Johnson & Johnson: Insolvenz als Taschenspielertrick

Der US-Konzern Johnson & Johnson stellt nicht nur ein Vakzin gegen Corona, sondern auch Konsumgüter her. Wegen eines Babypuders hat der US-Pharmariese nun Insolvenz angemeldet, um milliardenschweren Entschädigungszahlungen zu entgehen.
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Der US-Pharma- und Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson trickst mit der Aufspaltung in zwei börsennotierte Unternehmen.Foto: Steven Senne/AP/dpa/dpa
Von 19. November 2021

Johnson & Johnson zählt zu den größten Herstellern von Medikamenten und Konsumgütern. Im vergangenen Jahr 2020 führte Johnson & Johnson das Ranking der weltweit umsatzstärksten Arzneimittelhersteller an.

Für die ersten neun Monate dieses Jahres meldete der Gigant ein Umsatzplus von acht Milliarden Dollar gegenüber dem Vorjahreszeitraum und mit rund 16 Milliarden Dollar einen um rund 30 Prozent höheren Gewinn. Der Börsenwert von 380 Milliarden Euro ist so hoch wie die deutschen Vorzeigekonzerne SAP, Volkswagen und Siemens zusammen. Zu den Wachstumstreibern gehört unter anderem der Corona-Impfstoff, der jedoch weit hinter den Erwartungen hinterherhinkt und zum Selbstkostenpreis verkauft werden soll.

Vergangene Woche meldete Johnson & Johnson die geplante Aufspaltung in zwei börsennotierte Einheiten. Laut Konzernchef Alex Gorsky soll die Konsumgütersparte in den kommenden 18 bis 24 Monaten abgetrennt werden, sodass nur noch die Pharmasparte mit rezeptpflichtigen Medikamenten und Medizintechnik übrig bleibt.

Laut Gorsky ist dies der beste Weg, um langfristig ein nachhaltiges Wachstum zu sichern. Die Börse feierte die Pläne mit einem Kursplus von rund fünf Prozent.

Milliardenklagen ante portas

Die Ursprünge des 1886 gegründeten Unternehmens liegen in Pflastern und Babypuder. Letzteres gehört seit Jahrzehnten zum Sortiment und könnte Johnson & Johnson teuer zu stehen kommen. Denn das darin enthaltene Talk war manchmal mit Asbest verunreinigt – und löste Eierstockkrebs aus.

Für Johnson & Johnson ist dies nichts Neues. Der Puder wurde trotzdem verkauft, teils an finanzschwache Personengruppen in den USA, die meist weniger über die Gesundheitsrisiken von Produkten wussten.

Bislang haben 38.000 Frauen Klage eingereicht, Tendenz steigend. Ihre Anwälte warfen dem Konzern vor, Hinweise auf Asbest in seinen Produkten mehr als 40 Jahre lang vertuscht zu haben.

Die traditionell gut gefüllte Konzernkasse ließ dies bereits deutlich schrumpfen: Geschworene in St. Louis sprachen 22 Frauen und ihren Familien Mitte Juli knapp 4,7 Milliarden Dollar Schadenersatz und Entschädigung zu. Diese Summe setzt sich aus über den Schaden hinausgehende Strafen in Höhe von 4,14 Milliarden Dollar und einer Entschädigung (550 Millionen Dollar) zusammen.

Umstrittener Taschenspielertrick

Um weitere Zahlungen zu umgehen, spaltete sich der Pharmariese im Oktober in viele kleine Firmen auf, gänzlich unabhängig von den am vergangenen Freitag verkündeten Plänen. Eine dieser neuen Gesellschaften firmiert unter LTL Management und wurde einzig dafür geschaffen, die Babypuder-Klagen zu bestreiten.

Genau diese Firma meldete vergangene Woche Insolvenz North Carolina an. Die Wahl dieses Bundesstaates hatte seinen guten Grund: Der als „Texas Two-Step“ bekannte Trick mit der Zahlungsunfähigkeit funktioniert nämlich nur in einigen Bundesstaaten in den USA, beispielsweise in North Carolina. Doch selbst dort ist diese Vorgehensweise höchst umstritten.

Ob Johnson & Johnson damit durchkommt, ist ungewiss. Ein Bundesrichter in North Carolina hatte unlängst entschieden, die rund 38.000 Klagen vorübergehend einzustellen – aber nur für 60 Tage.

Nun muss sich die nächsthöhere Instanz mit dem Fall befassen. Erste Anwälte verklagten Johnson & Johnson zwischenzeitlich wegen des Schelmenstreichs. Der „Texas Two-Step“ wurde bisher noch nie von einem US-Gericht überprüft. Doch selbst wenn es die im Dow Jones gelistete Gesellschaft schafft, mit diesem Husarenstück Milliarden zu sparen: Dem Ruf des Traditionskonzerns dürfte dieser Schachzug nicht zuträglich sein.



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