Frankreichs Polizei darf Gummigeschosse gegen „Gelbwesten“ einsetzen

Der Pariser Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht urteilte, das Gewaltrisiko bei den Protesten mache den Einsatz der Hartgummi-Munition notwendig. Der Staatsrat gab damit der Regierung Recht. 
Titelbild
Jerome Rodrigues (L) und Eric Drouet (R), zwei der Hauptfiguren der Bewegung "Gelbe Westen" (Gilets jaunes), und Antonio (C), der sagt, dass er durch eine GLI-F4 Tränengas- und Betäubungsgranate schwer verletzt wurde, bei einer Pressekonferenz am 30. Januar 2019 in Paris.Foto: BERTRAND GUAY/AFP/Getty Images
Epoch Times1. Februar 2019

Bei den erwarteten „Gelbwesten“-Protesten am Samstag darf die französische Polizei umstrittene Gummigeschosse einsetzen. Der Pariser Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht urteilte am Freitag, die Gewalt bei den Protesten mache den Einsatz der Hartgummi-Munition notwendig, obwohl sie schwere Verletzungen verursacht. „Gelbwesten“ und Menschenrechtler äußerten Unverständnis über die Entscheidung. Die Aktivisten wollen am zwölften Protest-Samstag in Folge erneut gegen Polizeigewalt demonstrieren.

Der Staatsrat erklärte, die hohe Gewaltbereitschaft der Demonstranten und das Ausmaß der Zerstörungen machten es „notwendig, den Sicherheitskräften den Einsatz der Waffen zu erlauben“. Das Gremium wies damit eine Beschwerde der Menschenrechtsliga LDH und der Gewerkschaft CGT ab. Sie hatten die Waffen als „gefährlich“ bezeichnet und ein Verbot im Eilverfahren gefordert. Beide zeigten sich „äußerst enttäuscht“ und kündigten Rechtsmittel an.

Der „Gelbwesten“-Aktivist Jérôme Rodrigues nannte die Entscheidung des Staatsrats „unverständlich“ und „unverantwortlich“. „Ich bin traurig und wütend“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. „Menschen werden verstümmelt.“

Rodrigues war bei der Pariser Kundgebung vergangene Woche schwer am rechten Auge verletzt worden und führt dies auf den Einsatz von Gummigeschossen zurück. Das Innenministerium bestreitet diese Darstellung, obwohl Videoaufnahmen die Angaben Rodrigues‘ zu bestätigen scheinen.

Mittlerweile über 1900 Verletzte bei den Protesten

Bei neuen Demonstrationen am Samstag wollen die „Gelbwesten“ an die insgesamt mehr als 1900 Menschen erinnern, die im Laufe der Proteste verletzt wurden. Zu der Hauptkundgebung im südfranzösischen Valence werden tausende Menschen erwartet. Auch in Paris und anderen Städten sind Proteste zu erwarten.

Nach Angaben eines Polizei-Mitarbeiters laufen bereits in mehr als 110 Fällen interne Ermittlungen, ob Beamte übermäßige Gewalt einsetzten. Mindestens 36 dieser Untersuchungen betreffen demnach den Gebrauch von Gummigeschossen.

Die Aktivisten werfen der Polizei Regelverstöße vor: Sie ziele auf die Köpfe der Demonstranten und nicht wie vorgeschrieben auf Körper oder Beine. Zudem setze sie die Gummimunition nicht nur zum Selbstschutz ein.

Die Regierung räumt vier schwere Augen-Verletzungen ein, der unabhängige Journalist David Dufresne und eine Aktivistengruppe haben dagegen 20 gezählt. Sie veröffentlichten zahlreiche Fotos und Videos mutmaßlicher Opfer von Polizeigewalt in den sozialen Netzwerken.

Auch Hand- und Schockgranaten werden gegen die „Gelbwesten“ eingesetzt

Neben Gummigeschossen sind in Frankreich unter anderem auch Handgranaten mit Tränengas und Schockgranaten in die Kritik geraten, die in Deutschland und anderen EU-Ländern ebenfalls nicht gegen Demonstranten eingesetzt werden. Nach einem Bericht des französischen Bürgerrechtsbeauftragten ist „Frankreich das einzige europäische Land, das weiter Explosiv-Munition“ bei Protesten einsetzt.

Unterdessen kündigten weitere „Gelbwesten“-Vertreter die Gründung einer Liste für die Europawahl an. Auf der Liste des 42-jährigen Aktivisten Thierry Paul Valette aus dem Verwaltungsbezirk Calvados stehen nach seinen Angaben bisher zehn Namen, 79 sind für die Europawahl erforderlich.

Vergangene Woche hatte bereits eine „Gelbwesten“-Gruppe um die Krankenpflegerin Ingrid Levavasseur eine Liste aufgestellt, eine dritte ist in Vorbereitung. Nach Umfragen würde eine solche Liste bei der Europawahl Ende Mai insbesondere der Opposition Stimmen streitig machen. Dies könnte ausgerechnet Präsident Emmanuel Macron nützen, dessen Rücktritt die „Gelbwesten“ fordern.  (afp)



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