„Chaos pur“ bei Aufgabenvergabe – Von der Leyen stellt ihre Mannschaft vor

Die Vergabe der Aufgabenbereiche in der neuen EU-Kommission ist abgeschlossen. Bis zuletzt hat es offenbar Nachforderungen einiger Mitgliedstaaten und Kommissare gegeben.
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EU-Kommissarin Ursula von der Leyen hat ihre Wahl bekanntgegeben. KENZO TRIBOUILLARD/AFP/Getty Images
Epoch Times10. September 2019

Die schwierigen Verhandlungen über die Vergabe der Aufgabenbereiche in der neuen EU-Kommission sind abgeschlossen. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus informierten Kreisen. Die künftigen Kommissare waren wenige Stunden vor einer Pressekonferenz der künftigen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aber noch immer nicht über die endgültige Zuteilung ihrer Ressorts informiert. Grund für die Verzögerung waren offenbar Nachforderungen einiger Mitgliedstaaten und Kommissare.

In der Kommission habe „Chaos pur“ geherrscht, hieß es von einer Quelle am Montagabend. Es habe bis zuletzt Verschiebungen bei den Fachressorts gegeben.

Wir kennen noch immer nicht unsere Fachbereiche“, sagte ein hochrangiger Vertreter eines Mitgliedstaates am Dienstagmorgen. „Wir wissen, dass unser Kandidat der Kommission angehören wird, aber mehr nicht.“

Probleme bereiteten den Angaben zufolge unter anderem die osteuropäischen Visegrad-Staaten. Diese hätten Nachforderungen gestellt, hieß es. Von der Leyen habe versucht, ihnen mit der Zusage von Vizepräsidenten-Posten entgegenzukommen. Diese hätten aber in der neuen Kommission nur rein koordinierende Funktion und keinen direkten Zugriff auf die Generaldirektionen der einzelnen Fachbereiche.

Inzwischen steht die Wahl der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jedoch fest. Die Aufgaben wurden an ihrer Kommissare für die kommenden fünf Jahre verteilt. Eine Priorität ist dabei die Klimapolitik, wie von der Leyen am Dienstag in Brüssel sagte.

„Ich möchte eine Kommission, die mit Entschlossenheit geführt wird, die sich auf die akuten Probleme konzentriert und Antworten liefert“, sagte von der Leyen. Sie wolle „eine geopolitische Kommission“, die sich „für eine nachhaltige Politik einsetzt“. Die EU müsse dabei auch „Hüterin des Multilateralismus“ sein.

Und so sieht die Besetzung der EU-Kommission aus:

PRÄSIDENTIN

DEUTSCHLAND: Ursula von der Leyen

GESCHÄFTSFÜHRENDE VIZE-PRÄSIDENTEN

DÄNEMARK: Margrethe Vestager (Wettbewerb und Digitales)

LETTLAND: Valdis Dombrovskis (Wirtschaft, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion)

NIEDERLANDE: Frans Timmermans (Klimapolitik)

WEITERE VIZE-PRÄSIDENTEN

GRIECHENLAND: Margaritis Schinas (Schutz dessen, „was Europa ausmacht“)

KROATIEN: Dubravka Suica (Demokratie und Demografie)

SLOWAKEI: Maros Sefcovic (interinstitutionelle Beziehungen)

SPANIEN: Josep Borrell (EU-Außenbeauftrager)

TSCHECHIEN: Vera Jourova (Werte und Transparenz)

EINFACHE KOMMISSARE

BELGIEN: Didier Reynders (Justiz und Rechtsstaatlichkeit)

BULGARIEN: Mariya Gabriel (Innovation und Jugend)

ESTLAND: Kadri Simson (Energie)

FINNLAND: Jutta Urpilainen (internationale Partnerschaften)

FRANKREICH: Sylvie Goulard (Industriepolitik, Binnenmarkt und Verteidigungsindustrie)

IRLAND: Phil Hogan (Handel)

ITALIEN: Paolo Gentiloni (Wirtschaft)

LITAUEN: Virginijus Sinkevicius (Umwelt)

