Kapitallebensversicherungen – die goldenen Zeiten sind vorbei

Von 26. November 2012

 

Jetzt haben auch die Mainstreammedien die Problematik der Lebensversicherungen aufgegriffen. Der Focus schreibt vom Niedergang der Lebensversicherung – Millionen Deutsche fürchten um ihre Altersvorsorge.

Ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums warnt laut der Zeitung die Welt vor existenzbedrohenden Problemen bei zahlreichen Lebensversicherern. Folglich könnte der Garantiezins künftig noch stärker fallen. Laut Financial Times geht die Bundesregierung davon aus, dass bei länger anhaltenden Niedrigzinsen ab 2018 20 Prozent der Anbieter die Anforderungen der Aufsicht an Rückstellungen und Eigenmittel nicht mehr erfüllen könnten.

Historisch niedrige Zinsen und eine galoppierende Staatsverschuldung bringen die populärste Kapitalanlage Deutschlands ins Wanken. Die Deutschen verlieren mehr und mehr das Vertrauen in die Lebensversicherung. Laut einer Umfrage würden mehr als zwei Drittel der Bundesbürger heute ein solches Finanzprodukt nicht mehr abschließen. Ferner beginnt die steigende Inflation vermehrt die zumeist spärliche Rendite immer weiter aufzufressen. Der Spiegel bringt es knallhart auf den Punkt: Die Politik hilft vor allem den Konzernen – und lässt die Kunden im Stich.

Oftmals erbärmliche Rendite

Bei einer Kapitallebensversicherung sind weder die genauen Investments noch deren Gewichtung bekannt. Meistens handelt es sich bei dieser Versicherung um einen langfristigen Sparvertrag mit einer oftmals erbärmlichen Rendite. Bereits 1983 fällte das Landgericht Hamburg ein vernichtendes Urteil (AZ: 74 047 / 83, LG Hamburg), dem bis heute Versicherungen nicht widersprochen haben. Der Kern des Urteils bildet der Satz: Eine Kapital-Lebensversicherung zur Altersvorsorge ist legaler Betrug.

Bei einer Inflation kann die gesetzlich garantierte Rendite sehr schnell zu einem Verlustgeschäft werden. Kippen mehrere Versicherer, wird die Auffanggesellschaft „Protektor“ voraussichtlich schnell an ihre Grenzen stoßen. Das Auflösen dieser Anlage vor Ablauf ist mit empfindlichen finanziellen Verlusten verbunden. Laut „Zeit“ werden zwölf Prozent der Verträge pro Jahr bereits in der Anfangsphase wieder gekündigt, 75 Prozent aller 30-jährigen Rentenverträge werden vorzeitig aufgelöst, weniger als 50 Prozent der 20-jährigen Verträge laufen bis zum Vertragsende durch und selbst von den zwölfjährigen wird ein Drittel gekündigt.

Nicht zu verkennen ist, dass es sich bei der Garantieverzinsung nicht um die Mindestrendite handelt, die man bei Lebens- und Rentenversicherungen erzielt. Bei dem Garantiezins handelt es sich ohne Zweifel um Augenwischerei. Denn der Garantiezins bezieht sich immer nur auf den sogenannten Sparanteil. Der tatsächliche Zins, bezogen auf den Gesamtbeitrag, ist deutlich niedriger als der ausgewiesene Garantiezins. Wie viel übrig bleibt, hängt auch an den Kosten für Abschluss und Verwaltung. Bei Direktversicherern fallen sieben bis acht Prozent der Beiträge dafür an, bei vertriebstarken Gesellschaften zwölf bis 15 Prozent. Die teuersten Gesellschaften verlangen bis zu 18 Prozent.

Ungeahnte Risiken

Vom 1. Januar 2012 an erhalten Neukunden einer Lebensversicherung nur noch 1,75 Prozent Zinsen, bislang waren es 2,25 Prozent. Laut Wirtschaftswoche ist eine Lebensversicherung keine geeignete Langfrist-Anlage mehr. Man sollte sich nicht von der Aussicht auf höhere, aber nicht garantierte Überschüsse über das fest zugesagte Mindestniveau hinaus blenden lassen. Bei über kurze Zeit laufenden Verträgen reicht der garantierte Mindestzins nicht einmal, um die Kosten auszugleichen. Der Versicherte macht dann bereits ohne Inflation Verluste.

