Die Rezession vor der Tür

Das Gutachten der Wirtschaftsweisen hat in den vergangenen Tagen viele Reaktionen ausgelöst. So deutlich wie noch nie wird vor einer Rezession als Folge des Energiemangels gewarnt. Dabei ist die bedrückendste Entwicklung in dem Gutachten gar nicht direkt angesprochen. Eine Analyse.
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Die Mitglieder des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (v.l.n.r.) Martin Werding, Achim Truger, Monika Schnitzer, Veronika Grimm (v.l.n.r.) und Ulrike Malmendier (v.r.) posieren mit Bundeskanzler Olaf Scholz (v.l.n.r.) mit dem Gutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 2022/2023 bei der Übergabe in Berlin am 9. November 2022.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Von 11. November 2022

So schnell hat noch nie eine Weltregion an Bedeutung verloren wie die Europäische Union – obwohl diese im vorigen Jahrhundert eigentlich angetreten ist, um global einen Spitzenplatz zu erringen. Doch ist dieses Ziel heute ferner denn je: Heute macht die EU nur noch 17 Prozent der gesamten Weltwirtschaft aus, während es vor dreißig Jahren noch 25 Prozent gewesen sind.

Sozialdemokratische Lösungsmodelle

Dieser Absturz hat sehr viel mit Deutschland zu tun, obwohl dieses innerhalb der EU noch immer wirtschaftlich am stärksten ist. Aber das ist nur noch eine relative Stärke. Das zeigt auch der Sachverständigenbericht. Denn dieser ruft allzu oft nach „Solidarität“. Das ist der typische Ruf eines schwachen Landes, das Hilfe anderer Länder verlangt, wie es einst die aus Mittelosteuropa getan haben, und wie es heute noch die rund ums Mittelmeer tun.

Sehr nach Italien und gar nicht nach Deutschland klingt es auch, wenn die Weisen eine weitere gesamteuropäische Verschuldung fordern, die sie euphemistisch „gemeinsame europäische Finanzierung von Projekten“ nennen.

Die drei Frauen und zwei Männer haben Vorschläge gemacht, wie sie von ihren Vorgängern nie zu hören waren. Dabei zeigen sie klare Regierungsnähe – zumindest zu den Positionen von Rot und Grün, während die Liberalen vor den Kopf gestoßen werden.

Das trifft etwa auf den Vorschlag zu, den Spitzensteuersatz anzuheben oder einen „Energie-Soli“ für Besserverdienende einzuführen. Das sind typisch sozialdemokratische Lösungsmodelle, mit denen man zwar kurzfristig Budgetlöcher stopfen kann, die durch die gleichfalls verlangte Hilfe für die Haushalte gerissen werden.

Aber höhere Steuern haben immer auch eine andere Wirkung: Sie demotivieren Unternehmer und Mittelstand, die ja gleichzeitig auch vielfach schwer unter den hohen Energiepreisen leiden. Diese überlegen daher immer öfter den Gang ins Ausland – was zwangsläufig auch den Verlust von Jobs und Wertschöpfung bedeutet. Und damit auch ein Minus an Steuereinnahmen.

Das aber verschärft das Problem, das man durch die Steuererhöhungen eigentlich lösen wollte. Parallel zu den zunehmenden Übersiedlungsplänen deutscher Unternehmer Richtung Ausland wird umgekehrt auch der Reiz für ausländische Investoren geringer, nach Deutschland zu gehen. Elon Musks große Tesla-Investition dürfte nicht mehr viele Nachfolger finden.

Den heiklen Fragen aus dem Weg gehen

Zustimmung unter Wirtschaftsexperten finden hingegen die beiden zentralen Punkte der Weisen: Einerseits ist das die Unterstützung für Zinsanhebungen durch die Europäischen Zentralbank im Kampf gegen die Rekordinflation. Andererseits ist das die notwendige Ausweitung des Energieangebots.