LUXEMBURG: Nicolas Schmit (Beschäftigung)

MALTA: Helena Dalli (Bürgerrechte und Gleichstellung)

ÖSTERREICH: Johannes Hahn (EU-Haushalt und Verwaltung)

POLEN: Janusz Wojciechoski (Landwirtschaft)

PORTUGAL: Elisa Ferreira (Kohäsion und Reformen)

RUMÄNIEN: Rovana Plumb (Verkehr)

SLOWENIEN: Janez Lenarcic (Krisenmanagement)

SCHWEDEN: Ylva Johansson (Inneres)

UNGARN: Laszlo Trocsanyi (Erweiterung)

ZYPERN: Stella Kyriakidou (Gesundheit)

Sonderfall Großbritannien

Bei einer Verschiebung des Brexit muss auch Großbritannien einen Kommissar stellen. Dies sähen die Regeln des EU-Vertrages vor, sagte die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in Brüssel. Nun müsse abgewartet werden, was in Großbritannien bis zum Amtsantritt ihrer EU-Kommission am 1. November passiere. Sollte es einen britischen Kommissar geben, werde dieser auch einen Fachbereich in der Kommission bekommen.

Sollte es zum Brexit kommen, werde dies „nicht das Ende von etwas sein, sondern der Beginn einer künftigen Beziehung“, sagte von der Leyen weiter. Sie ernannte den Iren Phil Hogan als Kommissar für Handelsfragen, dessen Land durch den Brexit besonders betroffen wäre. Er müsste nach einem EU-Austritt Großbritanniens auch ein Handelsabkommen mit London aushandeln.

Die EU-Kommission mit mehr als 30.000 Mitarbeitern, schlägt Gesetze für die Staatengemeinschaft vor und überwacht deren Einhaltung. In der EU-Kommission stellt jeder Mitgliedstaat einen Kommissar. Von der Leyens Team werden mit 14 Männern und 13 Frauen erstmals fast 50 Prozent Frauen angehören.

Ab Ende September müssen sich die Kommissarskandidaten Anhörungen in den Fachausschüssen im Europaparlament stellen. Damit die Kommission am 1. November ihr Amt antreten kann, muss das Parlament sie noch als Ganzes billigen.

Amtsanwärter in Kritik

Bereits im Vorfeld wurde Kritik an einigen Kandidaten laut. An dem 63-jährigen Ungarn  Laszlo Trocsanyi wurde laut „NZZ“ bemängelt, dass er die umstrittene und inzwischen gestoppte Justizreform mitgetragen hatte. Trocsanyi war bis Juni Ungarns Justizminister.

Gegen Janusz Wojciechowski ermittelt derzeit die europäische Antibetrugsbehörde Olaf. Dem Polen werden angebliche Unregelmäßigkeiten bei der Erstattung von Reisekosten vorgeworfen. Gegenüber dem „Spiegel“ räumt der Pole ein, er habe für den Zeitraum 2009 bis 2011 „auf eigene Initiative“ 11.250 Euro für „nicht ausreichend dokumentierte“ Reisekosten erstattet. Die Olaf-Ermittlungen beziehen sich laut „Spiegel“ jedoch auf weitere Vorgänge.

Die Französin Sylvie Goulard, hatte im Zusammenhang mit einer Affäre um die Scheinbeschäftigung eines Assistenten auf Kosten des Europaparlaments 45.000 Euro zurückgezahlt. Diese Summe entspreche den Forderungen des EU-Parlaments, teilten Vertraute der früheren Europaabgeordneten am Freitag mit. Sie bestätigten damit einen Bericht des Magazins „Le Point“.  Die Rückzahlung decke das Gehalt und die Ausgaben ihres Assistenten Stéphane Thérou für die Zeit zwischen Juli 2014 und Ende Februar 2015, hieß es aus informierten Kreisen. Demnach gibt es keinen Nachweis dafür, dass Thérou in diesem Zeitraum als Assistent für Goulard im EU-Parlament tätig war.

Der Romänin Rovana Plumb wird laut „Spiegel“  Amtsmissbrauch vorgeworfen. (afp/dts/dpa/sua)



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