Wer seine private Altersvorsorge ausschließlich auf der Lebensversicherung aufbaut, hat laut Handelsblatt ein erhebliches Anleiherisiko im Depot. Dieses abzubauen ist äußerst schwierig. Wer kündigt, erleidet in den ersten Vertragsjahren – in denen die Versicherer die Abschluss- und Vertriebskosten berechnen – hohe Verluste. Verbraucherschützer haben gerichtlich erhebliche Verbesserungen im Sinne des Verbrauchers erzielt. „Aus seit 2008 abgeschlossenen Verträgen müssen Kunden mindestens 85 Prozent ihrer eingezahlten Beiträge zurückbekommen. Bei älteren Policen liegt die Mindestquote bei 50 Prozent.“

Laut Handelsblatt können wegen der Anlagepolitik der Gesellschaften ungeahnte Risiken entstehen. Eine Ausfallwelle am Anleihemarkt hätte verheerende Konsequenzen. Laut der Finanzaufsicht BaFin waren die Lebensversicherer im Herbst 2011 mit rund neun Prozent ihres gesamten Anlagekapitals in Staats- und Unternehmensanleihen der sogenannten PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien) investiert. Ein Teil dieser Investitionen hat die Versicherer bereits eine Menge Geld gekostet. Im zweiten Quartal 2011 musste der Allianz-Konzern im Zuge der griechischen Umschuldung 644 Millionen Euro auf griechische Staatsanleihen abschreiben, die Münchener Rück rund 700 Millionen Euro. Laut der Zeitung „die Welt“ fehlen den Lebensversicherungen und deren Kunden wegen der Niedrigzinsen für die vergangenen 15 Jahre 170 Mrd. Euro in der Kasse.

Lesen sie weiter auf Seite 2: Steigende Inflation ist Gift für die Versicherten

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Steigende Inflation ist aufgrund der niedrigen Verzinsung und der mangelnden Flexibilität ebenfalls Gift für die Versicherten. Bei einer Verrentung ist die von den Versicherern angenommene Lebenserwartung exorbitant hoch – und die monatliche Rente deshalb niedrig. Eine zwanzig Jahre alte Frau soll laut Sterbetafel aktuell im Schnitt sage und schreibe hundert Jahre alt werden. Eine Lebensversicherung ist eine sehr langfristige Anlage über mehrere Jahrzehnte. Aktuell wagen die Chefvolkswirte der großen Banken und Versicherungen keine Prognose für das kommende Jahr.

Nicht zu verkennen ist folgendes Gesetz. Lesen Sie es sich in Ruhe durch und machen Sie sich selbst Ihre Gedanken.

Versicherungsaufsichtsgesetz: V. – Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (§§ 81 – 103a)

§ 89 Zahlungsverbot; Herabsetzung von Leistungen

(1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, daß dieses für die Dauer nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, binnen bestimmter Frist eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden. Die Vorschriften der Insolvenzordnung zum Schutz von Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen sowie von dinglichen Sicherheiten der Zentralbanken und von Finanzsicherheiten finden entsprechend Anwendung.

(2) Unter der Voraussetzung in Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn es besondere Umstände rechtfertigen, namentlich wenn bei mehreren Gruppen von Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer als in einer anderen begründet ist. Bei der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen neu festgestellt, sonst diese unmittelbar herabgesetzt. Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt.

(3) Die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 können auf eine selbständige Abteilung des Sicherungsvermögens (§ 66 Abs. 7) beschränkt werden.

