Deutsche Bauern schlagen Alarm: EU-Mercosur-Abkommen zerstört nachhaltigste Landwirtschaft der Welt

Französische Ente, argentinisches Rind und polnische Pfifferlinge – wo sind die deutschen Produkte auf den Speisekarten im deutschen Bundestag? Nun geht es den deutschen Landwirten durch das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südamerika noch mehr an den Kragen.
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"Wir schaffen in Europa die nachhaltigste Landwirtschaft der Welt ab." Bauer Andresen warnt vor den Folgen des Freihandelsabkommens zwischen EU und Südamerika.Foto: iStock
Von 15. Juli 2019

Es ist Erntezeit. Doch nicht nur an der Ähre, sondern auch an der Ehre der deutschen Bauern wird derzeit mächtig gerüttelt. Einst waren sie die Ernährer des Volkes. Heute sind sie nur noch zweite Wahl, denn längst haben billige „Bioprodukte“ aus „ökologischer Erzeugung“ ihnen den Rang abgelaufen.

Das Mittag der Abgeordneten ist ein „Armutszeugnis“

Im Deutschen Bundestag herrscht Mangelernährung – in einigen Restaurants und Kantinen, in denen die Abgeordneten zu Mittag essen, mangelt es an einheimischen Produkten. Die FDP-Abgeordnete Carina Konrad schreibt in ihrem Facebookpost:

Wenn nicht einmal in den Restaurants des Deutschen Bundestages Wert darauf gelegt wird, Produkte von Erzeugern vor Ort zu beziehen, ist das ein echtes Armutszeugnis.“

Bereits seit dem 5. Juli tobt ein heißer Austausch rund um die Verpflegung unserer deutschen Abgeordneten auf ihrer Facebookseite. Sie brachte den Stein ins Rollen, indem sie die Wochenkarte des Jakob-Kaiser-Hauses, ein Restaurant des Deutschen Bundestages, postete. Statt einheimischer Produkte wurden dort französische Ente, irisches Lamm, argentinisches Rind, norwegischer Lachs und polnische Pfifferlinge angeboten.

Irgendwie sind alle am „Durchdrehen und Verrücktwerden“

Unverständnis auch bei den Landwirten. Thomas Andresen betreibt den Hof Barslund in Sillerup, Schleswig-Holstein, einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb in vierter Generation, gegründet 1911. Seine bewirtschaftete Fläche umfasst stolze 275 Hektar, davon 105 Hektar Silomais, 140 Hektar Grünland und 15 Hektar für die Gräservermehrung. Auf 15 Hektar ist Roggen angebaut. An zwei Standorten werden fast 400 Kühe gehalten sowie das weibliche Jungvieh. Dazu gibt es 40 Wasserbüffel.

Andresen sagt: „Irgendwie sind alle am Durchdrehen und Verrücktwerden.“

Auf Facebook machte er sich Luft:

Ist den Herren und Damen Bundestagsabgeordneten unser Fleisch nicht gut genug? Trauen sie vielleicht ihren eigenen Gesetzen nicht, die sie uns jeden Tag um die Ohren hauen, mit denen sie uns traktieren und in die Knie zwingen, damit wir nachhaltiger wirtschaften… Der Kunde ist König und wir machen, was ihr da draußen wollt. Aber verdammt nochmal, dann unterstützt uns gefälligst auch.“

Eine Rückmeldung von den Politikern erhielt Andresen bis heute nicht, sagte er gegenüber Epoch Times. Doch die Sache mit der Kantine ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Was mich vielmehr umtreibt, ist dieses Freihandelsabkommen. Man kann wirklich sagen, die Landwirtschaft wurde zugunsten der Auto- und Chemieindustrie verkauft“, so Andresen.

