
Thomas Lutze verlässt die Linke – Verein BSW als Wagenknecht-Plattform?
Nicht nur bei den Landtagswahlen erlebte die Linkspartei am Sonntag ein Desaster. Auch die Linksfraktion im Bundestag schrumpft weiter – und das ohne Wagenknecht-Partei. MdB Thomas Lutze wird zur SPD wechseln.

Nach dem Austritt von Thomas Lutze schrumpft die Linksfraktion im Bundestag auf 38 Mitglieder.
Foto: JOHANNES EISELE/AFP/Getty Images
Seit Wochen zittert die Linksfraktion im Bundestag um ihren Bestand. Die Grenze für den Fraktionsstatus liegt bei 37 Mitgliedern – bis Sonntag, 8. Oktober, hatte sie 39. Mögliche Austritte hatte man vor allem von Anhängern der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht erwartet. Nun hat ausgerechnet der Erzfeind ihres Lebensgefährten Oskar Lafontaine im Saarland, Thomas Lutze, seinen Austritt erklärt.
Lafontaine hatte dem seit 2009 im Bundestag vertretenen Lutze Manipulationen bezüglich der Mitgliederlisten vorgeworfen. Die Bundespartei hatte die Anschuldigungen zurückgewiesen. Lafontaine hatte daraufhin dazu aufgerufen, in seinem Stammland die Linke nicht mehr zu wählen.
Linksfraktion schrumpft auf 38 Mitglieder – Partei fährt katastrophale Wahlergebnisse ein
Für Sonntagabend hatte Lutze gegenüber der „Saarbrücker Zeitung“ angekündigt, in einer E-Mail an die Fraktion seinen Austritt zu erklären. Schon für Dienstag ist seine Aufnahme in die Fraktion der SPD geplant, bestätigte deren saarländischer Bundestagsabgeordneter Christian Petry. Entsprechende Vorgespräche mit Fraktionschef Ralf Mützenich habe es bereits gegeben.
Lutze erklärte, er habe mit seiner Entscheidung nicht vor Sonntag an die Öffentlichkeit treten wollen, um nicht die Landtagswahlen in Bayern und Hessen zu beeinflussen. Bereits am frühen Nachmittag hatten erste Medien jedoch schon über den bevorstehenden Übertritt berichtet.
Für die Linkspartei machte dies wohl keinen wesentlichen Unterschied mehr. Sie fuhr in beiden Ländern katastrophale Wahlergebnisse ein. In Hessen, Heimat von Parteisprecherin Janine Wissler, verlor sie mehr als die Hälfte ihrer Stimmen und kam nur noch auf 3,1 Prozent. In Bayern, wo die Linke stets unbedeutend blieb, gab es am Ende 1,5 Prozent.
Lutze rechnet mit Ende des Fraktionsstatus durch Wagenknecht-Gründung
Seinen Austritt begründete Lutze damit, dass die Linkspartei kein „linkes Korrektiv zu sozialen Fehlentwicklungen“ mehr darstelle. Dies sei „schon seit Jahren so“. Die Linke sei „einfach strategisch schlecht aufgestellt“, erklärte der Abgeordnete gegenüber der „Saarbrücker Zeitung“.
Politische Zusagen vonseiten der SPD habe es keine gegeben, erklärten beide Seiten übereinstimmend. Es wird zudem davon ausgegangen, dass sich Lutze um kein weiteres Mandat im Bundestag bewerben werde. Bis zum Ende der Legislaturperiode wolle er sein bestehendes jedoch behalten.
Lutze erklärte bezüglich des Zeitpunkts seines Austritts zudem, er wolle nicht zum „Zünglein an der Waage“ werden, wenn es um das mögliche Ende des Fraktionsstatus gehe. Dieses hält er angesichts der Berichte über die bevorstehende Gründung einer Wagenknecht-Partei für wahrscheinlich.
Vertraute von Lafontaine und bekannten Politikern der Linksfraktion gründen Verein
Die Serie an schlechten Nachrichten für die Linke könnte sich unterdessen schon zeitnah fortsetzen. Wie das „Neue Deutschland“ (ND) berichtet, könnte die offizielle Gründung einer Wagenknecht-Partei unmittelbar bevorstehen.
Als Hinweis darauf wertete das Blatt die Gründung eines Vereins mit dem Namen BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit e. V. mit der Nummer VR 703822. Das Amtsgericht Mannheim hatte diese am 26. September vorgenommen. Beteiligt an der Gründung sind mehrere Personen aus dem Umfeld der Linkspartei. So gut wie alle genannten Proponenten weisen ein enges Verhältnis zu Wagenknecht-Vertrauten auf.
Als Vorsitzender fungiert Jonas-Christopher Höpken, ein Stadtrat in Oldenburg, dem Wahlkreis der zurückgetretenen Fraktionssprecherin Amira Mohamed Ali. Geschäftsführerin ist Fadime Asci aus Bochum, dem Bundestagswahlkreis der Linkspolitikerin Sevim Dağdelen. Dazu kommen Gründungsmitglieder aus dem unmittelbaren Umfeld von Wagenknecht-Ehemann Oskar Lafontaine.
„Bündnis Sahra Wagenknecht“ in den Startlöchern?
Das Kürzel BSW könnte beispielsweise allgemein für „Bündnis Sozialer Wandel“, aber auch für „Bündnis Sahra Wagenknecht“ stehen. Offenbar will man den Verein als Vorstufe zur Parteigründung unterhalten, um den Kreis der Aktivisten klein und überschaubar zu halten. So wolle man „Extremisten und Spinner“ fernhalten, schreibt das ND.
Der Verein soll dann die Parteigründung vorbereiten. Diese werde für den Anfang des Jahres 2024 erwartet. Dieser Schritt würde dann auch den Zugang zu Mitteln aus der Wahlkampfkostenerstattung ermöglichen. Im kommenden Jahr finden EU-Wahlen sowie Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg statt. In all diesen Fällen trauen Meinungsforscher einer Wagenknecht-Partei Überraschungserfolge zu.
Linken-Mitglieder beantragen Parteiausschluss Wagenknechts
Derweil spitzt sich die interne Auseinandersetzung innerhalb der Linken in Nordrhein-Westfalen zu. Mehr als 50 Linken-Mitglieder haben am Montag bei der Landesschiedskommission der Partei in NRW einen Antrag auf Ausschluss von Wagenknecht eingereicht.
Mit ihren Plänen für eine eventuelle Parteineugründung verstoße Wagenknecht „erheblich gegen die Grundsätze sowie gegen die Ordnung der Partei und fügt ihr dabei schweren Schaden zu“, heißt es in dem Ausschlussantrag. Unter den 58 Antragstellern sind Mitglieder von Landtagen und Landesvorständen, Kommunalpolitiker sowie zwei Linken-Bundestagsabgeordnete.
(Mit Material von Agenturen)
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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