Rundfunkwahl – eine Lösung des Dilemmas von ARD & ZDF

Wohin würde die Abschaffung der Rundfunkgebühren und eine Staatsfinanzierung der öffentlichen Sender führen? Die Zukunft des Rundfunkbeitrages und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Wahl von Rundfunk – eine Lösung des Dilemmas von ARD & ZDF
Es wäre konsequent, Rundfunkteilnehmer über das, was sie bezahlen müssen, auch bei Grundsatzentscheidungen entscheiden zu lassen.Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Von 18. August 2022

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, also die ARD-Anstalten, das ZDF und Deutschlandradio befinden sich in einer Krise. Verdeutlicht wurde dies durch den Rücktritt der bisherigen ARD-Vorsitzenden Patricia Schlesinger. Das gab es noch nie in der über 70-jährigen Geschichte der ARD seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland.

Doch dies ist nur ein Symptom. Die Krise ist in Wahrheit länger und geht tiefer. Für die Beteiligten ist sie schmerzhaft und sie stecken in einem Dilemma, welches hier nicht nur aufgezeigt wird. Es wird auch eine Lösung dafür angeboten.

Zwickmühle Finanzierung

Die Krise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist eng mit dessen Finanzierung verknüpft. Die frühere Rundfunkgebühr war bereits Ende der 80er-Jahre umstritten, nachdem der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr DER Rundfunk war, sondern sich neben ihm der private Rundfunk etablierte. In der darauffolgenden Zeit, etwa ab der Jahrtausendwende, kamen mit dem Internet neue Verbreitungswege für die Inhalte der Radio- und TV-Programme hinzu.

Dies führte nicht nur auf technischer Ebene zu einer Konvergenz und löste die bisherige Frequenzknappheit auf. Gleichzeitig änderte sich das Nutzerverhalten. Parallel wurde das Angebot ausgebaut und der Finanzbedarf von ARD und ZDF stieg, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit den neuen Anforderungen der Bürger mithalten wollte.

Doch der Zwickmühle entkamen sie nicht, da mehr und mehr Bürger auf ARD und ZDF verzichteten, sich anderweitig informierten und nicht einsahen, warum sie überhaupt eine Rundfunkgebühr zu zahlen hatten. Auch in Fachkreisen kam man zur Feststellung einer Legitimationslücke für die Rundfunkgebühr.

Die Lenker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Ministerpräsidenten der Bundesländer beendeten die Koppelung der Gebührenzahlung an den Besitz eines Fernsehgerätes, weil praktisch jedes elektronische Empfangsgerät ein Rundfunkempfänger sein konnte. Sie schufen den Rundfunkbeitrag, der an einen Haushalt gekoppelt war. Diese Haushaltsabgabe ist ungerecht und wird in der Öffentlichkeit und der Fachpresse kritisiert.

Die öffentliche Meinung kontrollieren

So viel zur Geschichte der Krise. Dänemark hat vergangenes Jahr – und Frankreich vor Kurzem – die Rundfunkgebühren abgeschafft. Beschlossen wurde eine Staatsfinanzierung der öffentlichen Sender. Mancher meint, wir sollten in Deutschland das Gleiche tun. Doch wo führt das hin?

Medien haben Macht. Diktatoren wie in der DDR und Hitlerdeutschland nahmen Einfluss auf das Rundfunkprogramm, und auch in Demokratien ist das vorgekommen, siehe Berlusconi in Italien. Bei Revolutionen und Putschen werden stets zuerst die Rundfunksender besetzt, weil man damit die öffentliche Meinung kontrollieren kann.

In der Bundesrepublik Deutschland wurden deshalb von Anbeginn dezentral verteilte und vom Staat unabhängige Rundfunkanstalten eingerichtet, um eine Machtübernahme und zentrale Kontrolle zu erschweren. Der Rundfunk, wie wir ihn haben, dient also strukturell der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Er übt als vierte Gewalt eine Kontrollfunktion gegenüber den anderen drei Gewalten aus. Jene Medien sollen dem Bürger zuarbeiten, damit er sich mittels freier Meinungsbildung seinen freien politischen Willen bilden kann.

Was würde bei der Abschaffung von ARD und ZDF geschehen?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist kein Staatsbetrieb, das darf er von Verfassung wegen nicht sein, was das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung festgestellt hat. Eine Steuerfinanzierung wäre demnach verfassungswidrig. Sie wäre auch töricht, denn die Steuereinnahmen schwanken je nach Konjunkturlage und Parlamentsmehrheiten.

Wie kommt man aus diesem Dilemma? Brauchen wir überhaupt noch einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Es wäre doch verlockend, sich aus der Hauptfrage herauszuwinden, indem man ARD und ZDF abschafft.

Wer klug handelt, schaut sich das vom Ende her an. Die Folge der Abschaffung der Rundfunkbeiträge wäre das Ende des Volksrundfunks. Damit wäre aber nicht die fehlende Unparteilichkeit der Medien beseitigt, die eine wachsende Zahl der Menschen beklagt. Wir hätten dann vermutlich eine von privaten Konzernen beherrschte Medienlandschaft. Es würde der Shareholder-Value regieren, im schlimmsten Fall ausländische Konzerne. Auf jeden Fall parteiisch.

