Lindner krempelt die Steuerklassen um: Was bedeutet das für Ihre Geldbörse?

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plant, die Steuerklassen III und V abzuschaffen und durch das Faktorverfahren zu ersetzen. Damit würde zukünftig eine beliebte Kombination wegfallen. Schon 2021 hat der Bundesrechnungshof das jetzt als verbindlich geplantes Verfahren kritisiert – auch mit Blick auf die Steuerzahler.
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Die Pläne von Finanzminister Lindner sehen vor, die bisherige Kombination der Steuerklasse III und V abzuschaffen.Foto: iStock
Von 27. Februar 2024

Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, die Steuerklassen zu reformieren. Ganz konkret geht es um die Steuerklassen für Verheiratete und Lebenspartnerschaften. Bisher ist noch nicht viel in diese Richtung passiert. Das ändert sich nun: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) möchte schnellstmöglich ein umfangreiches Gesetzespaket vorlegen, berichtete die „Bild” (Bezahlschranke). Was bringen die geplanten Änderungen konkret?

Zuerst muss man zum Thema Steuerklassen etwas Grundlegendes sagen: Steuerklassen bestimmen nur darüber, was Steuerzahler von ihren monatlichen Gehaltszahlungen an das Finanzamt zahlen müssen. Es handelt sich also lediglich um eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer. Erst nachdem der Steuerpflichtige seine Steuererklärung abgegeben hat, berechnet das Finanzamt die endgültige Belastung und verschickt diese im Steuerbescheid. Entgegen mancher Annahme bestimmt also nicht die Steuerklasse die im Jahr insgesamt zu zahlende Steuer. Sie verschafft lediglich im Jahr mehr, oder wenn man falsch eingruppiert ist, weniger Liquidität.

Steuerklassen III und V sollen wegfallen

Die Pläne von Finanzminister Lindner sehen vor, die bisherige Kombination der Steuerklasse III und V abzuschaffen und diese in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV zu überführen. Beim Faktorverfahren nutzen beide Partner nach Beantragung die Steuerklasse IV, allerdings mit einem Faktor. Dabei wird der Steuervorteil des Ehegattensplittings so auf beide Partner verteilt, wie es den jeweiligen Anteilen des Gesamteinkommens der Partnerschaft entspricht. Bisher wählt der höher verdienende Partner meistens die Steuerklasse III, weil dort zwei Grundfreibeträge berücksichtigt werden. 

In der Klasse V, die der andere Partner dann zwangsläufig wählen muss, ist dann kein Grundfreibetrag erhalten. Die steuerliche Belastung ist deutlich höher. Das gilt oft als Hindernis für den Partner eine Arbeit aufzunehmen, da der Lohn dann relativ hoch besteuert wird und dementsprechend wenig Netto vom Brutto übrig bleibt. Außerdem fallen auch viele Lohnersatzleistungen wie Elterngeld bei Steuerklasse V dementsprechend niedrig aus, da diese vom Nettolohn ausgehend berechnet werden.

Faktorverfahren schon seit 2010

Für Ehe- oder Lebenspartner, die monatlich in etwa das Gleiche verdienen, gibt es schon heute die Kombination IV/IV als eine sinnvolle Alternative. Bei großen Einkommensunterschieden führt diese Steuerkombination allerdings dazu, dass über das Jahr hinweg zu viele Steuern einbehalten werden. Erst mit dem Steuerbescheid des Finanzamtes nach Einreichung der Einkommensteuererklärung geht das Geld dann wieder an den Steuerzahler zurück. Um das zu verhindern, entschieden sich Steuerzahler mit so einer geschilderten Einkommenssituation häufiger für die Kombination III/IV. 

Damit die geschilderten Nachteile ausgeglichen werden, hatte der Gesetzgeber schon 2010 die Möglichkeit geschaffen, die Kombination IV/IV mit dem sogenannten Faktorverfahren zu wählen. Mit den nun im Finanzministerium diskutierten Änderungen soll dieses Verfahren nun grundsätzlich die Kombination III/V ersetzen. 

Das Faktorverfahren baut auf die Steuerklasse IV auf und verteilt den Steuervorteil des Ehegattensplittings so auf beide Partner, wie es ihren jeweiligen Anteilen am Gesamteinkommen entspricht.

Lohnt sich für die meisten Paare nicht

Auf Anhieb klingt das nach einer sehr fairen Regelung. Ein genauerer Blick lohnt sich allerdings. Warum wird diese Möglichkeit im Moment so wenig genutzt? Eine Untersuchung des Bundesrechnungshofes (BRH) hat 2021 ergeben, dass nur 0,6 Prozent der Antragsberechtigten das Faktorverfahren in der Steuerklasse IV nutzen. Das sind lediglich 40.000 Paare.

Die obersten deutschen Rechnungsprüfer liefern in der Erhebung die Begründung dafür, dass das Verfahren so wenig Anklang findet, auch gleich mit: Es lohnt sich für die meisten Paare nicht. Es führe für die Geringverdiener in der Partnerschaft zwar zu weniger Lohnsteuer als in der Steuerklasse V, gleichzeitig muss der besserverdienende Teil allerdings eine höhere Lohnsteuer als in der Klasse III zahlen.

Laut dem Bundesrechnungshof wurden in der Summe betrachtet, bei Ehegatten und Lebenspartnern überwiegend mehr Lohnsteuer abgeführt, als das mit der Steuerklassenkombination III/V der Fall gewesen wäre. Es habe bei 83 Prozent der geprüften Fälle mit dem Faktorverfahren am Ende eine Einkommenserstattung gegeben. Durchschnittlich hätte sie bei knapp 1.000 Euro gelegen, schreibt der Rechnungshof. 

Aufwand nicht im Verhältnis zum Nutzen

Die Rechnungsprüfer kommen in ihrem Papier zu einem vernichtenden Urteil: 

Das Verfahren ist ungenau, aufwendig und im Ergebnis in den meisten Fällen trotz veränderter Verteilung lohnsteuerlich unvorteilhaft.“ 

Das Faktorverfahren sei sowohl für die Steuerpflichtigen, ihre Arbeitgeber als auch für die Finanzämter aufwendig, so der Bundesrechnungshof in seiner Untersuchung. „Der damit einhergehende Informations-, Erläuterungs- und Bearbeitungsaufwand steht nicht im Verhältnis zum Nutzen.“ Deshalb forderte der Bundesrechnungshof den Gesetzgeber auf, das Faktorverfahren wieder abzuschaffen. Abgeschafft, so die Pläne der Bundesregierung, sollen allerdings die Steuerklassen III und V werden. 



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