Tesla will in Grünheide ausbauen – Bürger lehnen ab

Die Ablehnung bei einer Bürgerbefragung zur geplanten Erweiterung der Tesla-Fabrik in Grünheide ist ein Signal weit über die Grenzen des Ortes hinaus. Der Ausgang ist offen.
Jörg Steinbach, Wirtschaftsminister von Brandenburg, nimmt am Start des Ausbildungsjahres in der Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg teil.
Jörg Steinbach, Wirtschaftsminister von Brandenburg, nimmt am Start des Ausbildungsjahres in der Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg teil.Foto: Patrick Pleul/dpa
Epoch Times21. Februar 2024

Der US-Elektroautobauer Tesla hat mit dem Nein bei einer Bürgerbefragung in Grünheide über die geplante Erweiterung des Werksgeländes einen Rückschlag erlitten. Das klare Votum von knapp zwei Drittel Nein-Stimmen liegt auf dem Tisch.

Die Gemeindevertretung entscheidet erst noch über den Bebauungsplan für die Erweiterung. Dabei ist das Bürgervotum rechtlich nicht entscheidend, hat aber eine riesige Wirkung.

Die Mehrheit der Einwohner der Gemeinde Grünheide hatte sich in der Bürgerbefragung gegen die Erweiterung des Tesla-Geländes um 170 Hektar ausgesprochen. 3499 Einwohner stimmten dagegen, 1882 dafür, wie die Gemeinde am Dienstagabend mitgeteilt hatte. Die Beteiligung lag bei rund 76 Prozent. Das Votum ist für die Gemeinde aber nicht bindend.

Tesla will neben dem 300 Hektar großen Werksgelände auf den zusätzlichen rund 170 Hektar einen Güterbahnhof, Lagerhallen und einen Betriebskindergarten errichten. Dafür sollen mehr als 100 Hektar Wald in einem Landschaftsschutzgebiet gerodet werden.

Warum will Tesla sein Fabrikgelände überhaupt erweitern?

Das Werk in Grünheide ist vor nicht einmal zwei Jahren im Beisein von Firmenchef Elon Musk eröffnet worden. Tesla hat schon Pläne für einen Ausbau und will die Produktionskapazität vom noch nicht erreichten Etappenziel 500.000 Autos im Jahr auf eine Million Autos im Jahr aufstocken. Für den Ausbau braucht Tesla ausreichende Logistikflächen.

Was sagt Tesla nun?

Das Unternehmen erklärte laut Gemeinde am Dienstagabend, es sei „nach wie vor überzeugt, dass die logistische Optimierung des Werks ein großer Gewinn für die Gemeinde ist“. Tesla werde „auf Basis des Feedbacks der letzten Wochen, gemeinsam mit allen Beteiligten weitere Schritte abstimmen“.

Ziel sei weiterhin, „eine signifikante Verlagerung des Lkw-Verkehrs auf die Schiene zu ermöglichen, sowie generell einen schnellen Infrastrukturaufbau rund um die Fabrik sicherzustellen“.

Welche rechtliche Bedeutung hat das Votum?

Keine. Die Gemeindevertretung Grünheide stimmte im Dezember 2022 mit Mehrheit für die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans, damit Tesla das Fabrikgelände um 170 Hektar erweitern kann, was mit der Rodung von mehr als 100 Hektar Wald verbunden wäre.

Über den Bebauungsplan selbst müssen die Gemeindevertreter aber erst noch entscheiden. Das Ergebnis der Befragung ist eine wichtige Grundlage für die Entscheidung, denn sie zeigt, welche Bedenken es gegen die Fabrik an ihrem Sitz gibt – obwohl bei Tesla inzwischen 12.500 Beschäftigte arbeiten.

Wie reagiert der Bürgermeister?

Arne Christiani (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde, bedauert den Ausgang der Bürgerbefragung zur Erweiterung des Tesla-Werks: „Offenbar ist es nicht gelungen, den Menschen zu vermitteln, dass weitere wichtige Infrastrukturprojekte“ wie eine neue Landesstraße oder der Bahnhofsvorplatz für den Bahnhof Fangschleuse Bestandteil des Bebauungsplans seien. „Das ist die große Aufgabe für die Gemeinde, da Lösungen zu finden.“

Für ihn hänge der Ausgang klar mit der lokalen Berichterstattung zusammen, sagte Christiani weiter: „Die Berichterstattung über das Gesamtvorhaben Tesla ist im letzten Jahr eher ins Negative gegangen.“

Auch der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Alexander Schirp, zeigte sich enttäuscht. Die Tesla-Investition sei ein Glücksfall für Grünheide und für ganz Brandenburg, erklärte er. „Wir finden, dass nicht die Risiken, sondern die Chancen der Investition im Mittelpunkt stehen sollten, auch mit Blick auf die Umwelt.“

Der US-Elektroautobauer Tesla habe seit Produktionsbeginn für eine „beispiellose wirtschaftliche Dynamik in der Hauptstadtregion gesorgt“, mit tausenden zusätzlichen Jobs und hunderten Ausbildungsplätzen. Das Votum der Bürgerinnen und Bürger in Grünheide „sehen wir als den klaren Auftrag, noch intensiver das Gespräch zu suchen und über die Erweiterung des Werks zu informieren“.

Wie reagiert die Landesregierung auf das Bürgervotum?

Das Ergebnis hat eine große psychologische Wirkung. Auch die Politik schaut darauf, denn es geht um die Akzeptanz von Großprojekten. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) blickt nach vorn.

„Ich sehe das Abstimmungsergebnis auch als eine Motivation für die Gemeinde und Tesla, die noch nicht beseitigten Bedenken in den nächsten Wochen und Monaten konzeptionell zu beantworten“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Wer entscheidet, ob erweitert wird oder nicht?

Die Gemeinde Grünheide hat die Weichenstellung in den Händen. Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos) sagte nach dem Votum, den abgelehnten Bebauungsplan werde man in der jetzigen Form den Gemeindevertretern so nicht mehr vorlegen.

Das nächste Mal tagen die Gemeindevertreter am 14. März – bisher war die Erweiterung aber nicht auf der Tagesordnung. Der nächste Termin wäre dann am 16. Mai.

Außerdem müsste der Finanzausschuss des Landtags einem Verkauf der Fläche durch Brandenburgs Landesforstbetrieb zustimmen. Die Landesregierung hatte Tesla laut Umweltministerium 2019 bereits den Erwerb einer weiteren Fläche in Aussicht gestellt – vorbehaltlich des Bebauungsplanrechts.

Gibt es vergleichbare Fälle eines Bürgervotums in Deutschland?

In Bayern lief es zum Beispiel im vergangenen Jahr andersherum. Die Gegner eines Batteriewerks des deutschen Autobauers BMW scheiterten im September 2023 mit dem Versuch, den Bau zu verhindern.

Die Bürger des Ortes Straßkirchen in Niederbayern entschieden sich mit großer Mehrheit für die Ansiedlung. Die Bürgerinitiative gegen den Bau, dem rund 100 Hektar Acker zum Opfer fallen, scheiterte bei einem Bürgerentscheid.  (dpa/red)



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