Arbeitsminister Heil bekommt Gegenwind von der Wirtschaft

Immer mehr ältere Menschen werden in den kommenden Jahren aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Unternehmen werden diese Lücke schließen müssen. Keine leichte Aufgabe. Arbeitsminister Hubertus Heil fordert daher in Richtung Wirtschaft, Beschäftigte über 60 nicht zum „alten Eisen“ zu packen.
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Hubertus HeilFoto: über dts Nachrichtenagentur
Von 5. Januar 2023

Langsam geht die „Babyboomer-Generation“ in Rente. Gemeint sind damit diejenigen, die in den 1950er- und 1960er-Jahren geboren wurden. Das hat nicht nur großen Einfluss auf den Arbeitsmarkt.

Im Moment machen Rentner noch den kleinsten Teil in der Bevölkerung aus. In zehn bis 15 Jahren wird die Situation eine andere sein: Rentner stellen dann den größten Anteil in der Bevölkerung. Davon geht zumindest das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in seiner Prognose aus. Zugleich werden in Deutschland, nach Schätzungen des Statistischen Bundesamt, immer weniger Kinder geboren. Ein Teufelskreis: Der Stellenmarkt wird nicht kleiner. Der Fachkräftemangel wird sich also voraussichtlich verstärken.

Beschäftigte über 60 nicht zum „alten Eisen“ packen

Arbeitsminister Hubertus Heil fordert daher von Unternehmen, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer stärker in den Blick zu nehmen. Firmen sollen dafür sorgen, dass mehr Menschen bis zum regulären Renteneintrittsalter arbeiten. Am Dienstagabend forderte der SPD-Politiker im „heute journal“ des ZDF, dass Deutschland im Kampf gegen den Arbeits- und Fachkräftemangel „alle Potenziale voll ausschöpfen“ müsse. Unternehmen könnten es sich nicht mehr leisten, „Beschäftigte über 60 zum alten Eisen“ zu packen.

Fachkräftemangel kann Wachstumsbremse werden

Mehrmals hat Heil in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass der Fachkräftemangel zu einer Wachstumsbremse für die deutsche Wirtschaft zu werden droht. Dass viele Unternehmen heute Menschen über 60 nicht einstellen, sei eine Haltung, die sich Unternehmen heute nicht mehr leisten könnten. In den Firmen müsste man für altersgerechte Arbeitsplätze und Qualifizierung sorgen.

Arbeitsmarkt- und rentenpolitische Geisterfahrt beenden

Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), Dirk Pollert, machte darauf aufmerksam, dass Heils SPD eine Mitschuld an der jetzigen Situation trage.

„Die Forderungen von Bundesarbeitsminister Heil an die Adresse der Arbeitgeber, mehr und länger Ältere zu beschäftigen, klingt verdächtig nach einem ‚Haltet-den-Dieb“, so Pollert. Die von der SPD immer geforderte und Jahr 2014 höchstselbst eingeführte abschlagsfreie Rente mit 63 habe zu einer gigantischen Frühverrentungsbewegung geführt. Bisher hätten in Deutschland schon 2 Millionen Arbeitnehmer das Angebot einer Frühverrentung angenommen. „So wird unverantwortlicher Weise der Fachkräftemangel verstärkt und die jüngere Generation mit noch höheren Kosten belastet.“, so der Hauptgeschäftsführer des hessischen Unternehmerverbandes.

Diese „arbeitsmarkt- und rentenpolitische Geisterfahrt“ müsse beendet werden. Es sei gut und richtig, wenn Hubertus Heil jetzt auf die längere Beschäftigung älterer Menschen drängt. Der Minister solle aber dabei nicht aus dem Auge verlieren, dass die Bundesregierung mit der Abschaffung der abschlagsfreien Rente den entscheidenden Schlüssel selbst in der Hand halte.

Bei der Vorsitzenden der CDU/CSU-Mittelstandsunion, Gitta Connemann, stoßen die Äußerungen von Arbeitsminister Heil ebenfalls auf Unverständnis. Gegenüber der FAZ sprach Connemann am Mittwoch von einer „an Dreistigkeit kaum zu überbietender Schuldzuweisung“ an die Arbeitgeber. „Diese Unterstellung von Hubertus Heil schlägt dem Fass den Boden aus“, so Connemann weiter. „Nicht die Betriebe brauchen einen Mentalitätswandel, sondern der Arbeitsminister.“ Denn Heil und dessen Partei hätten in den vergangenen Jahren mit ihrer Rentenpolitik „alles daran gesetzt, Arbeit im Alter unattraktiv zu machen“.

Langzeitarbeitslose besser qualifizieren

Im Hinblick auf Langzeitarbeitslose sprach der Arbeitsminister von einem „verfestigten Sockel“. Zwei Drittel dieser Menschen hätten keinen Berufsabschluss. Mit dem Bürgergeld soll sich das laut Hubertus Heil ändern. Weiterbildung und das Nachholen eines Berufsabschlusses stünden nun im Mittelpunkt. Seit Jahresanfang folgt das Bürgergeld auf Hartz IV als neue Grundsicherung für Langzeitarbeitslose.

Ob das Bürgergeld allerdings am Ende Heils Erwartungen erfüllt, bleibt abzuwarten. Arbeitsmarkt-Experte, Eric Thode hatte noch im Oktober in einem Interview in der Onlineausgabe des „Focus“ zumindest Fragezeichen hinter diese Erwartungen gesetzt. Zwar sah Thode im Bürgergeld durchaus das Potenzial, dass Langzeitarbeitslose durch die angestrebte bessere Qualifikation wieder in Arbeit kommen. Jobcenter müssten dann aber auch das notwendige Budget für „sinnvolle Maßnahmen“ haben.

„Im Sommer gab es Meldungen, dass die Mittel, die es dafür bräuchte, eingeschränkt werden.“, so der Arbeitsmarkt-Experte. Wenn kein Budget für sinnvolle Qualifikationsmaßnahmen der Langzeitarbeitslosen vorhanden ist, könne es keinen Verbesserungseffekt geben.

Einwanderungsrecht nach kanadischem Vorbild

Weiter kündigte der Arbeitsminister ein „modernes Einwanderungsrecht“ mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild für Deutschland an.

1967 führte die kanadische Regierung ein Punktesystem für Zuwanderung ein. Es wurden Kriterien aufgestellt wie Ausbildung, die beruflichen Qualifikationen, die Sprachfähigkeit oder die Arbeitserfahrung.

Diese wurden dann in einem Punktesystem zusammengefasst. Je nach Qualifikationen und Erfahrungsstand erhalte jede Person eine bestimmte Punktzahl. Im Augenblick benötigt man 67 von 100 Punkten, um sich als Einwanderer nach Kanada zu qualifizieren.

Wie das Punktesystem für Deutschland konkret aussehen soll, dazu äußerte sich Heil im „heute-journal“ nicht.



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