„Black Lives Matter“-Boykottaufruf gegen Facebook verfehlt Ziel: „Keine glaubwürdige Alternative“

Der von „Black Lives Matter“ angeregte Boykottaufruf gegen Facebook, dem viele Großunternehmen folgten, konnte die Einnahmen des sozialen Netzwerks um bis zu 42 Prozent drücken und die Werbung verbilligen. Experten rechnen jedoch mit einem baldigen Zusammenbruch.
Titelbild
Ein digitales Schild am 23. Oktober 2019 auf dem Campus der Facebook-Unternehmenszentrale in Menlo Park, Kalifornien.Foto: JOSH EDELSON/AFP über Getty Images
Von 9. Juli 2020

Daten des Analysedienstes SocialBakers zufolge haben der „Blackout Tuesday“-Protest im Juni und der für den Juli ausgerufene Werbeboykott gegen Facebook für den Social-Media-Riesen einen temporären Rückgang der Werbeeinnahmen von bis zu 42 Prozent nach sich gezogen. So soll der tägliche Durchschnittsaufwand für Facebook-Werbung in Nordamerika von 260 US-Dollar am 28. Juni auf 152 US-Dollar am 1. Juli, dem ersten Tag des Boykotts, gesunken sein.

Boykott, um „Profit durch Hass“ zu verhindern

Mehr als 400 multinationale Unternehmen und Konzerne haben für Juli einen Werbeboykott des Social-Media-Giganten Facebook angekündigt. Unter ihnen befinden sich Coca-Cola, Microsoft, Ford und Adidas. Sie werfen Facebook vor, die Betreiber des Netzwerks würden „Profit durch Hass“ machen und zu wenig konsequent gegen extremistische und gewaltverherrlichende Inhalte vorgehen.

Unter den Teilnehmern des Boykotts sind auch große deutsche Unternehmen wie der Autobauer VW, die Sportartikel-Hersteller Adidas und Puma sowie der Softwarekonzern SAP. Sogar „Oro di Parma“, ein Unternehmen, das Tomatenprodukte herstellt, fühlte sich veranlasst, die Aktion zum Virtue Signalling in eigener Sache zu nutzen und kündigte an, bis Ende des Monats nicht mehr auf Facebook zu werben.

Hinter der Aktion stehen NGOs aus dem Umfeld der umstrittenen Bewegung „Black Lives Matter“, die in diesem Zusammenhang unter Namen wie #StopHateforProfit oder „Color of Change“ auftraten. Mit ihrer Aktion brachten sie Facebook sogar dazu, eine Zoom-Konferenz mit ihnen abzuhalten.

Der Forderungskatalog, den sie überbrachten, kam in einigen Bereichen jenem nach einer De-facto-Übernahme gleich.

Man forderte eine Änderung der Facebook-Richtlinien in ihrem eigenen Sinne, die „Erstellung eines Expertenteams sowie […] Aufbau und Stärkung einer permanenten Bürgerrechtsinfrastruktur“, einschließlich einer „Führungskraft mit Bürgerrechtskompetenz, um Produkte und Richtlinien auf Diskriminierung, Voreingenommenheit und Hass zu bewerten“.

Soll „Black Lives Matter“ die Löschzentren übernehmen?

Diese Person solle „sicherstellen, dass das Design und die Entscheidungen dieser Plattform die Auswirkungen auf alle Gemeinschaften und das Potenzial für Radikalisierung und Hass berücksichtigen“.

Zu Deutsch: „Black Lives Matter“ hätte künftig im Ergebnis entscheiden sollen, welche Inhalte im weltgrößten sozialen Netzwerk gepostet werden dürfen.

Für Rashad Robinson, Präsident der Bürgerrechtsgruppe Color of Change, brachte das Treffen aber „eine Enttäuschung“. Über eine Stunde hatten sich die Beteiligten in einer Zoom-Konferenz rund um die Themen Hatespeech, Fake-News und Rassismus im Netzwerk Facebook ausgetauscht.

Zuckerberg und Facebooks Co-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg hätten zwar zugestimmt, die Position für einen Vertreter der Bürgerrechtsbewegung einzuräumen. In den Punkten bezüglich regelmäßiger Überprüfung des Netzwerks auf Hatespeech und Falschinformation, Löschen rassistischer Gruppen und Entschädigung für Werber, deren Anzeigen neben Hatespeech erschien, gab es jedoch keine Einigung.