Jedoch gehen die Wirtschaftsweisen dabei den wirklich heiklen Fragen aus dem Weg. So vermeiden sie deutliche Kritik an der lange zu lax gewesenen Geldpolitik der EZB: Diese hatte, um die überschuldeten Mittelmeerländer zu fördern, bis vor kurzem an ihrer Nullzinspolitik und am exzessiven Ankauf von Staatspapieren festgehalten.

Beim Energiethema folgen die offiziellen Weisen ganz den Grünen und setzen primär auf eine Ausweitung der alternativen Energieproduktion. Viele kritische Ökonomen sind enttäuscht, dass sie sich hingegen nicht explizit zur aktuellen Frage der Atomkraftwerke äußern, wo Deutschland vor der Sperre der letzten Meiler steht.

Denn etliche Nachbarländer gehen völlig andere Wege: Tschechien und Frankreich haben gerade den Bau einer ganzen Reihe neuer Atomkraftwerke beschlossen. Sobald diese fertig sind, wird sich dadurch zwar auch die deutsche Situation bessern. Aber diese Länder werden sich natürlich den Strom teuer abkaufen lassen.

Windenergie überlebt oft nur dank Steuermitteln

Gleichzeitig hat jetzt eine Recherche der „Neuen Zürcher Zeitung“ aufgedeckt, was bisher krampfhaft geheimgehalten worden ist: Die deutschen Windkraftwerke liefern viel weniger Strom als behauptet. Höchstens 15 Prozent davon haben eine Auslastung von mehr als 30 Prozent. Diese halbwegs effizienten Windmühlen liegen noch dazu fast alle nur an den windreichen Küsten. Jede vierte hingegen hat gar nur eine Auslastung von weniger als 20 Prozent – und überlebt nur dank der Hilfe mit Steuermitteln.

Das macht es nach Ansicht von Energieexperten zweifelhaft, ob die vorgeschlagene Konzentration auf Alternativenergien wirklich die wichtigste Strategie sein kann. Überhaupt kein Wort findet sich zum „Fracking“, also der Gewinnung von Erdgas unter deutschem Boden. Während diese Technologie angesichts der Energiekrise in mehreren Ländern boomt, wird es in Hinblick auf Deutschland von den Weisen ignoriert.

Regierungsweise setzen auf „hohe Zuwanderung“

Auch in manchen anderen Punkten werden deutlichere Worte vermisst. So verlangen sie etwa eine „Stärkung der Resilienz von Lieferketten“ – ohne jedoch darauf einzugehen, dass Europas Gewerkschaften und Linksparteien gleichzeitig laut nach „Lieferkettengesetzen“ rufen. Diese aber bedeuten statt einer Stärkung der Lieferketten oft deren Zerreißen, weil etwa in Indien oder Afrika von den Zulieferern nicht die verlangten sozialen und ökologischen Standards eingehalten werden können.

Ebenso vergeblich suchten Experten die Forderung nach einer Erhöhung des Rentenantrittsalter angesichts der demographischen Entwicklung (wachsendes Lebensalter, sinkende Kinderzahlen). Oder über die Notwendigkeit einer Beschneidung des Wohlfahrtsstaates angesichts der budgetären Probleme und der neuen Welle illegaler Migranten, die alle diesen Wohlfahrtsstaat suchen und leider nicht imstande sind, den wachsenden Bedarf an Fachkräften zu stillen. Dennoch setzen die Regierungsweisen auf „hohe Zuwanderung“.

Jenseits dieser Kritikpunkte genießt aber zu Recht der zentrale Aspekt des Weisenberichts die größte Aufmerksamkeit: Erstmals liest man in einem solchen Bericht die Sorge vor „einer tiefen Rezession und nochmals höherer Inflation“. Dieses Zusammentreffen wird bald alles in den Schatten stellen.

Zum Autor

Andreas Unterberger war 14 Jahre Chefredakteur von „Presse“ bzw. „Wiener Zeitung“. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch“, das Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist.



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