THW in Hattingen adaptiert neues Zivilschutz-Konzept: „Krieg in Europa nicht mehr ausgeschlossen“

Die Entwicklungen der 2010er Jahre lassen die Wahrscheinlichkeit von Krieg oder Bürgerkrieg in Europa deutlich höher erscheinen. Diesem Umstand will auch das THW Rechnung tragen – und sich stärker auf den Schutz kritischer Infrastruktur fokussieren.
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Das THW Hattingen rüstet um.Foto: istock
Von 10. Oktober 2019

Für Aufsehen sorgte jüngst ein Bericht der „WAZ“ über eine Umstrukturierung im Technischen Hilfswerk (THW) Hattingen. Dieses, so lautete es in der Überschrift und im Teaser, richte sich auf eine Situation ein, da ein Krieg in Europa nicht mehr ausgeschlossen sei. Deshalb bereite man sich erstmals seit Ende des Kalten Krieges auch auf eine solche Option vor.

Auch Ingo Brune, der Leiter des THW Hattingen, bestätigt diese Veranlassung: „Die sicherheitspolitische Lage wird jetzt wieder so eingeschätzt, dass es auch Krieg auf europäischem Gebiet geben könnte. So richten wir uns jetzt wieder aus.“

Aktuelles BMI-Konzept bezieht sich auf Paris, Nizza und Berlin

Nach eigenen Angaben hat das THW am 1.9. des Jahres damit begonnen, die entsprechenden Änderungen in Gang zu bringen. Grundlage für die Neuausrichtung ist die „Konzeption Zivile Verteidigung“ des Bundesministeriums des Inneren (BMI), die in ihrer letztgültigen Form im August 2016 beschlossen wurde. Das Konzept versucht sich an der Strukturierung veränderter Herausforderungen, die sich in den vergangenen Jahren im Bereich des Bevölkerungsschutzes herauskristallisiert hatten, insbesondere bei der Kritischen Infrastruktur (Kritis).

Das Ministerium selbst räumt ein, dass politische Entwicklungen an der Peripherie Europas, aber auch die Folgewirkungen eigener Politik ihre Spuren hinterlassen haben:

„Die Anschläge in Paris, Nizza und Berlin zeigen, dass die Sicherheitslage in Europa nicht mehr nicht mehr so entspannt ist, wie noch vor einigen Jahren. Der arabische Frühling, der Krieg in Syrien und der Ukraine zeigen dies ebenfalls. Als Konsequenz hieraus hat die Bundesregierung das ‚Konzept Zivile Verteidigung‘ im August 2016 beschlossen.“

In dem Konzept werde ein Rahmen vorgegeben, wie sich der Bund auf Krisensituationen vorbereiten werde. Grundlage sei das allgemeine Risiko- und Krisenmanagement. Das THW selbst als zentraler Teil der Zivilschutz-Infrastruktur hatte bereits Anfang 2015 ein erstes Rahmenkonzept diskutiert, wie die Einsatzfähigkeit des THW in den Bereichen Logistik und Kritis ausgebaut werden könnte.

Notinstandsetzung und Notversorgung könnten bedeutsamer werden als Bergung

Dass explizit auch Krieg in Europa als möglicher Einsatzfall definiert wird, ist das erste Mal seit Ende des Kalten Krieges. Stand bislang die Bergung infolge von Gefahren wie Stürmen, Extremwetter, Dürren, Erdbeben, Unfällen oder Epidemien im Vordergrund, spielen nun Systemversagen oder die Folgen von Kriegsereignissen, Terrorismus, Sabotage und Cyberattacken eine immer größere Rolle. Dies habe auch Konsequenzen im Bereich der Organisation, so Ingo Brune:

Unsere zweite Bergungstruppe wird jetzt in die neue Fachgruppe Notinstandsetzung und Notversorgung umgewandelt.“

Einige der Problembereiche waren jedoch schon deutlich vor den folgenschweren Entwicklungen der 2010er Jahre Gegenstand perspektivischer Projektarbeiten. So berichtete die „Zeit“ bereits 2000 von der Cybersicherheit als einer der entscheidenden Stellschrauben der Sicherheitspolitik – insbesondere vor dem Hintergrund eines zunehmenden Risikos von Hackerattacken. Aufgeschreckt durch Vorfälle in den USA hatte der ehemalige Bundesinnenminister Manfred Kanther bereits 1997 im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Arbeitsgruppe Kritis (Kritische Infrastrukturen) ins Leben gerufen.

Heute sind es die zunehmenden Interdependenzen zwischen den Sektoren infolge der Vernetzung, die den Strategen im BMI Kopfzerbrechen bereiten. In den schlimmsten Szenarien könne im Wege eines Dominoeffekts der Ausfall einer Infrastruktur zum Ausfall einer weiteren führen, die ihrerseits aber wieder Voraussetzung zur störungsfreien Funktion der zuerst ausgefallenen Infrastruktur sei.

Ideologische Energiewende könnte auch zum Sicherheitsproblem werden

Eine besondere hohe Abhängigkeit bestehe beispielsweise in Bereichen wie der Stromversorgung oder der Informations- und Telekommunikationssysteme. Sind sie betroffen, hat das potenziell auf andere Bereiche wie Wasserversorgung, Gesundheitswesen, Lebensmittelversorgung und vieles mehr Auswirkungen. Energiesysteme werden künftig auch noch zunehmend mit Informationstechnik vernetzt und sollen im Rahmen intelligenter Stromnetze funktionieren.

Diese müssen jedoch nicht nur vor Hackerangriffen geschützt werden, sondern auch durch potenzielle Folgen ideologischer Experimente vonseiten der Politik. Kritiker der „Energiewende“ in Deutschland weisen darauf hin, dass die Stabilität der deutschen Netze geringer wird und die Abhängigkeit von ausländischen Lieferungen höher.

Die Voraussetzungen zur Gewährleistung einer jederzeitigen Stromversorgung könnten sich infolge des geplanten Kohleausstiegs erheblich verschlechtern. Da Deutschland und die EU zudem auch auf andere Mitgliedsländer der Staatengemeinschaft Druck ausüben, traditionelle Energieträger zugunsten volatiler Wind- oder Solaranlagen abzuschaffen, könnte es nicht nur teurer, sondern zudem auch noch unsicherer werden, fehlende Kapazitäten durch Importe aus dem Ausland zu kompensieren, fürchten Beobachter wie „Welt“-Wirtschaftsredakteur Daniel Wetzel.



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