Brandheiße News

Brandheiße News zum Thema Lebensversicherungen verkündete die Financial Times am 11.11.2012. Laut Financial Times kann sich rasches Handeln für Kunden von Lebensversicherungen, deren Verträge in wenigen Monaten ablaufen oder die ihren Vertrag in absehbarer Zeit ohnehin kündigen wollten, durchaus auszahlen. „Wer bis zum 21. Dezember 2012 seinen Vertrag kündigt, erhält unter Umständen eine deutlich höhere Summe als bei Vertragsende in den Monaten darauf. Hintergrund ist eine Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), die der Bundestag diese Woche beschlossen hat. Danach werden die Kunden künftig nicht mehr wie bislang automatisch mit der Hälfte an stillen Reserven auf festverzinsliche Wertpapiere beteiligt, sofern sie ihren Vertrag kündigen oder die Police abläuft. Stattdessen wird in einem komplizierten Mechanismus ein Faktor zur Stabilisierung der Lebensversicherer abgezogen und erst danach die Beteiligung der Kunden ermittelt. Sie dürfte deutlich unter den bisherigen Werten liegen.“

Axel Kleinlein, Vorsitzender des Bunds der Versicherten sagt: „Kunden, die jetzt noch kündigen, sind eventuell besser bedient“ – wie sehr die Ablaufleistung oder die Privatrente sinkt, sei schwer zu sagen. „Das hängt stark von der Zinsentwicklung ab“.

Bei Deutschlands größter Lebensversicherung, der Allianz, ist in internen Gesprächen mit Vertriebsmitarbeitern die Rede von fünf bis zehn Prozent Unterschied. Folglich wer bis Ende Dezember kündigt, erhält wesentlich mehr als Ablaufleistung. „Wenn mein Kunde für 2013 mit einer Kapitalauszahlung nach aktueller Gesetzeslage von 100.000 Euro zu rechnen hätte, könnte das unter neuen Bedingungen dann auf 90.000 Euro schrumpfen“, sagte der Allianz-Mann. Ihn empört, dass die Versicherer nicht gesetzlich gezwungen sind, diesen Umstand ihren Kunden automatisch mitzuteilen. Selbst der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schließt nicht aus, dass einzelne Kunden bei einer Kündigung besser dastehen.

Laut dem ZDF wird sogar „vermutet, dass einige Versicherer eine Aussetzung der Mindestverzinsung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), der Aufsichtsbehörde der Versicherungen, beantragen werden. Sollte diese dem Antrag zustimmen, müssten die Versicherten aber nur zeitweise auf ihre Rendite verzichten: Nicht ausgezahlte Garantieleistungen verfallen nicht, sondern müssen zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt werden. Dies gilt aber nicht, wenn der Versicherer Insolvenz anmeldet.“

Auf Dauer wird ein Jeder erkennen, dass man alte Schulden nicht mit neuen Schulden bezahlen kann, und dass früher oder später die Staatsanleihenblase platzen wird. Dieses Platzen der „Mutter aller Blasen“ wird unvorstellbare Auswirkungen auf die Lebensversicherungen haben.

Die Politik jedoch lockt die Lebensversicherer auch 2012 noch in Staatsanleihen, denn die neue Regulierung sieht vor, dass Investitionen in Aktien, Immobilien oder Unternehmensanleihen künftig als riskant, Staatsanleihen der Euro-Länder aber als risikofrei gelten. Voraussichtlich müssen Versicherer daher für diese auch in Zukunft keine zusätzlichen Eigenmittel als Risikopuffer für Ausfälle hinterlegen. Warum ist dies der Fall? Carsten Zielke, Versicherungsanalyst bei der Société Générale, sagt: „Die Eigenkapitalunterlegung für Euro-Staatsanleihen werden schon deswegen nicht angepasst, weil sich das die griechischen, spanischen und vor allem die italienischen Versicherer gar nicht leisten könnten“ und eine sinkende Nachfrage nach Staatsanleihen der wackligen Euro-Staaten ist mit Sicherheit das Letzte, was Politik und Finanzmärkte zurzeit brauchen können.

 

Mattias Weik hat gemeinsam mit Marc Friedrich den Bestseller „Der größte Raubzug der Geschichte: Warum die Fleißigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden“ geschrieben, der in diesem Jahr erschienen ist.

 



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