Autobranche vor Mega-Jobabbau: Verlust von bis zu 160.000 Arbeitsplätzen

Vor fünf Jahren hatte Branchenexperte Stefan Bratzel einen möglichen Jobverlust in sechsstelliger Höhe in der Autoindustrie und bei Zulieferern angekündigt. Grund sei die sogenannte Transformation zur E-Mobilität. Nun könnte der Zeitpunkt gekommen sein, da sich die Vorhersage erfüllt.
Die Autoindustrie ist ein wichtiger Pfeiler der deutschen Wirtschaft. Bei einer Abkehr der EU von China könnte sie stark darunter leiden.
Die Autoindustrie ist ein wichtiger Pfeiler der deutschen Wirtschaft. Bei einer Abkehr der EU von China könnte sie stark darunter leiden.Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa
Von 23. Februar 2024


Meldungen über Werksschließungen oder Standortverlagerungen gehören seit einiger Zeit in Deutschland zur täglichen Normalität. Hohe Energiekosten, Auftragsrückgänge, hohe Steuern und Bürokratie gehören zu den häufigsten Gründen, die dafür angeführt werden. Besonders auffällig sind jedoch die diesbezüglichen Nachrichten, die sich auf die Autoindustrie und die Zulieferer beziehen. In diesem Bereich fielen besonders viele Jobs innerhalb kurzer Zeit weg.

Zulieferer noch stärker betroffen als Autoindustrie selbst

VW hat etwa massive Einsparungen im Bereich der Verwaltung angekündigt. Die Rede ist von vorerst 8.000 Jobs, die wegfallen sollen. Allerdings könnte das erst ein Anfang gewesen sein. Endgültige Zahlen hat die Konzernleitung in Wolfsburg bisher nicht genannt. Mercedes und Porsche wollen ebenfalls Stellen abbauen – wenn auch vorerst in geringerem Umfang.

Die Autoindustrie steht erst am Anfang größerer Erschütterungen. Bei den Zulieferern sieht es noch bitterer aus. Reifenhersteller Michelin beendet seine Reifenproduktion in Deutschland. Dadurch fallen 1.500 Vollzeitstellen weg. Continental schließt sein Werk in Gifhorn mit 450 Mitarbeitern, ab 2025 sollen infolge von Sparmaßnahmen sukzessive bis zu 5.500 Jobs wegfallen.

ZF steht vor Jobverlusten in der Größenordnung zwischen 5.000 und 10.000 Stellen. Bosch kündigt die Einsparung von 1.500 Arbeitsplätzen an. Goodyear wird 2025 sein Reifenwerk in Fulda schließen – was den Wegfall von 1.050 Jobs bedeutet.

„Rechnerischer Beschäftigungseffekt von minus 30 Prozent“

Während einige Unternehmen vorwiegend in Entwicklung, Verwaltung und Vertrieb einsparen, beenden andere ihre komplette Produktion. Dazu kommt das Ende von befristeten und Leiharbeitsverträgen. Die Strukturstudie Baden-Württemberg 2023 rechnet bis 2030 mit einem „Rückgang der Beschäftigung im Automobilcluster Baden-Württemberg um acht bis 14 Prozent“. Dies würde einem Verlust von 37.600 bis 66.000 Arbeitsplätzen entsprechen.

Es entspricht sogar einem Idealszenario, bei dem die Wertschöpfungsanteile der dortigen Standorte gesichert und die Standorte selbst erhalten bleiben. Käme es zum Ende des Verbrennungsmotors, würde damit ein rechnerischer Beschäftigungseffekt von minus 30 Prozent zu Buche schlagen.

Die sogenannte Transformation zur E-Mobilität sorgt nicht nur für Jobverluste, weil zur Herstellung von E-Autos nur ein Viertel der Bauteile benötigt werden, die für den Bau eines Verbrenners erforderlich sind. Deutschland war in diesem Sektor auch über Jahrzehnte hinweg ein international gefragter Hersteller. In der E-Mobilität gehört man hingegen zu den Nachzüglern.

Deutsche Autoindustrie dem Preiskampf mit China nicht gewachsen

Für Branchenexperte Stefan Bratzel von Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach kommt die Entwicklung nicht überraschend. Gegenüber der „Tagesschau“ erklärt er, es sei mit „bis zu 160.000 Jobs“ zu rechnen, die durch die „Transformation“ wegfielen. Diese Prognose habe man jedoch „auch schon vor fünf Jahren gestellt“.

Bratzel rechnet damit, dass sich der Trend 2024 verschärfen wird. Neben Tesla sind deutsche Hersteller von E-Autos mittlerweile auch auf dem Heimatmarkt der Konkurrenz durch chinesische Billiganbieter ausgesetzt, die hier vor wenigen Jahren noch vollkommen unbekannt waren.

Im Preiskampf werden die deutschen Anbieter gegen diese Konkurrenz auch nicht bestehen können, so Bratzel. China hat den direkten und kurzen Weg zu den Rohstoffen, die Produktionskosten sind gering – und das KP-Regime sorgt für die erforderliche Wettbewerbsverzerrung.

Die Chance liege lediglich in Qualität und Ausstattung, was Innovation voraussetze. Die Ladeleistung müsse besser sein, die Reichweite größer, zudem müsse Software ein wesentlicher Baustein der Wertschöpfung sein. Eine mögliche Marktlücke biete das autonome Fahren. Hier wäre es sinnvoll für die deutsche Autoindustrie, zu investieren. Allerdings ist dort weniger China der Hauptkonkurrent, sondern Elon Musk.



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