Tom Lausen: Arbeitsunfähigkeit nach Corona-Impfung höher als nach Infektion

Corona-Zahlen, Krankheitstage, Nebenwirkungen nach Impfungen: Der Datenexperte Tom Lausen setzt diese Zahlen nicht nur ins richtige Verhältnis, sondern beantwortete vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestags auch im Raum stehende Fragen der Abgeordneten.
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Tom Lausen.Foto: Lausen / Getty Images
Von 16. März 2022

Am 16. März debattiert der Bundestag über geplante Änderungen zum Infektionsschutzgesetz. Dem ging eine Anhörung im Gesundheitsausschuss voraus. In einer rund eineinhalbstündigen Sitzung standen den Bundestagsabgeordneten am 14. März unterschiedliche Experten Rede und Antwort. Unter ihnen waren auch der Datenanalyst Tom Lausen und der Virologe Professor Dr. Henrik Streeck, der zugleich im sogenannten Corona-Expertenrat der Regierung sitzt.

Einer Frage, der die Ausschussmitglieder nachgingen, betraf die Corona-Situation in Krankenhäusern sowie Impfnebenwirkungen. Auf Nachfrage des AfD-Abgeordneten Martin Sichert kam der Datenanalyst Tom Lausen zu Wort.  Gemeinsam mit 60 weiteren Datenexperten hatte dieser in der Vergangenheit die Belegungsdaten der Krankenhäuser unter die Lupe genommen. Dabei verwies er auf die öffentlich zugänglichen Daten des Instituts für Entgeltsysteme der Krankenhäuser (InEK).

Bei ihrer Analyse kamen die Datenexperten zu dem Ergebnis, dass in den letzten zwei Jahren aufgrund der Maßnahmen und Pandemiebegleitung der Regierung fünf Millionen Menschen weniger in Krankenhäusern behandelt wurden. Von einer Überlastung des Gesundheitssystems könne daher keine Rede sein.

Im Jahr 2020 waren von 16,7 Millionen gemeldeten Krankenhausfällen lediglich 111.000 Corona-Patienten; im Jahr 2021 stieg die Anzahl auf 267.000, was allerdings trotzdem nur 1,6 Prozent aller Krankenhausfälle ausmachte.

Pro Woche würden etwa 300.000 bis 350.000 Patienten wöchentlich in deutschen Krankenhäusern hospitalisiert, erklärte Lausen. Er hatte sich daran gestört, dass die veröffentlichten Corona-Zahlen keiner Vergleichsgröße zugeordnet werden. In der Ausschusssitzung holte er dies nach.

Laut Robert Koch-Institut seien von den bis zu 350.000 Krankenhausfällen in der 8. Kalenderwoche lediglich 8.330 COVID-Fälle gewesen. Und diese seien nicht nur auf Corona-Erkrankungen, sondern auch auf positive Corona-Tests zurückzuführen. Trotz sehr hoher Infektionszahlen ergebe sich keine erhöhte Hospitalisierung, stellte Lausen klar.

Erhöhte Arbeitsunfähigkeit infolge COVID-Impfung

Eine an den GKV-Spitzenverband gestellte Frage nach der Arbeitsunfähigkeit infolge einer COVID-Erkrankung sowie nach durchgeführter Corona-Impfung konnte deren Vorstandsvorsitzende Dr. Doris Pfeiffer nicht beantworten. Dazu lägen keine aktuellen Auswertungen vor, hieß es. Lausen hingegen lieferte dazu die gewünschten Zahlen.

Aufgrund einer Auswertung der Daten von 10,9 Millionen BKK-Versicherten ist die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage nach der Impfung demnach deutlich gestiegen. Während Ärzte Patienten mit einer Corona-Diagnose (ICD-Code U07.1) insgesamt 374.000 Krankentage verschrieben, waren es infolge von Impfungen 383.170 Tage – also rund 9.000 Tage mehr. Diese Zahlen betrafen jedoch lediglich das erste Halbjahr sowie anteilig das dritte Quartal 2021.

Aus den InEK-Daten ergaben sich im Jahr 2021 allein 23.000 schwerwiegende Fälle, die Ärzte mit der Diagnose Impfnebenwirkung im Krankenhaus behandelten. Darüber hinaus kamen 3.000 Fälle mit einer ärztlich diagnostizierten Impfnebenwirkung auf die Intensivstation. 282 Patienten starben. Im Hinblick auf die anstehende Debatte zur Impfpflicht forderte der Datenexperte daher im Gesundheitsausschuss, die Datenlage genauestens zu analysieren und sorgsam abzuwägen.

Streeck: Klare Definition für Hotspot-Regel fehlt

Die FDP-Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus wollte von dem Virologen Professor Dr. Hendrik Streeck wissen, ob die im Gesetzentwurf enthaltenen Maßnahmen sachgerecht und zielführend sind. Hierzu gehört unter anderem eine neu formulierte Hotspot-Regel.

Streeck forderte eine Nachbesserung bei den Entscheidungskriterien, wann die im Gesetz geplante sogenannte Hotspot-Regel zum Tragen kommen. Auch Rechtsexperten hatten zuvor auf diesen Punkt hingewiesen. Aktuell soll die Hotspot-Regel an der Pathogenität der Corona-Varianten – also der Fähigkeit, eine Krankheit zu erzeugen – und der Krankenhauskapazität festgemacht werden.

