Thilo Sarrazin über Einwanderung: „Wir haben keine moralische Pflicht“

Derzeit befänden sich etwa 500.000 Abschiebewürdige in Deutschland. Sie müssten „dahin geschickt werden, wo sie herkommen“. Und wenn man das nicht genau wisse, dann könne eine DNA-Analyse Abhilfe schaffen. So der Ratschlag von SPD-Mitglied und Bestseller-Autor Thilo Sarrazin bei einem Vortrag in Sachsen.
Von 21. September 2017

„Deutschlands Zukunft wird sich nicht an Genderfragen oder Klimadebatten entscheiden, sondern an den Themen Währung, Einwanderung und Bildung“, so die Einschätzung von Bestseller-Autor Thilo Sarrazin. Am Mittwoch war er gemeinsam mit Cicero-Ressortleiter Alexander Kissler in einem versteckt liegenden Gasthof im Landkreis Meißen zu Gast, um über Fragen zur deutschen Einwanderungspolitik zu sprechen.

Sarrazin, seit 34 Jahren SPD-Mitglied und bekannt geworden durch sein Buch „Deutschland schafft sich ab“, füllt die Lücke aus, die seine Parteigenossen im Wahlkampf längst gelassen haben. „Zu lange hat die Politik versäumt, die wirklich wichtigen Fragen zu adressieren“, so die Überschrift zu seinem Vortrag und auch zu seinem neuen Buch.

Einfach sei es nicht, Räumlichkeiten für Sarrazins Vorträge zu finden, sagt Veranstalter Michael Sitte-Zöllner, „im Westen noch schlimmer als im Osten“. Die etwa 150 Gäste an diesem Abend dankten Kissler und Sarrazin allemal, dass sie sich auf den Weg zu ihnen gemacht hatten, auch wenn jeder die Veranstaltung wieder so verließ, wie er gekommen war – irgendwie hilflos.

Der Mißbrauch des Asylgesetzes wird fortgesetzt

Zu Beginn seines Vortrages schilderte Sarrazin kurz die aktuelle Situation der Einwanderung in Deutschland mit Hinweis darauf, dass fast alle sogenannten Flüchtlinge in Deutschland aus sicheren Ländern nach Deutschland kamen, nämlich aus der Türkei oder Italien und das sie vorwiegend aus Ländern stammen, in denen die Lebenserwartung und somit auch die Geburtenrate steige. Letztere steige nicht nur in Afrika, sondern auch in Afghanistan, Syrien und dem Irak, meint er.

Mit der Einwanderung nach Europa könnten keine Probleme gelöst werden, so sein Statement, hier müssten Grenzen geschützt werden. Indem man eine Ankunft in Europa unmöglich mache, kann man verhindern, dass immer mehr Menschen kommen, schätzt der ehemalige Politiker ein. Doch offenbar gebe es seitens unserer Regierung keine Bemühungen, die Einwanderung zu begrenzen, man denke dabei nur an den geplanten Familiennachzug, durch den weitere 5 bis 6 Millionen in den nächsten Jahren nach Deutschland kommen werden. Der Missbrauch des Asylgesetzes werde offenkundig fortgesetzt.

Daraus ergeben sich berechtigte Fragen, die innerhalb der Politik gestellt werden müssten, da das aber offenbar nicht geschieht, tut es Sarrazin und beantwortet sie auch gleich selbst:

Er fragt: „Braucht Deutschland aus demografischen Gründen Einwanderung?“

Seine Antwort: „Nein“.

„Kann Einwanderung bei der Lösung demografischer Probleme helfen?“

„Bedingt.“ Eine Einwanderung qualifizierter Leute könne durchaus von Vorteil sein – alles andere füge Deutschland nur wirtschaftlichen Schaden zu. Und genau das geschehe in Deutschland. Die Flüchtlinge seien schlecht ausgebildet bis hin zu Analphabeten. Es sei schwer für sie, die deutsche Sprache zu lernen. Man bedenke, der Großteil der Männer, der hierher komme, sei um die 20 Jahre alt. Selbst nach einer Förderung wären sie erst ungefähr mit 30 Jahren in der Lage, einen Hauptschulabschluss zu machen, danach eine Lehre. Sehr wahrscheinlich wären sie erst mit ungefähr 40 Jahren für den deutschen Arbeitsmarkt zu gebrauchen. Bis dahin seien sie auf finanzielle Hilfe durch den Staat angewiesen. Sarrazin rechnet hoch und erklärt, wenn man alle bisher Eingewanderten bis weit ins Rentenalter hinein finanzieren will, koste uns das ca. 1 Billion (1000 Milliarden). Und das ganz ohne Familiennachzug.

