Die letzten Pandas aus dem tropischen Europa

Versteinerte Zähne, die ursprünglich in den 1970er-Jahren gefunden wurden, gehören in Wirklichkeit zu einem neuen, großen Verwandten des modernen Pandas.
Die letzten europäischen Pandas
Rekonstruktion des europäischen Pandas Agriarctos nikolovi.Foto: Velizar Simeonovski, Chicago
Von 5. September 2022

Vor etwa sechs Millionen Jahren streiften die letzten bekannten Pandas durch das einst tropische Europa. Zu diesem Ergebnis kommen Paläontologen nach den neuesten Untersuchungen fossiler Zähne. Laut Angaben der Forscher handelt es sich um die letzte bekannte und „am weitesten entwickelte“ europäische Riesenpanda-Art.

Bei den untersuchten Zähnen handelt es sich um zwei Fundstücke, die in den späten 1970er-Jahren in Bulgarien entdeckt wurden. Anders als die heutigen schwarz-weißen Bären ernährte er sich jedoch nicht ausschließlich von Bambus.

„Er ist zwar kein direkter Vorfahre der heutigen Gattung des Großen Pandas, aber ein naher Verwandter“, erklärt Studienautor und Professor Nikolai Spassov in einer Pressemitteilung. „Diese Entdeckung zeigt, wie wenig wir noch über die prähistorische Natur wissen und dass frühere Funde auch heute noch zu unerwarteten Ergebnissen führen können.“

Die beiden Zähne wurden ursprünglich von dem Paläontologen Ivan Nikolov in die Sammlung des bulgarischen Naturkundemuseums aufgenommen. Ihm zu Ehren benannten die Forscher nun die neue Art Agriarctos nikolovi.

„[Die Zähne] waren mit einem Fundzettel versehen, der undeutlich von Hand beschriftet war“, erinnert sich Professor Spassov. „Ich habe viele Jahre gebraucht, um herauszufinden, wo sie gefunden wurden. Es dauerte dann auch lange, bis ich erkannte, dass es sich um einen unbekannten fossilen Riesenpanda handelte.“

Pandas, die kaum Bambus aßen

Vor etwa 50 Jahren wurden die Pandazähne in Kohleablagerungen entdeckt, die ihnen einen schwärzlichen Farbton verliehen. Ihr Fundort lässt vermuten, dass die Pandas vor 6 Millionen Jahren in bewaldeten, sumpfigen Gebieten lebten. Dort ernährten sie sich wahrscheinlich weitgehend vegetarisch – aber nicht unbedingt von Bambus.

So liegen aus dieser Zeit und diesem Raum derzeit keine Nachweise für das Vorhandensein von Bambus vor. Außerdem scheinen die Zähne aufgrund ihrer Form nicht stark genug gewesen zu sein, um die holzigen Stämme zu zerkleinern. Stattdessen ernährten sie sich wahrscheinlich von weicherem Pflanzenmaterial.

„Der wahrscheinliche Wettbewerb mit anderen Arten, insbesondere mit Fleischfressern und anderen Bären, erklärt die stärkere Spezialisierung der Großen Pandas auf pflanzliche Nahrung in feuchten Wäldern“, so Professor Spassov. Mit anderen Worten: Das Leben mit anderen großen Raubtieren hat den Großen Panda wahrscheinlich zum Vegetarismus getrieben.

Spassov vertritt die Theorie, dass die Zähne von A. nikolovi dennoch einen ausreichenden Schutz gegen Raubtiere boten. Zudem sind die Zähne genauso groß wie die des modernen Pandas. Dies deute darauf hin, dass der prähistorische Panda ähnlich groß oder nur geringfügig kleiner war, als seine heutigen Verwandten.

Der prähistorische Panda gehört zu der Unterfamilie der Ailuropodinae, deren einziger heute noch lebender Vertreter der Große Panda ist. Vor 6 Millionen Jahren war er in ganz Europa und Asien verbreitet.

Den Bären wurde es zu trocken

Die Studienautoren vermuten, dass die europäische Panda-Art aufgrund von Klima- und Umweltveränderungen vor 6 Millionen Jahren von der Erde verschwand. Als Schlüsselereignis sehen die Paläontologen die sogenannte „messinische Salzkrise“ – ein Ereignis, bei dem das Mittelmeer austrocknete und die umliegenden Landgebiete erheblich veränderte.

„Große Pandas sind eine sehr spezialisierte Gruppe von Bären“, fügt Professor Spassov hinzu. „Auch wenn A. niklovi in Bezug auf Lebensraum und Nahrung nicht so spezialisiert war wie der moderne Große Panda, so waren die frühen Pandas doch ausreichend spezialisiert und ihre Entwicklung war an feuchte, bewaldete Lebensräume gebunden. Es ist wahrscheinlich, dass die Umweltveränderung in Südeuropa sich negativ auf die Existenz des letzten europäischen Pandas ausgewirkt hat.“

Derzeit gibt es zwei gegensätzliche Theorien zur Verbreitung und Entstehung der Pandabären. Eine mögliche Theorie besagt, dass die Pandas einst Asien verließen und in Europa mit dem Aussterben von A. nikolovi endeten.

Professor Spassov gibt jedoch zu bedenken, dass die ältesten Mitglieder dieser Bärengruppe in Europa gefunden wurden. Deshalb deute dies für ihn darauf hin, dass sich die Gruppe in Europa entwickelte und später nach Asien ging. Diese frühe Art könnte sich dann später zu dem modernen Großen Panda weiterentwickelt haben.

Die Studie erschien in der Fachzeitschrift Journal of Vertebrate Paleontology.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 60, vom 03. September 2022.



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