Der Virologe gab dabei zu bedenken, dass einige Zeit vergeht, bevor nähere Informationen zur Eigenschaft der Corona-Varianten vorliegen. Aus der Vergangenheit wisse man, dass die Pathogenität eher über- als unterschätzt wird. Insoweit sieht der Virologe die Gefahr einer Überreaktion, sobald eine neue Variante auftritt.

Ich halte eben nicht sehr viel davon, dass man immer den Teufel an die Wand malt und mit neuen Szenarien spielt, von denen wir nichts kennen“, sagte Streeck.

In Einrichtungen, in denen vulnerable Gruppen leben, ergibt es in seinen Augen Sinn, besondere Schutzvorkehrungen zu treffen. Durch Corona-Tests könne man hier nicht nur die Einschleppung des Virus, sondern auch die Übertragung innerhalb der Bewohner senken. Schwere Verläufe könne man sodann durch präventive Gabe von antiviralen Mitteln nach Feststellung einer Infektion vermeiden.

Überraschend fand Streeck, dass dieselben Maßnahmen wie in den Pflegeheimen laut Gesetzentwurf auch in Kindergärten und Schulen gelten sollen, zumal in dieser Altersgruppe eine Omikron-Infektion noch milder verlaufe. „Um es deutlich zu sagen: Das Risiko für einen schweren Verlauf haben vor allem ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen“, so Streeck.

Sinkende Infektionszahlen bei steigenden Temperaturen

Streeck geht davon aus, dass die Infektionszahlen mit zunehmend besserem Wetter bei höheren UV-Strahlen und steigenden Temperaturen abnehmen werden. Dieser saisonale Effekt sei schon in den Vorjahren auch bei anderen Atemwegserkrankungen feststellbar gewesen. Insoweit plädiert der Virologe für „besonnene“ Maßnahmen. Man müsse sich von den Maßnahmen trennen, von denen man nicht wisse, ob sie zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitragen.

Es gibt keinen klaren wissenschaftlichen Beweis von den Wirkungen von 2G, 3G-Regeln, Lockdowns und Ausgangssperren“, so Streeck.

Das bedeute nicht, dass die Maßnahmen nicht wirken. Aber der Beweis einer Wirksamkeit liege nicht vor oder sei fraglich, beispielsweise weil Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen. Bezüglich des Maskentragens lägen diese Nachweise laut Streeck vor. Daher begrüßte er die Option, dass die Maskenpflicht in der neuen Gesetzesfassung bei erhöhtem Infektionsgeschehen weiterhin bestehe. Zudem sprach er sich für die gesetzlich vorgesehenen flexiblen, hotspotbezogenen Maßnahmen aus – „nämlich dann, wenn eine Überbelastung des Gesundheitswesens droht“.

Streeck rechnet auch in den kommenden Wintern immer wieder mit Corona-Wellen. Aus diesem Grund sollten Testungen auf symptomatische Fälle beschränkt werden, wie es der Corona-Expertenrat bereits in seiner sechsten Stellungnahme vom 13. Februar 2022 empfohlen hat. Ein Arzt würde auch nicht anlasslos testen, sondern nur, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt. In der Regel seien dies Symptome. Anlasslose Tests könnten außerdem zu einer Verzerrung der Meldeinzidenz führen.

Streeck wirbt für Antikörperanerkennung für Genesenenstatus

Als Arzt, so Streeck, ist es ihm nicht wichtig, wie eine Person ihren Schutz vor einem schweren Verlauf erreicht, sondern ob sie geschützt ist. „Jemand, der eine Infektion durchgemacht hat und bei dem man Antikörper nachweisen kann, hat einen vergleichbaren Schutz vor einem schweren Verlauf wie jemand, der geimpft ist.“ Wer Antikörper hat, besitze eine Grundimmunität.

Streeck kritisierte, dass ein Impf- und Genesenenstatus gesetzlich verankert werden soll, der nicht im Einklang mit anderen europäischen Ländern steht. Gerade im Hinblick auf die ukrainischen Flüchtlinge, die mit einem von der WHO zugelassenen, aber in Deutschland nicht anerkannten Impfstoff geimpft sind, wünscht er sich Pragmatismus. Insoweit empfiehlt er die Zulassung von Antikörpernachweisen zur Anerkennung eines Genesenenstatus.

Für die zukünftige Betrachtung des Infektionsgeschehens regt Streeck Abwasseruntersuchungen an, wie sie in anderen europäischen Ländern und deutschen Städten bereits durchgeführt werden. Auf diese Weise könnte man auch andere Erreger wie Influenza oder multiresistente Keime über die Pandemie hinaus beobachten.

Mit einer großangelegten Studie könne man die Sommermonate nutzen, um überhaupt zu erfahren, wer einen Immunschutz vor einem schweren Verlauf hat. Es gebe durchaus die Möglichkeit, dass eine dreifach geimpfte Person weniger Antikörper habe als jemand, der nicht geimpft ist.

Am 18. März 2022 soll nach einer weiteren Debatte im Bundestag über die geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes abgestimmt werden.

Hier geht es zum Gesetzentwurf.

Es folgt ein Auszug aus der Anhörung im Gesundheitsausschuss.

 

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