„Haben wir eine moralische Pflicht?“

„Nein, wir sind nicht an den Zuständen der anderen Länder schuld.“

„Haben wir die Pflicht, anderen Ländern zu helfen?“

„Ja“, aber das gehe nur über Bildung und verantwortungsbewusste Eliten im Land. Dazu kämen Gesetze und der willige Fleiß der Bevölkerung. Wenn man es aber nicht einmal schaffe, in Griechenland verantwortungsbewusste Eliten heranzuziehen, wie will man das erst in Nigeria oder Afghanistan schaffen, meint Sarrazin. Die Behauptung, man könne die Fluchtursachen von außen bekämpfen, sei völlig absurd. Wer so etwas behauptet sei ein „Roßtäuscher“. Zudem habe sich bisher jedes Land, in das Entwicklungshilfe geschickt wurde, am wenigsten entwickelt. Aufgrund von Korruption käme die Hilfe nicht an.

Fazit: „Man kann den Staaten nicht von außen helfen, sie müssen sich selbst helfen. Sie müssen lernen, mit ihren eigenen Ressourcen umzugehen“, sagt Sarrazin, aber auf diese Idee müssten sie schon selbst kommen. Denn: „Jedes Land hat objektiv die Möglichkeit, so reich wie Deutschland zu werden. Reichtum kommt nicht aus den Bodenschätzen sondern aus den Köpfen der Menschen.“

Also was kann man tun?

Laut Sarrazin sei die vornehmste Aufgabe einer Regierung, das eigene Volk zu schützen. Man  müsse zu allererst einmal die europäischen Grenzen schützen.  Dann müssten die Gesetze eingehalten oder dementsprechend erneuert werden. Man müsse verhindern, dass die Menschen zu „Rechtssubjekten“ würden. „Ein Asylverfahren kann bis zu acht Jahren dauern.“ Man müsse verhindern, dass die Menschen in dieser Zeit Anspruch auf Sozialleistungen haben. Schon allein dann würden viel weniger kommen, meint Sarrazin.

Weiter schlägt der ehemalige Beamte vor, alle Einwanderer in einer zentralen Datei zu erfassen, mit Fingerabdruck usw. Abgelehnte Asylbewerber müssten ohne Ansprüche in vorgesehenen Einrichtungen bis zu ihrer Ausreise verbleiben.

Derzeit befänden sich etwa 500.000 Abschiebewürdige in Deutschland, so Sarrazin. Sie müssten „dahin geschickt werden, wo sie herkommen“. Und wenn man das nicht genau wisse, dann könne eine DNA-Analyse Abhilfe schaffen.

„Verwirrung bei den Beteiligten“

Doch habe Sarrazin seine Vorschläge schon so oft ungehört unterbreitet. Die Debatte werde von den „staatstragenden Parteien“ verweigert.

Beim Stichwort „Staatstragende Parteien“ kommt dann auch Kissler ins Spiel. Auf die Frage aus dem Publikum, wie Sarrazin zu den Wahlen stehe, windet sich dieser, was soll er auch sagen?

Kissler dagegen fällt sofort die neueste Aussage von Kanzleramts-Chef Peter Altmaier (CDU) ein, der am Dienstag dazu riet, lieber nicht zu wählen als Parteien, die er „nicht staatstragend“ findet. Kissler kommentiert: „Wie weit muss man sein, wenn man so etwas fordert?“ Und Sarrazin hält das alles für einen Aprilscherz der „eine gewisse Verwirrung bei den Beteiligten“ zeige.

Warum er denn immer noch SPD-Mitglied sei, wird Sarrazin daraufhin aus dem Publikum gefragt. Sarrazin erklärt, er sei 1973 in die SPD eingetreten, denn er stand unter anderem hinter der Friedenspolitik von Willy Brandt und war für soziale Gerechtigkeit – eigentlich alles, was im Statut der SPD grundsätzlich verankert sei, könne er vertreten. ER habe sich nicht geändert, betont Sarrazin, warum solle er austreten? Die „Peinlichkeit“ sei nicht auf seiner Seite.



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