Baufinanzierer im Gespräch: Wird die Immobilienblase platzen?

Eine eigene Immobilie zu haben, bedeutet ein Stück Lebensqualität. Doch das ist es nicht allein. Seit Jahrzehnten hat man den Kauf einer Immobilie auch als rentable Geldanlage gesehen. Dieser Trend scheint nicht länger anzuhalten.
Einfamilienhäuser entstehen am Leipziger Stadtrand. Experten gehen wegen stark steigender Zinsen davon aus, dass es künftig mehr Zwangsversteigerungen geben wird.
Einfamilienhäuser entstehen am Leipziger Stadtrand. Experten gehen wegen stark steigender Zinsen davon aus, dass es künftig mehr Zwangsversteigerungen geben wird.Foto: Jan Woitas/dpa
Von 21. Oktober 2022

Wer derzeit eine Immobilie kaufen will, steht steigenden Zinsen und hohen Preisen gegenüber. Einen gewinnbringenden Verkauf in der Zukunft sehen Experten nicht mehr als gegeben an. Epoch Times befragte daher Finanzierungsberater Dominik Nehls, ob es sich noch lohnt, in eine eigene Immobilie zu investieren. Er arbeitet seit 2008 in der Baufinanzierung.

Herr Nehls, bisher gab es einen Boom von immer weiter steigenden Immobilienpreisen. Nun sinken die Preise, wie die Entwicklung vom Vonovia zeigt. Welche Folgen hat der Einbruch von dem großen Immobilienkonzern um -23 Prozent an der Börse?

Hier muss man sich zunächst einmal die Gründe für den Einbruch ansehen. Dies hängt natürlich mit den erhöhten Zinsen und den daraus gesunkenen Immobilienpreisen zusammen. Der Verschuldungsgrad des Unternehmens steigt und dementsprechend wird der Wert gemindert.

Folgen kann es für die Kreditinstitute geben, die mit der Vonovia Verträge geschlossen haben. Zu hohe Kreditzinsen und Raten könnten zu Zahlungsproblemen führen. Zum anderen kann es auch Folgen für die Mieter des Unternehmens haben. Einmal durch Mieterhöhungen, zum anderen durch Sanierungsstau. Mitunter wird Vonovia auch weitere Immobilien in den Verkauf bringen und dadurch Einfluss auf die Immobilienpreise nehmen. Hier bleibt es also spannend.

Ab 2023 sollen Vermieter je nach energetischem Zustand einer Immobilie bis zu 90 Prozent der Mehrkosten für die CO₂-Steuer übernehmen. Was bedeutet das für Mieter?

Dass viele Eigentümer Ihre Immobilien sanieren werden. Dies würde dann dazu führen, dass die Mieter mehr an den CO₂-Steuern beteiligt werden, dafür aber auch geringere Energiekosten haben. Aus meiner Sicht wird es hier für Mieter weniger Risiko geben.

Welche Folgen erwarten Sie durch die steigenden Zinsen und die höheren Kosten? Befürchten Sie ein Ende des Baubooms?

Es wird sich aus meiner Sicht einspielen müssen. Die Preise werden ein bisschen nachlassen. Der Bauboom wird auch ein bisschen weniger werden. Wenn ich als Bauträger kalkuliere, muss ich natürlich schauen, wie viel ich für eine Wohnung verlangen kann, damit ich in dem Fall noch Ertrag bekomme. Im Moment sehe ich, dass mehr Bestandsimmobilien gekauft werden, als klassischer Neubau finanziert wird. In Berlin hängt es auch damit zusammen, dass wir nicht die Flächen haben, um Neubau zu gestalten.

Im Allgemeinen hat die Inflation eine Wertminderung zur Folge. Glauben Sie, dass sich die Wertminderung auch auf Immobilien auswirken wird?

Ich glaube, dass auch Immobilien im Wert leicht fallen werden. Die derzeitigen hohen Wertigkeiten werden nachgeben. Aber ich glaube auch, dass Immobilien trotzdem eine werthaltige Anlage sind und immer einen Wert haben werden – die Nachfrage wird bleiben.

Sie drücken sich sehr vorsichtig aus, „die Preise werden ein bisschen nachlassen, der Bauboom wird ein bisschen weniger werden“. Andere sprechen davon, dass das „Betongold“ bröckelt und der Immobilienmarkt wegbricht. Wann ist Ihrer Meinung nach die Talsohle erreicht und geht es wieder aufwärts?

Ich gehe davon aus, dass die Preise in den nächsten ein bis zwei Jahren – je nach Region unterschiedlich stark – nachgeben werden. Dementsprechend glaube ich, dass in circa zwei Jahren die Talsohle erreicht ist. Und dann sollte es auch wieder nach oben gehen, wenn der Zinsmarkt stabiler ist.

