Seit Januar gab es 635 Messerangriffe in Berlin

In Berlin kommen Messer immer öfter bei Angriffen, Raubüberfällen oder zur Verteidigung zum Einsatz. Wie sind die Zahlen? Die Polizei verhängte an einigen Bahnhöfen spezielle Verbote.
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Die Polizei im Bezirk Berlin-Kreuzberg im Einsatz.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 22. März 2023

In der Hauptstadt stiegen die Messerangriffe im letzten Jahr um 19 Prozent an. Das geht aus einer Anfrage an den Senat durch den AfD-Innenpolitiker Marc Vallendar hervor. So wurden für das Jahr 2021 2.777 Fälle mit dem Tatmittel Messer erfasst, 3.317 Fälle im Jahr 2022.

Dass der Anstieg nicht auf die Aufhebung der Corona-Maßnahmen 2022 zurückzuführen ist, zeigt ein Vergleich mit dem Jahr 2019. Im Jahr 2019 wurden bei 2.675 Straftaten ein Messer eingesetzt. Im Vergleich mit den Zahlen von 2022 bedeutet dies somit sogar einen Anstieg von 24 Prozent. Für dieses Jahr sind bereits bis zum 21. März zum Phänomen „Messerangriff“ insgesamt 635 Straftaten registriert, wie die Polizei auf Anfrage mitteilte.

Zu den genannten Messerangriffen im Jahr 2021 wurden 2.132 Tatverdächtige ermittelt. Im Jahr 2022 waren es insgesamt 2.428 Tatverdächtige. Sie teilen sich 2021 in 72 Nationalitäten auf, wobei es auch Einordnungen bei „staatenlos“, „unbekannt“ und „keine Angabe“ gibt. Im Jahr 2022 hat sich die Zahl der Nationen weiter erhöht. Hier sind es 87 verschiedene Staatsangehörigkeiten, denen die Tatverdächtigen zuzuordnen sind.

Tatverdächtige aus 87 Nationen

Was die Rangfolge betrifft, so gibt es hinsichtlich der vertretenen Nationen auf den ersten sieben Plätzen nur bei der Platzierung, aber nicht bei den vertretenen Nationen Unterschiede.

Staatsangehörigkeit bei den Fällen des Jahres 2021:

  1. Deutschland: 1.030
  2. Türkei: 141
  3. Syrien: 118
  4. unbekannt: 85
  5. Polen: 61
  6. Afghanistan: 59
  7. Bulgarien: 53

Staatsangehörigkeit bei den Fällen des Jahres 2022:

  1. Deutschland: 1.194
  2. Türkei: 158
  3. Syrien: 114
  4. Polen: 80
  5. unbekannt: 79
  6. Bulgarien: 65
  7. Afghanistan: 55

Türkische zweite Staatsangehörigkeit

Von den 1.194 Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit besitzen 188 eine weitere Staatsangehörigkeit.

Zweite Staatsangehörigkeit bei den Fällen des Jahres 2021:

  1. türkisch: 65
  2. libanesisch: 19
  3. polnisch: 18
  4. russisch: 11
  5. kasachisch: 8

Zweite Staatsangehörigkeit bei den Fällen des Jahres 2022:

  1. türkisch: 51
  2. libanesisch: 18
  3. russisch: 13
  4. polnisch: 10
  5. ungeklärt: 8

Alle bis hier genannten Daten beziehen sich auf eine statistische Auswertung abgeschlossener Ermittlungen zu Taten mit dem Tatort Berlin.

Die Abfrage der Vornamen der Tatverdächtigen beim Tatmittel Messer ergab für das Jahr 2021 als die fünf häufigsten: Alexander: 11, Christian: 8, David: 7, Mustafa: 6, Patrick: 6. Für das Jahr 2022 werden als häufigste Vornamen bei den Tatverdächtigen auf den ersten fünf Plätzen angegeben: Christian: 9, Nico: 8, Ali: 8, Mohamed: 7, Marcel: 7.

2019 wurde mit dem Tatmittel Messer 41-mal gemordet, 735-mal geraubt und 733-mal jemand verletzt. 2021 gingen die Zahlen leicht zurück: So wurde damals mit dem Messer 32-mal gemordet, 643-mal geraubt und 802-mal jemand verletzt. Aktuelle Zahlen in Form der polizeilichen Kriminalstatistik 2022 liegen noch nicht vor. Der Berliner Senat kündigte die Veröffentlichung für Mitte April an. Zur Verspätung machte er bis zum Redaktionsschluss keine Aussagen.

