Mercedes setzt wieder auf Verbrennermotoren: „Electric only“-Strategie auf Eis gelegt

Auf der Hauptversammlung von Mercedes-Benz verkündete Vorstandschef Ola Källenius eine Strategiewende: Von der „Electric only“-Strategie verabschiedet man sich, da die schwache Nachfrage nach E-Autos den Konzern in die Realität zurückholt. Källenius verkündete, dass Mercedes nun sowohl auf Elektroautos als auch auf moderne Verbrenner setzt, um auf alle Marktszenarien vorbereitet zu sein.
Mercedes-Benz beschäftigt bei den konzerneigenen Niederlassungen etwa 8000 Menschen in rund 80 Betrieben.
Vom Ziel, bis 2025 mit E-Autos und Plug-in-Hybriden die Hälfte des Umsatzes zu machen, hat sich Mercedes verabschiedet.Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Von 9. Mai 2024

Am vergangenen Mittwoch, 8. Mai, fand die Hauptversammlung des Autoherstellers Mercedes-Benz statt. Mit Spannung schauten die Anleger auf das, was ihnen Vorstandschef Ola Källenius zu sagen hatte. Die gesunkenen Verkaufszahlen im ersten Quartal und die schwache Nachfrage nach E-Autos machten manche Aktionäre nervös. Hatte die Konzernführung doch bis vor Kurzem noch die Strategie „Electric only“ – die schnellstmögliche Umstellung auf E-Autos verfolgt. Zumindest auf der Website des Unternehmens wird dieses Ziel noch angepriesen.

Im kommenden Jahr, so das ambitionierte Ziel, sollten Elektroautos und Plug-in-Hybride die Hälfte des Umsatzes des Autokonzerns ausmachen. Das scheint nun aber Vergangenheit zu sein. 

Schon auf der Hauptversammlung 2023 ruderte das Unternehmen spürbar zurück. In seiner Rede damals schob Ola Källenius das Ziel, die Hälfte des Umsatzes durch E-Autos und Plug-in-Hybride zu machen, indessen in die „Mitte des Jahrzehnts“. 

Am Ende entscheidet der Kunde

Auf der diesjährigen Hauptversammlung dann die nächste Rolle rückwärts. Källenius redet nun ganz anders: „Die Transformation könnte aber länger dauern als gedacht.“ Deshalb sei Mercedes „auf alle Marktszenarien vorbereitet“. 

Einerseits schaffe der Konzern die Voraussetzungen, um vollelektrisch zu werden. Andererseits aber beeinflussten „viele Faktoren“ das Tempo der Transformation: „Zum Beispiel der Ausbau der Ladeinfrastruktur“, kritisierte Källenius. In den kommenden Jahren werde es daher beides geben: „Elektroautos und hochmoderne, elektrifizierte Verbrenner. Wenn die Nachfrage da ist, bis deutlich in die 2030er-Jahre.“

Mercedes halte deshalb jetzt „alle relevanten Antriebe auf dem neuesten Stand“. Am Ende entscheide dann der Kunde. „Wir werden für jeden Wunsch den perfekten Mercedes bauen“, so Källenius. Daher hat Mercedes seine Werke flexibel aufgestellt. In Stuttgart könnten auf einem Band Verbrenner und Elektroautos nacheinander gebaut werden. Von „Electric only“ war auf dieser Hauptversammlung indessen nichts mehr zu hören. Offenbar hat die Realität den schwäbischen Autobauer inzwischen eingeholt. 

Reaktion auf schwache Nachfrage des E-Autos

Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz kommentiert den offensichtlichen Strategiewechsel im SWR so: Eine Verschiebung des Verbrenner-Aus sei eine notwendige Reaktion auf die schwache Nachfrage von E-Autos. Nur wenn Mercedes weiterhin Verbrenner produziere, seien die Werke ausgelastet und nur dann hätten die Beschäftigten einen sicheren Arbeitsplatz. Aus Aktionärssicht ergebe es Sinn, erst mal am Verbrenner festzuhalten. 

