Wildhüter nutzen neue Software zum Schutz aussterbender Tierarten

Titelbild
Die Gesichter der Gorillas werden gezielt erfasst mit der neuen Software.Foto: Dr. Tobias Deschner – MPI EVA (2009), Taï Nationalpark
Epoch Times1. August 2011

Um vom Aussterben bedrohte Menschenaffen besser schützen zu können, erforschen Wildhüter die Gewohnheiten der verbliebenen Bestände. Das ist mühevolle Puzzlearbeit, denn die Tiere sind schwer auseinanderzuhalten. Eine neue Software verspricht Abhilfe: Sie analysiert die Affengesichter und ordnet sie einzelnen Tieren zu.

Die Bilder der Videofalle sind vielversprechend: Mehrmals ist ein kräftiger junger Gorilla zu sehen – auf einem Baum, beim Streifzug durch den Wald, an einer Futterstelle. Für den Parkmitarbeiter ein gutes Zeichen: Es deutet darauf hin, dass sich die Population in der Schutzzone erholt. Was er allerdings nicht weiß: Handelt es sich bei dem jungen Affen um ein und dasselbe Exemplar oder um verschiedene Männchen? Die Information, wie viele Tiere sich in einem Areal aufhalten, ist entscheidend, um die vom Aussterben bedrohten Arten effektiv schützen zu können. Die Parkmitarbeiter scheuen daher kaum einen Aufwand, um aussagekräftige Zahlen über die Population zu erhalten: Sie suchen Wälder nach Futter- und Sammelplätzen der Tiere ab, lesen Spuren und versuchen, diese bestimmten Individuen zuzuordnen. Darüber hinaus werten sie stundenlang Aufnahmen von Video- und Fotofallen aus – ein mühevolles und zeitaufwändiges Vorgehen, das zudem subjektiv und fehleranfällig ist.

Eine neue Software könnte den Wildhütern die Arbeit bald erleichtern: Sie durchsucht Fotos oder Videos nach Sequenzen, auf denen die Tiere zu sehen sind und ordnet die Bilder einzelnen Exemplaren zu. Wissenschaftler der Fraunhofer-Institute für Integrierte Schaltungen IIS und Digitale Medientechnologie IDMT sowie des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie entwickeln das Verfahren für die Software im Projekt SAISBECO gemeinsam.

„Zuerst wird das Bildmaterial nach Aufnahmen gefiltert, auf denen überhaupt Gesichter der Tiere zu sehen sind“, erklärt Alexander Loos vom IDMT in Ilmenau. Diesen Part übernimmt eine Detektions-Software, die Forscher am IIS in Erlangen entwickelt haben. Gesichter lassen sich damit auf Einzelbildern, aber auch auf Videostreams in Echtzeit detektieren. Loos und seine Kollegen entwickeln nun ein Modul, das die Gesichter den jeweiligen Individuen zuordnen soll. „Unsere Software analysiert mittels spezieller Algorithmen die Gesichter der Affen“, erklärt Loos. Bislang setzen die Wissenschaftler dazu Erkennungsalgorithmen ein, die zur Analyse das gesamte Gesicht nutzen. Bei einem Datenpool von 24 Schimpansen des Leipziger Zoos, den die Max-Planck-Forscher zusammengestellt haben, lag die Erkennungsrate bereits bei 83 Prozent.

Voraussetzung für die gute Trefferquote der Software ist die hohe Bildqualität der Fotos.  „Die Algorithmen sind stark von äußeren Einflüssen abhängig“, erklärt Loos. „Bei schlechter Beleuchtung oder wenn Gesichter  der Tiere teilweise verdeckt sind, sinken die Erkennungsraten schnell auf unter 60 Prozent“. Da es in freier Wildbahn ungleich schwerer ist, gute Aufnahmen zu bekommen, wollen die Ilmenauer Forscher jetzt noch weitere Algorithmen in die Software einfügen. Diese analysieren nicht das gesamte Gesicht der Tiere, sondern gezielt bestimmte biometrische Merkmale – etwa Augen, Nase oder Mund.

Die neue Software wertet auch Audiosignale aus und ordnet sie unterschiedlichen Laut-Typen – etwa dem „Trommeln“ oder Drohgeräuschen – zu. Zum einen lässt sich so das Sozialverhalten der Tiere erforschen, zum anderen können die Individuen schnell identifiziert werden, die Forscher müssen nicht mehr das gesamte Aufnahmematerial anhören. Im nächsten Schritt wollen die Forscher ihre Datensets noch vergrößern. Denn die Software „lernt“ bei der Auswertung: Je mehr Bilder eines Individuums ihr Datenpool enthält, desto besser werden die Erkennungsraten. Darüber hinaus soll das Verfahren um ein weiteres Modul ergänzt werden: Es erkennt automatisch, was der Affe gerade tut. Dies wäre vor allem für Studien zum Sozialverhalten der Tiere interessant. (rls)



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