Unterdessen könnten sich die Anfangserfolge des Boykotts als Pyrrhussieg erweisen. Wie der „Telegraph“ schreibt, könnte die Bewegung bald vor dem Zusammenbruch stehen, ohne dass Facebook in irgendeiner Weise ein nachhaltiger Schaden entstanden wäre.

VW wirft Facebook „Profit durch Hass” vor – und betreibt Werk in Xinjiang

Das Aufkommen an Werbeeinnahmen bewege sich bei Facebook wieder nach oben, der Effekt des Boykotts sei nicht einmal annähernd an einen für das Netzwerk kritischen Punkt gelangt. Und das, obwohl Yuval Ben-Itzhak, noch nie zuvor – nicht einmal nach den Cambridge-Analytica-Berichten – eine so große Anzahl an Werbern gesehen habe, die sich dem Boykott angeschlossen hätten.

Dennoch werde das Werberaufkommen bald wieder „zurückspringen“ und Facebooks Geschäfte würden „gesund“ bleiben, da die Werber keine anderen „glaubwürdigen“ Optionen hätten. Konkurrenz-Netzwerke zu Facebook sind entweder klein und auf Nischen beschränkt oder sie gehen von fremden Staaten aus, wie das russische Netzwerk VK.

Statt auf Facebook künftig auf Plattformen wie Weibo oder WeChat zu werben, die vom totalitären KP-Regime in China kontrolliert werden, wäre wahrscheinlich auch für die meisten Unternehmen, die jetzt den Boykott unterstützen, nicht praktikabel. Und das, obwohl beispielsweise Autobauer VW keinerlei Bedenken zu haben scheint, in Urumqi ein Werk zu betreiben, obwohl das KP-Regime in der Provinz Xinjiang Millionen Menschen ihrer Religion wegen in Konzentrationslager sperrt und jüngsten Berichten zufolge dort auch Zwangsabtreibungen und Zwangssterilisationen durchführt.

Deshalb werden auch Unilever und Coca-Cola schon bald wieder auf Facebook präsent sein, meinr Ben-Itzhak:

Wer sonst auf der Welt könnte Zugang zu zwei Milliarden Nutzern bieten? Es gibt nichts. Niemand kommt diesem Volumen an Engagement auch nur nahe. Das ist auch der einzige Grund, warum Markeninhaber dort Geld ausgeben, und sie werden das weiterhin tun, bis es eine Alternative gibt.“

Kleinere Werber profitieren vom Boykott

Zudem gehen mit sinkenden Werbeaufträgen auch die Preise für Werbung bei Facebook hinunter, was wiederum die Masse an Nutzern zu Kampagnen ermuntern, denen ein günstiges Verhältnis zwischen Kosten und erreichbarem Publikum im Zweifel wichtiger erscheint als moralische Selbstvergewisserung. Auf diese Weise wirkt die Masse an zusätzlichen Aufträgen kleiner Werber den Ausfall der Konzerne auf. Diese hätten allenfalls die Option, ein eigenes Netzwerk als Konkurrenz aufzubauen – was allerdings mit dem Risiko verbunden wäre, nur die „woke“ Filterblase als Kunden zu gewinnen.

Auch Facebook-CEO Mark Zuckerberg hat in der Vorwoche erklärt, lediglich ein „kleiner Prozentsatz“ seiner Einnahmen sei durch die politisch korrekte Boykottaktion gefährdet.

Sachlich ist der Vorwurf, Facebook würde zu wenig gegen extremistische Inhalte, Gewaltverherrlichung oder Hassrede unternehmen, unterdessen ohnehin schwer begründbar.

Erst jüngst hatte das Netzwerk die gewaltaffine „Boogaloo“-Bewegung einer „strategischen Disruption“ unterzogen. Dabei wurden 220 Accounts auf Facebook, weitere 95 von Instagram sowie 28 Seiten und 106 Gruppen, die dem Netzwerk zuzurechnen seien, entfernt. Darüber hinaus sollen zusätzliche 400 Gruppen und 100 Seiten wegen der Verletzung der Facebook-Richtlinien zu gefährlichen Personen oder Organisationen gelöscht worden sein.