Das Sorgenkind des deutschen Autokonzerns ist China. Die bisher schwächelnde Nachfrage in China macht Investoren und Anlegern zu schaffen. Ingo Speich, Leiter bei Deka Investment, kann das nachvollziehen:

Mercedes musste in China für die Prestigefahrzeuge der EQS-Serie die Preise senken und trotzdem bleibt die Akzeptanz gering. Ladenhüter und Preisreduzierungen passen nicht ins Luxussegment und beschädigen die Marke. Mit Sorge müssen wir erleben, wie die Reputationsrisiken zunehmen.“

E-Auto-Markt in China hart umkämpft

Tatsächlich ist die Akzeptanz von E-Fahrzeugen aus Stuttgart in China nach wie vor gering. Die Chinesen würden die S-Klasse mögen, nicht aber den „Elektro-Stern“, sagt Speich. Die Absatzzahlen in China sind im ersten Quartal dieses Jahres um zwölf Prozent zurückgegangen. China war damit einer der schwächsten Märkte des Konzerns. Speich möchte deshalb auf der Hauptversammlung wissen: „Würden Sie heute nochmals die Entscheidung treffen, den EQS/EQE auf die Straße zu stellen und auf eine elektrifizierte S- oder E-Klasse verzichten?“

Ola Källenius verweist in seiner Antwort auf die „China-Strategie“ des Konzerns. Allein in diesem Jahr sollen in China 15 neue Modelle auf den Markt kommen. Diese sind laut Källenius „speziell auf die Bedürfnisse unserer chinesischen Kundschaft zugeschnitten“. 

Laut dem Mercedes-Chef stehe China als „wichtigster Markt“ weiterhin im Fokus der Aufmerksamkeit des Autokonzerns. Mercedes habe das Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk und die technologischen Partnerschaften deutlich ausgebaut.

Tatsächlich ließ Källenius die bislang in China gefloppten Modelle EQS und die E-Auto-Variante der S-Klasse gerade erst überarbeiten. Nun gibt es neben einer größeren Reichweite auch den Hyperscreen in Serie. Källenius erklärte den Aktionären am Freitag weiter, dass das Auto indessen auch „neue Executive-Sitze“ für die Rückbank habe. Die E-Autos der Stuttgarter hätten indessen auch auf Wunsch einen stehenden Stern auf der Motorhaube. 

Ingo Speich meldete am Freitag dann doch Zweifel an, ob E-Autos in China bestehen können. „Licht und Schatten“ lägen dicht beieinander. Der Wettbewerb im Elektrosegment sei „sehr stark“. Unter diesem Aspekt kommen bei Speich Zweifel auf, „ob die neuen Mercedes-Elektroautos wirklich den Durchbruch, insbesondere im wichtigsten Elektroautomobilmarkt der Welt, bringen“. Speich betont: „Der elektrische Stern flackert in China noch und es wird Zeit, ihn hell zu erleuchten.“

E-Autos nicht nur bei Mercedes Verlustgeschäft

Mercedes ist nicht der einzige Autohersteller, der seine Strategie für Elektrofahrzeuge überdenken muss. So sind laut der US-Ausgabe der Epoch Times auch bei Ford die Elektrofahrzeugverkäufe in diesem Jahr rückläufig. Ende April meldete der Autohersteller für das erste Quartal 2024 einen Nettoverlust von 1,32 Milliarden US-Dollar im Segment der Elektrofahrzeuge, während der Konzern bei gasbetriebenen Fahrzeugen einen Gewinn auszeichnen konnte. 

Nach Unternehmensangaben verkaufte Ford in den ersten drei Monaten 20.223 E-Autos mit einem Verlust von über 65.000 Euro pro Fahrzeug. Für 2023 wurde im gleichen Segment ein Verlust von 4,7 Milliarden US-Dollar ausgewiesen.

Auch der E-Auto-Hersteller Tesla kündigte im vergangenen Monat an, 3.300 Arbeitsplätze in Kalifornien und mehr als 2.600 Arbeitsplätze in Texas abzubauen. Auch darüber berichtete die US-Ausgabe von Epoch Times. Zuvor hatte Tesla im Jahresvergleich einen Umsatzrückgang von neun Prozent gemeldet.

Das Unternehmen meldete im ersten Quartal einen Umsatz von 21,3 Milliarden US-Dollar. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum noch 23,3 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn sank im gleichen Zeitraum von 2,51 Milliarden US-Dollar auf 1,13 Milliarden US-Dollar.



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