Denn, als ob die Situation für die deutschen Bauern nicht schon turbulent genug wäre, krönt die EU die unglaublichen Zustände, mit der die deutsche Landwirtschaft heruntergewirtschaftet wird, mit einem Freihandelsabkommen mit Südamerika. Andresen erklärt:

Argentinien sagt: wir können 400 Millionen Menschen mit Lebensmitteln versorgen, haben aber selbst nur 40 Millionen Menschen. Die freuen sich natürlich ´nen Keks, dass sie jetzt noch mehr Regenwälder abholzen können. Wir schaffen in Europa die nachhaltigste Landwirtschaft der Welt ab!“

Das Freihandelsabkommen – Fluch oder Segen?

Tatsächlich scheint die Gewichtigkeit des am 28. Juni auf den Weg gebrachten Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) bei vielen Deutschen noch gar nicht angekommen zu sein. Die Landwirtschaft ist in Südamerika um ein „Vielfaches weniger nachhaltig“ als in Deutschland.

Da wird den Bauern so ziemlich alles erlaubt, was möglich ist, um arbeiten zu können“, betont Andresen.

Nach der Einigung über das Freihandelsabkommen sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Ich habe meine Worte wohl abgewägt, wenn ich sage, dass dies ein historischer Augenblick ist.“

Die EU habe ein Abkommen geschlossen, mit denen die Märkte der EU geöffnet würden. Gleichzeitig würden dadurch Zölle im Wert von über vier Milliarden Euro pro Jahr wegfallen, so Juncker. Er fügte hinzu:

„Es handelt sich damit um das umfangreichste Handelsabkommen, das die EU je geschlossen hat. Dank der harten und geduldigen Arbeit unserer Verhandlungsführer geht dies auch mit positiven Auswirkungen für die Umwelt und die Verbraucher einher. Das Abkommen bringt damit beiden Seiten Vorteile.“

Handelskommissarin Cecilia Malmström sprach hingegen bei der Einigung von einem „Geist der Offenheit“, der Europa und Südamerika näherbringen würde. Sie sagte:

Sobald dieses Abkommen in Kraft ist, wird es einen Markt mit 780 Millionen Menschen schaffen, der den Unternehmen und Arbeitnehmern in der EU enorme Möglichkeiten bietet in Ländern, mit denen wir enge historische Beziehungen unterhalten und deren Märkte bisher relativ abgeschottet sind.“

Auch wenn die nationalen Parlamente das Abkommen noch ratifizieren müssen, so ist die Tendenz der EU eindeutig absehbar: Anstatt die Herstellung von einheimischen Produkten zu fördern, versetzt die EU scheinbar allen Landwirten und traditionellen Betrieben in Deutschland und Europa den Todesstoß. Denn dank Handelsabkommen gibt es demnächst Maschinen, Chemikalien, Arzneimittel, Kleidung, Schuhe, Stoffe, Schokolade, Süßwaren, Spirituosen, Weine, Champagner, Erfrischungsgetränke und insbesondere Milcherzeugnisse und Käse aus Südamerika.

Keine Spur von Klimaschutz

Die von Juncker angepriesenen Vorteile des Handelsabkommens kann Andresen – zumindest für die Landwirte – nicht erkennen.

Das Ding ist, dass wir uns in Deutschland über Fahrverbote und CO2-Steuern unterhalten. Auf der anderen Seite importieren wir Unmengen Nahrungsmittel aus dem Ausland, die wir selber produzieren könnten. Die kommen dann mit Schiff oder Flieger aus Amerika.“

Wo sind die Vorteile für die Umwelt? Welchen Nutzen haben die Verbraucher, geschweige denn die Unternehmer in Deutschland? Dabei ist schon längst alles da: Fleisch, Milch, Milchprodukte, Wein und mehr. „Es muss sich doch lohnen, einheimische Produkte anstatt Nahrung aus dem Ausland zu kaufen. Das kann ´s doch nicht sein“, sagt Andresen.

Bereits jetzt hat der Landwirt seine Preise so kalkuliert, dass er damit „zurechtkommt“. Reich werden kann er damit nicht, aber zumindest die Kosten decken. Und auch die Arbeit wird bezahlt.