Werbung überall zu jeder Stunde oder Zugangsbeschränkung – wichtige Informationen nur gegen teures Geld – wären die Konsequenz. Das dient weder den Interessen der Medienschaffenden noch den Rundfunkteilnehmern. Diese Lösung wäre also undemokratisch.

Fünf Vorschläge

Es ist also nach einer besseren, demokratischen Lösung Ausschau zu halten. Was sollte die Lösung der Krise bieten?

Erstens: Die Verschwendung der Rundfunkbeiträge ist zu beenden. Maßnahmen zu einer durchgreifenden Reform sind folgende:

  • Die gegenwärtige Anzahl von öffentlich-rechtlichen Radio- und TV-Kanälen ist zu reduzieren.
  • Ein zweiter bundesweiter Fernsehsender neben der ARD ist entbehrlich. Der Verwaltungsapparat kann komplett eingespart werden, das Programm hingegen weiter von der ARD verwaltet werden. Es kann weiter ZDF heißen. Ein Bundessender, wie ihn der erste Kanzler Adenauer wollte, ist ohnehin vom BVerfG verboten.
  • Ein Deutschlandradio als Radiosender ist neben den ARD-Sendern ebenso entbehrlich, hat aber entsprechend dem ZDF als Programm eine Berechtigung in der Zukunft. Der Verwaltungsapparat wird eingespart.

Zweitens: Die Renten der Mitarbeiter sind nicht aus den Rundfunkbeiträgen der Rundfunkteilnehmer zu bezahlen. Die Altersversorgung hat die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zu übernehmen und die Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollten in die Rentenkasse der DRV einzahlen. Die Gründung eines berufsständischen Versorgungswerks ist alternativ möglich.

Drittens: Die Besetzung der Rundfunkräte und des ZDF-Fernsehrates ist der Parteienmacht zu entziehen. Regierungsvertreter, d. h. Vertreter der 2. Gewalt haben in Aufsichts- und Steuerungsgremien der 4. Gewalt nichts zu suchen. Staatsferne und geringe Regelungstiefe sind umzusetzen. Den Rundfunkanstalten ist volle Autonomie zuzubilligen.

Viertens: Die Rundfunkteilnehmer haben Rechte und diese sind in den Gesetzen sowie im Medienstaatsvertrag zu verankern. Die Rundfunkteilnehmer stärkt man, indem sie an Rundfunkwahlen teilnehmen und die Rundfunkräte wählen. Gewählte Vertreter haben die bisher entsandten Staatsvertreter zu ersetzen. Kandidaten sollen Fachkompetenz besitzen und in ihrer Gesamtheit die Vielfalt der Gesellschaft spiegeln. Minderheiten werden mit Schutzklauseln berücksichtigt. Als Praxisbeispiel dienen die Sozialwahlen, also Wahlen von Bürgern außerhalb des eigentlichen Staates, aber innerhalb der verfassungsgemäßen Gesellschaft für bestimmte Aufgaben.

Fünftens: Die Rundfunkteilnehmer üben die Kontrolle über die Rundfunkbeiträge aus. Die Stärkung der Rechte der Rundfunkteilnehmer ist schon zur Legitimierung des Rundfunkbeitrages notwendig. Dann obliegt die Kontrolle über das Budget der Rundfunkanstalten den gewählten Vertretern der Beitragszahler. Aus der Höhe des Haushalts und der Zahl der Rundfunkteilnehmer ermittelt sich der Rundfunkbeitrag. Der Rundfunkbeitrag wird deutlich sinken, wenn die vier oben genannten Punkte erfüllt sind.

Wer bezahlt, sollte entscheiden

Es bedarf also einer Lösung im positiven Sinn. Wer zahlt, schafft an, heißt es im Volksmund. In der Rechtsordnung ist der Leistungs- und Gegenleistungsgrundsatz verankert, zumal für Beiträge. Daraus leiten sich Rechte der Beitragszahler ab.

Der Verzicht auf Werbeeinnahmen ist nicht zwingend, um Rundfunkbeiträge zu legitimieren. Es könnte von den Rundfunkteilnehmern beschlossen werden, erhöht freilich die Abhängigkeit von Beiträgen. Ferner sinkt das finanzielle Volumen, über welches die öffentlich-rechtlichen Sender verfügen können.

Die Lösung der Krise ist also in der Demokratisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu finden.

Daher ist es konsequent, die Rundfunkteilnehmer demokratische Grundentscheidungen unmittelbar und mehrheitlich treffen zu lassen. Die Rundfunk-Wahl ist die Lösung, die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern – der auch zukünftig ein Gegengewicht zu den privaten Medienkonzernen bildet.

Über den Autor:

Dr. Harald von Herget (59), Rechtsanwalt, ist in München geboren, studierte Politikwissenschaft und Jura und promovierte 2004 über „Rundfunk und Grundgesetz – Die Auswirkungen der Digitalisierung elektronischer Massenmedien auf den Rundfunkbegriff und die Folgen für die Rundfunkhoheit und die Rundfunkordnung in Deutschland und Europa“. Weitere informationen auf seiner Webseite www.vonherget.ch.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 57, vom 13. August 2022.



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