China übernimmt gut ein Drittel des Hamburger Hafenterminals Tollerort

Ein Teil des Containerterminals Tollerort wird zum „bevorzugten Umschlagspunkt“ der staatlichen chinesischen Reederei Cosco. Ein heikler Deal für 100 Millionen Euro.
Titelbild
Das Büro der Reederei Cosco Shipping Lines in Hamburg.Foto: iStock
Von 23. Oktober 2021

Die staatliche chinesische Reederei Cosco kaufte im September 35 Prozent des Containerterminals Tollerort des Hamburger Hafens. Die Kosten belaufen sich für Peking auf 100 Millionen Euro. Bisher gehörte das Terminal der Hamburger Hafen und Logistik und damit mehrheitlich der Stadt.

Tollerort wird ein sogenannter „preferred hub“, ein „bevorzugter Umschlagspunkt“, von Cosco, so ließen sich „chinesische Logistikströme am Standort Hamburg noch stärker verzahnen“, erklärt Angela Titzrath, Chefin der Hafengesellschaft.

„Das ist gut für Hamburg, unsere Hafenunternehmen und die gesamte deutsche Im- und Exportwirtschaft“, kommentierte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) den Deal.

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Jahrelang hatte Hamburg und der rot-grüne Senat die Wünsche anderer Reedereien abgeblockt, die sich in Containerterminals einkaufen wollten. Die Begründung für die Ablehnung lautete stets, dass es sich um strategisch wichtige Infrastruktur handelt. Dass ausgerechnet nach China verkauft wurde, ist heikel.

Kritik von der Bürgerschaft

Nach der Veröffentlichung des Vertrags gab es teilweise scharfe Kritik der Hamburger Parteien. CDU-Hafenexperte Prof. Dr. Götz Wiese erklärte, dass der Senat der Bürgerschaft „unverzüglich“ Bericht erstatten müsse. „Es darf keinen Ausverkauf des Hafens geben – selbst dann nicht, wenn es sich um einen wichtigen Handelspartner dreht.“

Die CDU beklagte zudem, dass der rot-grüne Senat weder einen Hafenentwicklungsplan noch einen Plan für die langfristige Flächennutzung noch eine Strategie für einen Hafen der Zukunft habe.

Michael Kruse, FDP-Landesvorsitzender, forderte, dass Entscheidungen über Staatsbeteiligungen ausländischer Staaten in den Parlamenten debattiert werden sollten. Derartige Beteiligungen sollten nicht „klammheimlich“ vorbereitet werden, wie es in Hamburg geschah. Nationale und europäische Interessen müssten gehört werden.

Massive Wettbewerbsverzerrung

Cosco ist Teil der chinesischen Plan- und Staatswirtschaft. Die staatliche Reederei wird von der Kommunistischen Partei Chinas geführt und untersteht der Kommission zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen. Direkte und indirekte Subventionen des Staatsbetriebs sind an der Tagesordnung.

Der Berliner Thinktank Merics, der sich speziell mit China befasst, warnt vor massiver Wettbewerbsverzerrung durch die staatlichen Mittel. Auch deshalb sei Cosco zur mittlerweile drittgrößten Reederei der Welt geworden.

Diese Überlegungen schienen in Hamburg praktisch keine Rolle zu spielen, schreibt die „Zeit“. „Die beteiligten Hafenmanager und Regierenden wollen den Deal mit Cosco schnell abschließen, weil er ihrem von der Konkurrenz zuletzt arg bedrängten Hafen etwas mehr Stabilität verspricht. Sie rechnen auch fest mit der nötigen Genehmigung der Bundesregierung.“

In Hamburg stammt mittlerweile jeder dritte Container aus China oder wird dahin verschifft. Die Angst, dass Hamburg von China übergangen wird und chinesische Schiffe eher in Rotterdam oder Antwerpen ihre Ladung löschen, ist mit dem Deal gesunken.

China hingegen gewinnt die Kontrolle über einen wertvollen Zugang zu vier großen Liegeplätzen samt Entlademöglichkeiten und einer perfekten Anbindung an das Schienennetz. Zudem erhält der chinesische Staat einen entsprechenden Anteil am Gewinn des Terminals.

China kauft weltweit Infrastruktur

Peking folgt bei Hafenkäufen oder -übernahmen einer übergeordneten Strategie. Mit dem Projekt der Neuen Seidenstraße will China die wichtigen Handelsrouten der Welt beherrschen. Weltweit hat die Kommunistische Partei Chinas bereits Einfluss auf mehr als zwei Drittel der 50 größten Containerterminals gewonnen.

14 europäische Häfen sind mehr oder weniger in chinesischer Hand, darunter Teile von Rotterdam (Niederlande), Antwerpen (Belgien) oder Le Havre (Frankreich), die Häfen in Bilbao und Valencia (Spanien) sowie der größte Passagierhafen Europas, der griechische Hafen Piräus.

Piräus ist ein wichtiges griechisches Industriezentrum am Mittelmeer und beherbergt den größten Hafen des Landes. 2016 übernahm der chinesische Staat die Mehrheitsanteile am Hafen. Peking erklärte, Piräus zum größten Transitzentrum in Südosteuropa und zu einer Brücke für den Export asiatischer Güter nach Europa ausbauen zu wollen. Der Handel erfolgt einseitig, vom Export europäischer Güter nach Asien wurde nicht gesprochen.

Piräus lag nach Höhe des Containerumschlages im Jahr 2020 hinter Rotterdam, Antwerpen und Hamburg auf Platz vier der größten Häfen Europas. Da China auch die Betriebs- und Eigentumsrechte im Hafen von Piräus übernommen hat, bedeutet das gleichzeitig, dass die chinesische Marine und Armee vor Ort ist. Mehrfach konnten in Piräus chinesische Militärschiffe beobachtet werden.

Mit seinen ausländischen Beteiligungen übt Peking zunehmend strategischen Druck aus. Eine Taktik von Staats- und Parteichef Xi Jinping lautet „yi shang bi zheng“ – Unternehmen werden eingesetzt, um die Regierung unter Druck zu setzen.

Griechenlands Regierung beugte sich 2017 vermutlich derartigem Druck. Damals blockierte Athen eine kritische Stellungnahme der EU zu Menschenrechtsverletzungen Pekings bei der UNO.



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