Bei Direktvermarktung ist das immer so eine Sache: Die Arbeit darfst du nicht rechnen, die steht in keinem Verhältnis zueinander. Das ist mehr Hobby und Spaß an der Freude.“

Landwirtschaft – „verkauft und eingestampft“

Wenn man sieht, wo es derzeit Überschwemmungen gibt oder die Felder vertrocknen, dann komme man schnell darauf, wie gut in Deutschland die Landwirtschaft gelingt. „Die Wetterextreme werden immer heftiger und wir können hier bei uns noch immer relativ sicher ernten“, sagt der Fachmann.

Für ihn ist die deutsche Landwirtschaft die „Wiege der Nachhaltigkeit“. Doch mit Blick auf das Handelsabkommen betont er: „Hier wird die Landwirtschaft gerade verkauft und eingestampft.“

Glyphosat in Futtermitteln

Während in Deutschland Glyphosat verboten wird, kommt es demnächst zollfrei mit erhöhten Werten nach Deutschland. Denn, so Andresen, in Südamerika ist Glyphosat nach wie vor erlaubt.

Die Rückstandsgrenzwerte wurden von der EU sogar extra erhöh,t um weiter Soja zu importieren.“

Wer davon ausgeht, dass damit das Soja aus der Sojamilch gemeint ist, liegt falsch. Viele Bauern müssen auf sojamittelhaltige Kraftfuttermischungen zurückgreifen, um den Eiweißgehalt ihrer Tiere zu decken.  Und die Futterbestandteile der Kühe kommen aus Südamerika und sind kontaminiert mit Glyphosat, so Andresen. „Und das nicht zu knapp, es gibt Untersuchungen dazu. Wir haben das auch untersucht. Da ist was drin. Aber das interessiert keinen!“

Es gibt auch Futtermischungen ohne Soja, aber die sind auch „deutlich teurer“. Die Mehrkosten müssten dann auf die Produktkreise aufgeschlagen werden, was den Verkauf erschwert–- ein Teufelskreis.

Genfreie Milch? Kühe bekommen importiertes Sojafutter mit Glyphosat

Es gibt bei den Molkereien auch Programme für genfreie Milch, bei dem auf genverändertes Soja verzichtet wird. Dafür gibt es etwas mehr Milchgeld. Doch dieses Programm ist zumindest in der Molkerei von Andresen gerade ausgeschöpft. Er füttert derzeit Futtermischungen, die vom Großhandel mit glyphosathaltigen Soja-Anteilen versetzt sind.

Die Frage, ob das Glyphosat auch in denen im Handel angebotenen Milchprodukten anteilig enthalten ist, konnte Andresen nicht beantworten. Untersucht habe er das nicht. Das Paradoxe sei, dass er im Ackerbau auf Glypohasat verzichtet. Insoweit sei er auch ständig am Forschen und probiert immer wieder etwas Neues. Er sagt:

Im Ackerbau sind wir soweit, dass wir kein Glyphosat mehr einsetzen müssen.“

Insoweit habe er seine Landwirtschaft bereits in diesem Jahr umgestellt. Dass allerdings das verbotene Glyphosat jetzt auf Umwegen den Kühen über das Futter zugeführt wird, kann er nicht verstehen. Wie kann die EU dafür die Tore öffnen?

Obwohl sich der Bauernverband eindeutig gegen das Handelsabkommen positioniert hat, ist von der deutschen Regierung derzeit wenig Beistand für die deutschen Bauern zu erwarten.

Der Bauernverband hat keine Stimme mehr in Berlin, da müssen wir uns nichts vormachen. Wir werden dort nicht gehört.“

Die Bauern versuchen daher auf ihre Weise, die Menschen wachzurütteln. Sie drehen Videobotschaften von ihren Höfen und posten sie im Internet. Was Andresen und seine Kollegen nicht verstehen können, ist die Frage, warum kein Aufschrei aus den Ökoverbänden kommt.