Was Inhalte anbelangt, die gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen, werden 89 Prozent der Fälle bereits durch den Algorithmus entfernt, bevor sie überhaupt gemeldet würden. Einige Inhalte, die schon einmal Gegenstand einer Beschwerde waren, können gar nicht erst hochgeladen werden – wobei es sich dabei nicht einmal um Hassrede handeln muss, sondern es schon genügt, dass ein Urheberrechtsclaim darauf lastet.

EU: Facebook löscht Hassrede schneller als Mitbewerber

War Facebook in den ersten Jahren seines Bestehens noch verhältnismäßig freizügig, was die Auslegung der Gemeinschaftsstandards anbelangt, weil es sich als US-amerikanisches Netzwerk an dortigen Standards zur Redefreiheit orientierte, änderte sich dies spätestens, als Politiker nach dem Brexit und dem Wahlsieg Donald Trumps 2016 versuchten, Zugriff auf das Netzwerk zu erlangen. Eine Konsequenz daraus war unter anderen das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das Facebook mit erheblichen Geldstrafen bedrohte, sollten strafgesetzwidrige Inhalte nicht binnen 24 Stunden gelöscht werden.

Infolge dieses Gesetzes baute Facebook seine Löschzentren massiv aus. Eine Vielzahl an Follower-starken Seiten wurde wegen angeblicher Verstöße gegen die Gemeinschaftsstandards gelöscht. Ebenso erging es Nutzern, die Namen bestimmter Personen nannten, die den Standards von Facebook zufolge als „gefährlich“ einzustufen sind – unter ihnen ein bekannter britischer „Islamkritik“-Aktivist und der Kopf der „Identitären Bewegung“ in Österreich.

Sogar ein jüngst veröffentlichter Bericht der Europäischen Kommission kommt zu der Erkenntnis, dass Facebook bezüglich der Bekämpfung von Erscheinungsformen von Hassrede schneller sei als viele Mitbewerber.

Algorithmen auch gegen Fake-News

Auch der Vorwurf, Facebook würde nicht gegen Falschinformationen vorgehen, hält einer genaueren Überprüfung nicht stand. Regelmäßig werden Seiten im Ranking der angezeigten Inhalte zurückgestuft oder ihren Betreibern die Werbeeinschaltung verteuert, weil ein sogenannter Faktenchecker Einträge beanstandet hat.

Dabei scheint auch deren Einschaltung vielfach automatisiert zu erfolgen. So postete beispielsweise am Dienstag (7.7.) der Bürgermeister der oberösterreichischen Gemeinde Gmunden, Stefan Krapf, einen Beitrag, in dem er auf einen Gemeinderatsbeschluss einging, dem zufolge man mit einer örtlichen Bürgerinitiative, die dem 5G-Standard kritisch gegenübersteht, einen Dialog suchen wolle.

In dem Eintrag heißt es: „Bezüglich der medizinischen und gesundheitlichen Auswirkungen von 5G gibt es allerdings noch sehr viele Unklarheiten sowie unterschiedliche Meinungen, auch von Expertinnen und Experten.“ Krapf hatte zu keiner Zeit behauptet, er mache sich kritische Meinungen zu 5G zu eigen oder halte dieses für gesundheitsschädlich.

Österreichischer Bürgermeister wird ungerechtfertigtem „Faktencheck“ unterworfen

Dennoch erschien unter seinem Beitrag in der Timeline eine Einblendung des Dienstes Politifact mit der Überschrift: „Teilweise falsch: Faktencheck einer Verschwörungstheorie um 5G und das Coronavirus“. Offenbar reichte die Erwähnung der Begriffe „Gesundheit“ und „5G“ in einem Zusammenhang aus, um den „Faktencheck“ zu aktivieren. Ruft man den Beitrag auf der Seite des Politikers auf, ist der Hinweis mittlerweile verschwunden.

Beispiele wie die genannten zeigen, dass Facebook im Zweifel eher schärfer als laxer auf potenziell sensible Inhalte reagiert. So bleibt der Eindruck im Raum stehen, die nach den Angaben eigener Führungskader marxistische Bewegung „Black Lives Matter“ strebe mit der Boykottaktion tatsächlich eine Einschränkung von Redefreiheit an, die eher an chinesische Verhältnisse denn an jene eines freiheitlichen Staatswesens erinnert. Dass führende Großunternehmen dies für ein wenig Virtue Signalling in Kauf zu nehmen bereit sind, gibt zu denken.

(Mit Material von afp)



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