Neue EZB-Maßnahmen treffen jeden: Zinsen praktisch abgeschafft

Die EZB hat die Dosis erhöht: Statt 60 werden 80 Milliarden Euro pro Monat in den Markt gepumpt, die Strafzinsen erhöht und der Leitzins auf 0,00 Prozent geändert. Die „Libération“ hält Draghis bisherige Politik für einen Misserfolg. "Aber für il dottore Draghi ist es keine Frage, den Kurs zu ändern. Im Gegenteil: Man erhöht die Dosis.“
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EZB-Chef Mario Draghi auf der Pressekonferenz am 10. März 2016 in Frankfurt am MainFoto: DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images
Epoch Times11. März 2016

TimePatternAnalysis fasst die neuen Regelungen der EZB so zusammen: "Wenn die von Ihrem Arzt verordnete Dosis nicht wirkt, wird er diese womöglich hochsetzen. Wenn das immer noch nicht hilft, wird er wahrscheinlich die Therapie ändern. Unsere „Währungshüter“ agieren hingegen nach dem Prinzip „viel hilft viel“ und wenn ein Mittel bisher unwirksam war, dann wird die Menge eben so lange erhöht bis …"

Was wurde beschlossen: Die Europäische Zentralbank (EZB) dehnt ihre umstrittenen Anleihenkäufe von 60 auf 80 Milliarden Euro im Monat aus. Es sollen nun nicht nur Staatsanleihen, sondern auch Unternehmensanleihen aufgekauft werden. 

Der Leitzins wurde auf 0,00 Prozent gesenkt – das ist ein Novum in der Geschichte, bisher wurden stets Zinsen gezahlt.

Banken, die Geld bei der EZB deponieren, müssen nun eine Strafgebühr von 0,40 Prozent entrichten (bisher 0,30 Prozent). Damit will die EZB erreichen, dass die Kreditinstitute mehr Kredite vergeben und die europäische Konjuktur in Gang kommt.

Diese Maßnahmen werden sehr kritisch gesehen: "Die Zentralbank befindet sich im Endspiel", sagt der Investor Professor Max Otte. Bereits bei der ersten Einführung von Negativzinsen haben die Währungshüter das Terrain der Geldvernichtung betreten.

RuMas Marktbericht fasst es so zusammen: "Der ganze Schwachsinn mit den Niedrigzinsen hat bisher keine Wirkung gehabt und es ist davon auszugehen, dass auch eine weitere Zinssenkung nichts bringt. Wenn die Energiepreise nicht wieder zur Normalität zurückkehren, wird es in absehbarer Zeit wohl keine Inflationsrate geben, mit denen Herr Draghi den Schuldenländern im Süden hilft. Der Sparer guckt weiter in die Röhre und wird leider weiter zur Kasse gebeten!"

Zinsen sind praktisch abgeschafft

Diese Politik der EZB bewirkt, dass im Finanzsektor extrem viel Geld vorhanden ist – und jeden Monat weitere 80 Milliarden Euro frisch hinzukommen. Aus welchen Gründen sollten Banken mit Zinsen honorieren, dass bei ihnen Geld durch Sparer angelegt wird?

Die meisten Banken zahlen bereits keine Zinsen mehr, einige wenige Onlinebanken haben noch Sonderaktionen. Der Chefvolkswirt der ING DiBa, Carsten Brzeski, sagt klar: "Die Zinsen auf Sparprodukte werden tendenziell weiter sinken".

Kunden mit Girokonten müssen sich auf schlechtere Bedingungen einstellen. Ob und wie weit die Banken die Minuszinsen an die Kundern weitergeben, ist noch nicht abzusehen. Kontoinhaber müssen jedoch mit steigenden Kontoführungsgebühren und anderen Kosten für Finanzdienstleistungen rechnen.

"Negativen Zinsen werden Sparer wohl nicht fürchten müssen", erklärt Brzeski. Würden auf Sparguthaben und Konten der Deutschen negative Zinsen erhoben, würde noch mehr Bargeld zu Hause gelagert.

Alle Insitutionen wie Versicherungen, Rentenversicherer, Krankenversicherungen und Immobilienhändler werden ihre Tarife in irgendeiner Form anpassen – sie müssen ebenfalls Minuszinsen zahlen. 

Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Banken, Versicherungen und andere Institute die Strafzinsen an Privatkunden weitergeben.

"Schocktherapie", Lob und Kritik

In ITALIEN sprach die römische Zeitung „La Repubblica“ von einer „Schocktherapie“, um die Wirtschaft anzukurbeln und lobte die Entschlossenheit des italienischen Ex-Zentralbankchefs.

Der römische „Messaggero“ kommentierte, Draghi habe die Erwartungen weit übertroffen. Der Mailänder „Corriere della Sera“ verstand die Maßnahmen als „Beweis, dass sich die EZB auch dann nicht beeinflussen lässt, wenn ihre Kritiker so mächtig sind wie die Welt der deutschen Wirtschaft“. Anerkennung gab es von den Gewerkschaften, die Draghis „mutige Schritte“ lobten. Die Börse in Mailand legte zum Auftakt um drei Prozent zu. Vor allem Bankenwerte waren im Aufwind.

FRANKREICHs Medien sehen die Ankündigungen der EZB kritisch. Die „Libération“ hält Draghis Politik für einen Misserfolg. „Aber voilà, vier Jahre später hat die schwere Artillerie nichts geändert (oder fast)“, kritisiert sie. „Aber für il dottore Draghi ist es keine Frage, den Kurs zu ändern. Im Gegenteil: Man erhöht die Dosis.“

(dpa/ks)



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