„Hemmschwelle zu schwerer Gewalt sinkt“

Für den Innenpolitiker Marc Vallendar (AfD) ergibt die Anfrage bedauerlicherweise eine weitere Steigerung im Bereich der Messerkriminalität in Berlin. „Sowohl bei den nichtdeutschen Staatsangehörigen als auch bei den Vornamen der deutschen Tatverdächtigen lässt sich zumindest konstatieren, dass die „Ich mach dich Messer“ Generation leider auch kulturell bedingt zu sein scheint.“ Die Hemmschwelle zu schwerer Gewalt, gerade unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund sinke, so der Berliner Abgeordnete. „Davor darf der Senat nicht weiter die Augen verschließen. Wir benötigen stärkere Kontrollen hinsichtlich des Mitführens unerlaubter Gegenstände im öffentlichen Raum, stärkere Jugendarbeit und eine Ausweitung des sog. Warnschussarrestes.“

Ein Toter, drei Verletzte durch Messerattacken

Wie die Messerangriffe aussehen können, zeigen zwei kürzlich stattgefundene Straftaten in Berlin.

In der Nacht zum 22. März in Berlin-Moabit kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei dreiköpfigen Gruppen. Sie stritten aus bisher unbekannten Gründen. Im Verlauf der Auseinandersetzung wurde ein 20-Jähriger mit Messerstichen an beiden Beinen und am Rücken verletzt und ein 21-Jähriger erlitt oberflächliche Schnittverletzungen am Hals. Alarmierte Rettungskräfte brachten die beiden verletzten jungen Männer in ein Krankenhaus. Lebensgefahr soll für beide nicht bestehen.

Nicht immer laufen die Messerdelikte so glimpflich ab. Weniger Glück hatte ein 21-jähriger Mann, der in der Nacht zum 19. März in Berlin-Alt-Hohenschönhausen ums Leben kam. Er soll nach Polizeiangaben Teil einer acht- bis zehnköpfigen Gruppe Heranwachsender und junger Männer sein. Diese soll sich mit einer anderen, deutlich größeren Personengruppe verabredet und gegen 22:15 Uhr auf dem Vorplatz eines Einkaufzentrums aufeinandergetroffen sein. Dabei sollten Streitigkeiten aus der jüngeren Vergangenheit geklärt werden. Im Laufe der folgenden Rangelei wurde der 21-Jährige durch einen Messerstich verletzt. Nach Reanimationsmaßnahmen vor Ort durch Rettungskräfte starb der Mann auf dem Weg ins Krankenhaus. Ein weiterer 21-Jähriger, der wie der Verstorbene ebenfalls zu der kleineren Gruppe gehörte, wurde bei der Auseinandersetzung schwer verletzt. Er wurde ins Krankenhaus gebracht und dort operiert. Dem Vernehmen nach soll keine Lebensgefahr bestehen.

Bundespolizei erlässt Mitführverbot für gefährliche Gegenstände

Die Berliner Bundespolizei hat an Bahnhöfen wie Gesundbrunnen, Ostkreuz, Warschauer Straße und Südkreuz ein temporäres Verbot für das Mitführen von gefährlichen Gegenständen aufgrund der wiederholten Gewaltdelikte verhängt.

Das Verbot gilt vom 24. bis 25. März 2023 jeweils von 20 bis 6 Uhr des Folgetages. Zuletzt gab es solch ein temporäres Verbot 2021. Es wird Extrapersonal für das Wochenende eingesetzt und Taschenkontrollen durchgeführt. Die Taschenkontrollen werden stichprobenartig durchgeführt, erklärt ein Sprecher gegenüber Epoch Times. Die Maßnahme soll dazu beitragen, Gewaltstraftaten zu verhindern und Reisende sowie Polizeibeamte zu schützen.

Erklärungsansätze „vielfältig und komplex“

Die Berliner Polizei sieht „vielfältige und komplexe“ Erklärungsansätze für die gestiegene Zahl an Delikten, bei denen Messer zum Einsatz kommen.

Grundsätzlich seien Messer leicht zugänglich und jederzeit auch verdeckt mitführbar, so eine Polizeisprecherin gegenüber der „Berliner Morgenpost“. Ein Ansatz könnte beispielsweise eine Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls sein. Auch gruppendynamische Prozesse könnten eine Rolle spielen und seien vor allem im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität ein nicht unerheblicher Faktor. Imponiergehabe, Coolness und vermeintliche Stärke könnten sie so zum Ausdruck bringen wollen. Einige benutzten Messer, um Anerkennung, Bewunderung und den Respekt Gleichaltriger zu erlangen.

Allerdings gebe es auch andere Fälle, wo Messer gezielt zum Einsatz kommen würden, so die Sprecherin gegenüber der „Berliner Morgenpost“ weiter. Bei Bedrohungen und Raubtaten würden die Täter damit versuchen, ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.



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