Wagenknecht-Partei: Ex-Linken-Chef würde beitreten

Seit Monaten hält sich die prominente Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht die Option offen, eine neue Partei zu gründen. Isoliert ist sie dabei nicht. Mit einem ehemaligen Parteivorsitzenden der Linken erhält sie nun öffentlich Unterstützung. Er würde mit zur neuen Wagenknecht-Partei wechseln.
«Ich beklage, dass wir uns nicht einig sind, dass wir diese Sanktionen im wirtschaftlichen Bereich gegen Russland beenden müssen»: Klaus Ernst.
Ex-Parteichef Klaus Ernst kann sich einen Beitritt in die Wagenknecht-Partei vorstellen.Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Von 18. Juli 2023

Der Konflikt zwischen dem Parteivorstand und der ehemaligen Linken-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht tobt seit vielen Wochen: Kommt die Wagenknecht-Partei oder kommt sie nicht? Das fragen sich viele Menschen.

Sollte Sahra Wagenknecht ihre schon mehrmals öffentlich gemachten Pläne in die Tat umsetzen, hätte sie zumindest ein prominentes Parteimitglied: Der frühere Linken-Parteivorsitzende Klaus Ernst kann sich gut vorstellen, sich der Wagenknecht-Partei anzuschließen. „Wenn mit Sahra Wagenknecht eine neue linke Partei entsteht, werden sich ihr sicher viele Mitglieder und Mandatsträger anschließen“, sagte Ernst der „Münchner Abendzeitung“. „Auch ich kann mir gut vorstellen, einer solchen Partei beizutreten“, fügte er hinzu. Ernst ist im Moment Bundestagsabgeordneter seiner Partei und Vorsitzender des Ausschusses für Klimaschutz und Energie.

Themen der Linken hätten nichts mehr mit Lebenswirklichkeit zu tun

Eine neue Partei unter der Führung Wagenknechts könne, laut Ernst, auch viele ansprechen, welche die Linke bereits verlassen haben. Darüber hinaus sei so eine Partei auch „weit über das Linken-Spektrum hinaus für viele Wähler interessant“.

Der Gewerkschafter Klaus Ernst gehörte 2005 zu den Mitbegründern der WASG, die später mit der linken Partei PDS fusionierte. Bei der Bundestagswahl 2009 konnte die Linke 12 Prozent erzielen. Bei der letzten Bundestagswahl 2021 waren es dann nicht einmal fünf Prozent, die damals ihr Kreuz der Partei gaben. In der AZ verweist der Bundestagsabgeordnete aus Schweinfurt, dass 2009 noch jeder fünfte Arbeiter Linke wählte. Heute sei seine Partei für diese Wählergruppe jedoch „kaum noch wählbar“.

„Statt sich um die Interessen der einfachen Menschen zu kümmern, stellen wir Themen in den Vordergrund, die mit deren Lebenswirklichkeit kaum etwas zu tun haben.“, so Ernst. „Statt grüner sein zu wollen als die Grünen, gegen eine Automobilausstellung zu demonstrieren oder Leute von oben her zu behandeln, weil sie nicht gendern, sollten wir uns viel mehr um gute Arbeit, faire Löhne und ausreichende Renten kümmern“, schreibt der Linken-Politiker seiner Partei ins Stammbuch. Das alles wäre dann „der Job einer Partei mit Sahra Wagenknecht“.

Konflikt zwischen Parteispitze und Wagenknecht

Zwischen Wagenknecht und der Linken-Spitze gibt es seit Langem Konflikte. Schon 2018 stand die Linken-Politikerin in ihrer Partei unter Beschuss, nachdem sie damals die Bewegung „Aufstehen“ ins Leben gerufen hatte. Im Internet ging die Bewegung damals viral. In nur vier Wochen gelang es ihr, 100.000 Unterstützer zu bekommen. Nur im Leben außerhalb des Internets kam „Aufstehen“ nie wirklich an. Als Wagenknecht damals die Spitze verließ, war das Projekt schnell gescheitert. Die damalige Parteispitze der Linken warf Wagenknecht trotzdem vor, mit ihrer Bewegung eine Neugründung einer Partei vorzubereiten.

„‚Aufstehen‘ war ein Rohrkrepierer“, sagte der Politologe Benjamin Höhne der AZ. Für den Professor in Münster ist klar: „Wagenknecht gelang es nicht, eine kampagnenfähige Struktur zu schaffen.“

Diesen Fehler möchte die Politikerin nicht noch einmal machen. Deshalb lässt sie sich mit der Gründung einer neuen Partei Zeit. Wiederholt hatte sie in den letzten Monaten bekräftigt, Gespräche über eine Parteienneugründung zu führen. Über ihren Verbleib in der Linkspartei möchte sie aber erst am Jahresende entscheiden. In einem Interview mit „Welt“ gab Wagenknecht selbst zu: „Es braucht nicht nur populäre Köpfe, sondern auch gute Organisatoren und viele solide Mitstreiter.“

Im Juni brach der Parteivorstand der Linken mit Wagenknecht. Die Zukunft der Partei finde ohne Wagenknecht statt. Mit einem Parteibeschluss forderte er die Bundestagsabgeordnete und ihre Mitstreiter auf, ihre politischen Mandate aufzugeben. „Es ist ein Gebot des politischen Anstandes und der Fairness gegenüber den Mitgliedern unserer Partei, wenn diejenigen, die sich am Projekt einer konkurrierenden Partei beteiligen, konsequent sind und ihre Mandate zurückgeben“, heißt es im Beschluss.

Beschluss führt Partei in die Bedeutungslosigkeit

Damals kritisierte Klaus Ernst diesen Beschluss öffentlich. Zusammen mit seinem Fraktionskollegen Alexander Ulrich forderte er den Parteivorstand zu einem geschlossenen Rücktritt auf. Ernst und Ulrich beschuldigten den Linken-Vorstand um die beiden Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan, „die Partei mit diesem Beschluss zu spalten und in die Bedeutungslosigkeit zu führen“. Sie würden zerstören, „was andere aufgebaut haben“, lautete der Vorwurf. Ohne dass andere die Linke gegründet und vorangebracht hätten, wäre die heutige Führung nie in ihre Positionen gekommen.

„Sahra Wagenknecht soll auf keinen Fall ihr Mandat zurückgeben“, hieß es in der Stellungnahme von Ernst und Ulrich weiter. Sie spreche „für Millionen Menschen in der Bevölkerung und für Tausende Mitglieder an der Parteibasis, die sich von diesem Vorstand und seinem Kurs nicht mehr vertreten fühlen“, schrieben die beiden Bundestagsabgeordneten.



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