Erben und Käufer von Bestandsimmobilien sind ab 2023 mit einer energetischen Sanierungspflicht konfrontiert. Bedeutet das, dass Omas Häuschen nicht geerbt werden kann, weil sich der Erbe die Sanierung nicht leisten kann?

Nein, das bedeutet, dass Käufer und Erben Sanierungen vornehmen müssen, die dazu führen, dass Sie ein energetisch besseres Gebäude erhalten. Dies hat in Anbetracht der Nutzungszeit zur Folge, dass einige Energiekosten auf die Jahre eingespart werden können. Und gerade in der jetzigen Zeit ist dies ein wichtiges Thema.

In China sind seit der großen Weltwirtschaftskrise 2008 die Preise von Immobilien jährlich gestiegen. Das größte Immobilien-Unternehmen „Country Garden“ hat einen Gewinnverlust von 70 Prozent verzeichnet. Ist auch in Deutschland zu erwarten, dass die Immobilienblase platzt?

Ich glaube nicht, dass die Immobilienblase platzt. Dafür sind Kredite und Projekte, die wir vergeben, deutlich besser abgesichert als in anderen Ländern. Wir haben Kreditrichtlinien, in denen auf viele Aspekte geachtet wird.

Vermutlich werden die Immobilienpreise leicht nachgeben. Ich glaube aber nicht, dass sie in den Boden fallen – aufgrund der Tatsache, dass die Nachfrage noch da ist. Wenn die Immobilie, die vorher 600.000 Euro gekostet hat, am Ende für 500.000 verkauft wird, ist trotzdem Nachfrage für Immobilien vorhanden. Von daher glaube ich nicht, dass wir ein Platzen der Immobilienblase sehen.

Wir werden auf alle Fälle eins erleben: Wir werden weniger Neubauten haben, weil sie für Bauträger aktuell ein sehr schwieriges Feld sind. Es kann dem einen oder anderen Bauträger passieren, dass er keine Projekte hat, die für ihn wirtschaftlich sind oder Gewinn erbringen, sodass er auf das richtige Projekt wartet. Daher machen sie vielleicht nicht mehr vier Projekte, sondern nur noch eins im Jahr.

Sie sind also trotz der Schwankungen weiterhin zuversichtlich?

Ich bin weiterhin zuversichtlich. Wie gesagt, wir werden am Markt eine andere Tendenz sehen. Wir werden auch mit Sicherheit Immobilienpreise sehen, die leicht nachgeben und dann wird sich das wieder auf einem guten Niveau einpegeln. Jeder, der in Lohn und Brot steht, hätte dann auch die Möglichkeit, wieder eine Immobilie zu kaufen.

Sie haben vorhin gesagt, in China haben wir nachgebende Preise – das sind auch immer Entscheidungen, die getroffen werden. Hier haben wir jetzt die Situation mit dem Krieg in der Ukraine. In England, beispielsweise in London, sind die Preise immer in den Himmel geschossen. Dann kam der Brexit und die Immobilienpreise purzelten. Das wird sich auch wieder einpegeln.

Es ist immer ein Auf und Ab. Das ist in Wirtschafts-Systemen so. Von daher glaube ich, dass wir jetzt gerade in einer „Down-Phase“ sind, die auch wieder nach oben gehen wird.

Würden Sie persönlich derzeit zum Kauf einer Immobilie raten?

Grundsätzlich rate ich dazu, eine Immobilie zu kaufen. Die Mieten werden nicht nachgeben und es ist sinnvoll, etwas zu kaufen, was man in der Zukunft hat. Wir müssen schauen, in welchem Zustand wir jetzt gerade sind.

Die Konditionen sind sehr hoch gegangen und die Auswahl der Möglichkeiten war geringer als die Käuferschicht. Jetzt wird sie kleiner, weil nicht mehr alle die Möglichkeit besitzen, eine Immobilie zu kaufen. Wir sehen aber auch, dass die Preise langsam nachgeben. Es ist ein Zwiespalt: Die Konditionen gehen hoch, die Raten werden teurer. Dementsprechend gehen aber auch die Preise ein bisschen runter. Von daher wird sich das einpendeln.

Würden Sie Immobilien als Wertanlage oder als Alternative zu den teuren Mietpreisen empfehlen?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder zahlt man für eine Dreizimmerwohnung 1.500 Euro, zieht irgendwann aus, hat aber von der gezahlten Miete nichts. Oder man zahlt 1.500 oder 2.000 Euro monatliche Rate an die Bank, hat aber den Gegenwert der Immobilie.

Das ist eine Anlageform, die man nicht aus den Augen verlieren sollte. Irgendwann hat man vielleicht die Situation, dass man in Rente geht oder die Wohnung verkauft, weil sie zu groß ist. Dann hat man entweder den Verkaufserlös oder kann mit der Rente in der Immobilie deutlich besser leben. Eine Immobilie ist von daher auch eine Anlage, bei der ich sage: „Was ist, wenn nicht?“.

Vielen Dank für das Gespräch.



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