„Uns ist der lange Atem ausgegangen“: Die nächste Milliardenpleite in der Baubranche

Immobilien im Gesamtwert von vier Milliarden Euro hat die in Wiesbaden ansässige Deutsche Invest Immobilien AG (d.i.i.) an 50 Standorten verwaltet. Nun ist sie insolvent. Angesichts der anhaltenden Krise in der Baubranche ist dem Unternehmen nach eigenen Angaben „der Atem ausgegangen“.
«Angesichts des exorbitanten Preisanstiegs seit über 10 Jahren und eines neuen Zinsumfeldes ist eine Phase der Preiskorrektur durchaus angebracht und auch im bisherigen Ausmaß gesamtwirtschaftlich nicht besorgniserregend», resümiert das IfW.
Neubauwohnungen. Symbolbild.Foto: Monika Skolimowska/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa
Von 2. April 2024

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Der Wiesbadener Immobiliengroßverwalter Deutsche Invest Immobilien AG (d.i.i.) hat am Gründonnerstag, 28. März, Insolvenz angemeldet. Einen Monat zuvor hatte die Bundesfinanzaufsicht (BaFin) eine Sonderprüfung angeordnet. Dabei ging es um ein mutmaßliches betrügerisches Netzwerk innerhalb des Unternehmens, das mithilfe von Scheinrechnungen operiert haben soll.

Zu allgemeinen Problemen der Baubranche kamen noch mögliche kriminelle Umtriebe

Der Verdacht erstreckt sich auf keine direkte Geschäftstätigkeit des Unternehmens, berichtet das „Handelsblatt“. Auch dürfte der Schaden, den die Gruppe aus dem mutmaßlichen Tatgeschehen selbst erlitten hat, nicht wesentlich zur Gesamtsituation des Unternehmens beigetragen haben. Der Bafin ging es offenbar um überhöhte und Compliance-widrige Rechnungen für Handwerkerleistungen am Gebäude.

Dass die Unternehmensgruppe, die auf Wohnungsbauprojekte spezialisiert war und Objekte im Gesamtwert von vier Milliarden Euro an 50 Standorten verwaltet, nun insolvent geworden ist, hat andere Gründe. Gegenüber dem „Handelsblatt“ äußerte Vorstandschef Frank Wojtalewicz:

„Leider ist uns der lange Atem ausgegangen, die aktuell zurückhaltende Investoren- und Käuferseite zu überbrücken.“

Derzeit sind 280 Mitarbeiter, hauptsächlich in der Firmenzentrale in Wiesbaden, bei d.i.i. beschäftigt. Das zuständige Gericht wird nach Ostern über den Antrag entscheiden und erforderlichenfalls einen Verwalter bestellen.

Bau durch mehrere Krisenerscheinungen stark unter Druck

Wie der „Münchner Merkur“ schreibt, waren letzte Verhandlungen mit möglichen Finanzierungspartnern am Mittwochabend gescheitert. Anschließend habe der Spezialist für geschlossene Immobilienfonds umgehend den Insolvenzantrag gestellt. Jetzt ist das Ziel, eine für die Gläubiger optimale Lösung zu finden.

Die Pleite von d.i.i. ist sowohl vom Umfang als auch von den Auswirkungen her nicht mit dem spektakulären Zusammenbruch des Benko-Imperiums rund um die Signa-Immobiliengruppe zu vergleichen. Aber sie ist sinnbildlich für die derzeitige Situation in der Baubranche, die aufgrund mehrerer Faktoren unter Druck steht.

Bereits im Vorjahr hatten hohe Materialkosten, hohe Zinsen, Inflation, Unsicherheiten über politische Vorgaben und hohe Energiekosten die Baubranche vielfach zum Stillstand kommen lassen. Auch d.i.i. litt unter dadurch bedingten Liquiditätsengpässen. Für die Dachgesellschaft ist nun ein Regelinsolvenzverfahren angestrebt. Für weitere operative Tochtergesellschaften habe man ebenfalls Insolvenzanträge gestellt.

Baubranche startet auch 2024 mit beunruhigenden Entwicklungen

In einer Erklärung heißt es, der Geschäftsbetrieb und die Betreuung der gemanagten Assets sollen weiterlaufen. Laut „Handelsblatt“ befinden sich unter den Investoren klingende Namen. Diese reichen vom Kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg (KVBW) über die Fußballer Serge Gnabry und Kai Havertz bis zu Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser und die Politikertochter Andrea Tandler.

Auch im Aufsichtsrat sitzen erfahrene Finanzexperten wie Ex-BaFin-Chef Felix Hufeld oder Herbert Meyer. Bei diesem handelt es sich um einen früheren Präsidenten der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR).

Das Bauhauptgewerbe gehört zu den bedeutendsten Arbeitgebern im Land mit etwa 928.000 Beschäftigten. Allerdings hatte es auch im Jahr 2024 bislang einen holprigen Start zu verzeichnen. Wie es aus Verbänden der Baubranche selbst heißt, ist der gesamte Auftragseingang von Dezember auf Januar um 7,4 Prozent gesunken.

Im Wohnungsbau gehen die Unternehmen für Januar sogar von einem realen Ordereinbruch um 17,5 Prozent aus. Bereits im Vorjahr war dieser um ein Drittel gesunken. Ein Minus gebe es mittlerweile zum 22. Mal in Folge.

Wohnungsbau als größtes Sorgenkind – Tiefbau bessert Gesamtbilanz auf

Lediglich der Tiefbau mit einem realen Orderplus von 20 Prozent könne insgesamt die Bilanz etwas aufbessern. Dabei handelt es sich beispielsweise um Großprojekte im Bahn- und Kabelleitungsbau. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, weist darauf hin, dass allein im Februar 346 Unternehmen der Baubranche für 2.458 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet hätten.

Allein im vergangenen Jahr mussten, so Müller, 1.400 Unternehmen des Bauhauptgewerbes Insolvenz anmelden, ein Viertel mehr als 2022. Eine Aussicht auf zeitnahe Besserung sieht Müller nicht:

„Wir befürchten, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird, schließlich hat sich die Ertragslage in unserer Branche aufgrund der stark gestiegenen Material-, Energie- und Zinskosten seit 2021 deutlich verschlechtert.“



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