Wo sind Greenpeace, NABU, BUND? Von denen hört man gar nichts!“, so Andresen.

Wurden diese Organisationen mit Spenden mundtot und handlungsunfähig gemacht oder sind sie nur im Sommerurlaub?

Der Wandel fängt im Kleinen an

Am besten fängt jeder Verbraucher bei sich selbst an, so Andresen. Durch die verschiedenen Aktionen der letzten Wochen habe sich gezeigt, dass die Kunden ihr Konsumverhalten reflektieren und feststellen, dass sie den ganzen Wahnsinn bislang unterstützt oder gar vorangetrieben haben.

Da greift man zum Rind aus Amerika, das sorgfältig wochenlang transportiert und gut eingeschweißt ist – mit dem Bild im Kopf, dass das Tier vor der Schlachtung auf satten, grünen Wiesen weiden durfte.

Die Realität sieht hingegen ganz anders aus. In großen Mengen werden die Tiere auf kahlen Flächen gehalten und gemästet:

Andresen ist sicher:

Es ist noch nicht zu spät, man kann immer noch was machen.“

Der Experte rät beim Kauf vom Fleisch im Lebensmitteleinzelhandel, auf den Herstellungsort zu achten und an der Schlachtertheke nach einheimischen Produkten zu fragen. Bei den Milchprodukten gibt es überall das EU-Siegel, das über die Herkunft Auskunft gibt. „Wenn man ein bisschen darauf achtet, kann man als Verbraucher schon eine ganze Menge machen. Dafür muss man bewusster einkaufen und nicht auf jedes Angebot des Einzelhandels anspringen.“

Vielleicht müsse man sich da ein bisschen „reinfuchsen“, doch dann würde es immer einfacher, so Andresen. Denn einheimische Produkte gibt es durchaus, gerade bei Milchprodukten. Natürlich kann man sich beim Bauern um die Ecke das beste Bild machen. Andresen zumindest freut sich immer, wenn es direktes Feedback zu seinen Produkten gibt. Dann weiß er, dass er auf dem richtigen Weg ist.

Und dank des Facebookposts über die Kantine des Deutschen Bundestages mit den importierten Fleischsorten, erkannten bereits viele Facebook-Nutzer, wie sie mit ihrem eigenen Einkaufsverhalten die deutschen Bauern ruinieren und dass sie etwas ändern müssen.

Darüber freut sich Andresen:

Das finde ich super, wenn sie sich selbst reflektieren. Wenn man da was angestoßen hat, dass sie über sich selbst nachdenken.“

Zusammenschluss auf allen Ebenen

Auch die Braunbrüder, Inhaber der Miniatur Wunderland Hamburg GmbH, haben inzwischen ihre Lehre aus einer Aktion gezogen. Mit riesigen Plakaten wollten Frederik und Gerrit Braun die Verbraucher wachzurütteln. Auf Plakaten stellten sie Szenen aus der Landwirtschaft mit Menschenfiguren nach, die sie in ihrem Wunderland Hamburg ausstellten. Beispielsweise wurden an Melkmaschinen angeschlossene Frauen gezeigt.

Foto: screenshot/facebook

Mit ihrer Aktion zielten sie auf die Verbraucher ab, zogen aber den Zorn der Bauern auf sich, auch von Landwirt Andresen. Der sagt:

Klar werden unsere Kühe gemolken, die Schweine werden in Boxen gehalten: Weil es nicht anders geht, wenn wir zu solchen Preisen produzieren sollen, wie wir es momentan tun.“

Die Zwistigkeiten mit den Braunbrüdern habe sich inzwischen gelegt, so Andresen. Denn eines haben alle erkannt: Sie haben ein gemeinsames Ziel. Sie wollen die Verbraucher wachrütteln. Die Betreiber der Miniaturwelt wollen in Kürze in ihrer Ausstellung verschiedene Tierhaltungsformen anhand von Modellen darstellen.



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