell steht der ehemalige Bundesverfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen in der Kritik, „antisemitische Stereotype“ zu benutzen. Mit den Beweisen scheint es aber zu hapern. Die Sache verschärfen dürfte die Tatsache, dass Maaßen in Thüringen als Bundestagskandidat der CDU antritt.

Bundesinnenminister Horst Seehofer und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang bei der Bundespressekonferenz zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2020 am 15. Juni 2021 in Berlin.
Foto: Christian Marquardt-Pool/Getty Images
Die Antisemitismusvorwürfe gegen Ex-Bundesverfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen im Zusammenhang mit seiner Bundestagskandidatur fanden auf der Bundespressekonferenz zum Verfassungsschutzbericht 2020 (15. Juni 2021) Einzug. Ein Journalist fragte Bundesinnenminister Horst Seehofer, ob er Maaßen zu den „Neuen Rechten“ zähle.
Anlass dafür waren die Anschuldigungen von Stephan Kramer (SPD), Präsident des Landesverfassungsschutzes in Thüringen in einem Interview mit dem „ARD“-Magazin „Kontraste“ gegen Maaßen. Kramer behauptete, er würde „klassische antisemitische Stereotype“ und „doppeldeutige Begriffe“ verwenden.
Das Vorgehen sei von AfD-Politikern wie Björn Höcke oder Alexander Gauland bekannt und eine „beliebte Methode der Neuen Rechten“, so Kramer.
Seehofer wies die Vorwürfe ab. Maaßen stehe zweifelsfrei auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Deutschlands. Weiter lobte er die Zusammenarbeit mit ihm als er noch Präsident des Bundesverfassungsschutzes war. Maaßen habe seine Arbeit gut gemacht und sich zweifelsohne intensiv um die rechtsextremen Entwicklungen gekümmert.
„Und ich hatte nie den geringsten Zweifel, dass das aus voller Überzeugung stattfindet“, so der Bundesinnenminister.
Seehofer erklärte noch, dass er vorerst keine Bewertung zu Kramers Äußerungen machen werde. Er wolle aber die nächsten Tage nutzen – mit Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), dem Chef von Kramer, im zeitlichen Rahmen der Innenministerkonferenz im baden-württembergischen Rust – mal zu reden.
Maßen nimmt Vorwürfe mit Humor
Um die Vorwürfe doppeldeutiger Begriffe und Chiffre-Sprache ad absurdum zu führen, veröffentlichte Maaßen einen eigenen, offenbar nicht ganz ernst gemeinten Beitrag mit Chiffre, möglicherweise um die Diskussion zu entspannen.
Die Kernaussage: Man kann aus allem alles machen, wenn man nur will. Maaßen hatte den vollständigen Namen der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Charlotte Alma Baerbock als Chiffre verwendet und, siehe da, es kam ein linksextremistischer Kampfbegriff heraus: ACAB – All Cops Are Bastards.
Haldenwang zur Pauschalaussage genötigt?
Maaßens Nachfolger im Amt des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, Thomas Haldenwang (CDU), sagte auf der Pressekonferenz auf die Frage des Journalisten, dass er grundsätzlich nicht über Einzelpersonen rede.
Ganz generell könne er nur betonen, dass „jeder, der sich am Kampf gegen Antisemitismus beteiligt, vermeiden sollte, Stereotype zu benutzen, die in bestimmten Kreisen als antisemitisch bekannt sind und wahrgenommen werden“.
Seehofer bemerkte dazu an Haldenwang gerichtet: „Sie sagten ja noch lange nicht, dass er die benutzt hat.“ Seehofer ermahnte den BfV-Präsidenten zur Vorsicht bei solchen Aussagen: „Wenn ich es nicht selber gelesen habe oder die Quelle kenne, würde ich es nicht beurteilen.“
Die Wichtigkeit des Gesamtkontextes
Während der nächsten Frage – es ging um die Beobachtung der Zeitung „Junge Welt“ – wies Seehofer nochmals darauf hin, dass es immer schwierig sei, „einzelne Sätze oder Gedanken aus einem Gesamtkontext zur Diskussion zu stellen und dann zu sagen: ‚Was sagen Sie dazu?‘, wenn man nicht den Gesamtkontext kennt“.
Das gelte auch für die vorher diskutierte Frage mit Einbezug von Maaßen:
„Ich schau mir immer sehr genau nach solchen Fragen an: ‚Wie war der Gesamtkontext, um den es hier ging? Wie hat ein Redner begonnen? Hat er darauf hingewiesen, dass er das ausdrücklich ausschließt, dass das ja nicht in Verbindung mit Antisemitismus gebracht wird?“
Kramer versus Maaßen
Aufgrund Kramers Äußerungen über Maaßen fordern zwei Thüringer Landtagsabgeordnete der CDU und die AfD-Landtagsfraktion seine Entlassung aus dem Amt.
Kramer sei nach einer „Kette von Verfehlungen“ nicht mehr tragbar, sagte der CDU-Abgeordnete Michael Heym. Kramer müsse als Chef einer so sensiblen Landesbehörde politische Neutralität bewahren.
„Entweder hat der Thüringer Innenminister Georg Maier seinen obersten Verfassungsschützer nicht mehr im Griff oder billigt wohlwollend dessen Treiben zu Wahlkampfzwecken“, so der Politiker gegenüber dem „MDR“.
Damit hatte Heym auf die Bundestagskandidatur von Kramer für die SPD angespielt. Dieser hatte nach Vorwürfen der AfD, die Beobachtung der Partei durch den Thüringer Verfassungsschutz sei ein „Wahlkampfmanöver“, seine Kandidatur zurückgezogen.
Er habe sich „angesichts der aktuellen Gefahren und Bedrohungslage“ für seine Aufgaben als Behördenleiter entschieden, gab Kramer dazu bekannt.
Nicht neutral – Maier soll Kramer entlassen
Der CDU-Abgeordnete Henry Worm meinte zu dem Fall, dass die Deutungen von Kramer aus der Luft gegriffen seien und seine Ungeeignetheit als Verfassungsschutzchef belegen würden.
Der AfD-Fraktionschef von Thüringen, Björn Höcke, kritisierte, Kramer würde sein Amt missbrauchen, um in die Tagespolitik einzugreifen. Er müsse „endlich seinen Schlapphut nehmen“.
Kramer hingegen ist der Meinung, seine Aussage ausführlich begründet zu haben. So sieht es auch sein Parteikollege und Vorgesetzter, Innenminister Georg Maier. Dieser sagte dem „MDR“, dass Kramer nichts anderes als seinen Job mache und die Einschätzung nachvollziehbar begründet habe.
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