Patente – Motor oder Hemmschuh für Innovationen

Aktuelle Debatte: Soll Software patentierbar sein?
Titelbild
U.S. Patent: Code Name "Ginger" (Bild - Getty Images)
Von 29. April 2005

Der Grundgedanke von Patenten ist, die kommerzielle Vermarktung von innovativen Ideen zu unterstützen. Viele Ideen wären wohl nicht zu einem Produkt geworden, wenn nicht ein entsprechender Schutz der Idee durch ein Patent dahinter gestanden hätte. Andererseits wird das Konzept von Patenten aber auch kritisch betrachtet, nicht zuletzt auch in der Frage der Patentierung von Software.

Eine kurze Begriffsbildung

Patente stellen die wohl stärkste Form von technischen Schutzrechten dar. Ein Patent schützt die Nutzungsrechte einer Erfindung. Unter Erfindung versteht man dabei eine schöpferische Idee, die sich gewerblich anwenden lässt und auf einer erfinderischen Leistung beruht. Mit Patenten kann man technische Verfahren schützen, nicht jedoch die Nutzung mathematischer Methoden. Beim Einreichen eines Patentes wird beim Patentamt der Neuheitsgehalt und Erfindungshöhe überprüft, damit möglichst nur innovative Ideen geschützt werden und das Patent nicht etwa dazu missbraucht wird, der Konkurrenz die Benutzung eines Standardverfahrens zu verbieten. Die maximale Schutzdauer bei Patenten beträgt 20 Jahre. Man kann Patente auch international anmelden, allerdings gibt es kein gesondertes „Internationales Patent“, sondern man muss für jedes gewünschte Land eine eigene Anmeldung durchführen. Möchte man an existierenden Geräten gewisse Verbesserungen schützen lassen, so wäre der Aufwand für eine Patentanmeldung nicht tragbar. Für diesen Fall hat man eine „Sparversion“ des Patentes vorgesehen, das sogenannte Gebrauchsmuster. Gebrauchsmuster können einfacher angemeldet werden, da beim Patentamt die Neuheitsrecherche entfällt.

Allerdings sind bei einem Gebrauchsmuster die Bedingungen an die Neuheit der Erfindung auch wesentlich geringer. Mit einem Gebrauchsmuster kann das Nutzungsrecht einer Erfindung bis maximal 10 Jahre geschützt werden, wobei man im Gegensatz zu Patenten keine technische Verfahren sondern nur konkrete Verbesserungen an Geräten schützen kann.

Kritikpunkte zur Verwendungspraxis von Patenten

Durch Patente geschützte Nutzungsrechte an einer Erfindung sind, idealisiert betrachtet, dazu gedacht, um die Chance für die kommerzielle Verwertung einer Erfindung zu erhöhen und somit die Vorzüge der Erfindung der Gesellschaft zugänglich zu machen. Beispielsweise verdanken viele kleine Firmen ihre anfängliche Existenz den entsprechenden Nutzungsschutzrechten ihrer innovativen Produkte. Ohne derartige Schutzrechte wäre es oft zu riskant, den doch noch beträchtlichen Entwicklungsaufwand zu investieren, um von einer Idee zu einem Produkt zu kommen. Gäbe es keine Patente, so wäre die Bereitschaft für die Investition von Entwicklungsaufwand in innovative Produkte wohl viel geringer.

Jedoch lassen sich Patente auch in anderem Maße einsetzen, das so nicht der Grundidee von Patenten entspricht und für die innovative Entwicklung als hemmend angesehen wird. Beispielsweise versuchen Firmen auch, vom Erfindungsgehalt eher gering ausgefallene Aspekte durch ein Patent schützen zu lassen, allein um es der Konkurrenz zu erschweren, ein Produkt im selben Marktsegment als Mitbewerber anzubieten. Eine solche Praxis hat insofern schwerwiegende Folgen, da wirtschaftliche Konkurrenz als eine treibende Kraft für die Entwicklung von neuen und innovativen Verfahren und technischen Lösungen gesehen wird. Zudem muss man auch sagen, dass für große Firmen ein Patent oft nicht mehr primär die Rolle der Existenzsicherung einnimmt. Patente werden von großen Firmen oft als rein strategisches Verhandlungsargument bei Allianzen verstanden.

Neben der Verwendungspraxis von Patenten ist natürlich auch relevant, welche Bereiche damit schützbar sein sollen. Mathematische Algorithmen sind beispielsweise bewusst davon ausgenommen worden, um diese für ein möglichst breites Anwendungsspektrum offen zu halten. Schwierig und oft nicht mehr eindeutig wird es im Bereich von technischen Innovationen, wo Software zum Einsatz kommt. In den USA wurden Erfindungen im Bereich von Software als voll patentierbar angesehen, womit sich in der Praxis schon viele Stimmen erhoben haben, die eine zu starke Einschränkung des Entwicklungsprozesses von Software erkannt haben. Da in der EU die Festsetzung einer entsprechenden Regelung zur Patentierbarkeit erst im Entstehungsprozess ist, ist man daher bemüht, bereits erkannte Gefahren zu vermeiden. Während das EU Parlament sich für eine klare Ablehnung der Patentierbarkeit von Software ausgesprochen hatte, hatten die europäische Kommission und Rat einen Text entworfen, der großteils für die Patentierbarkeit von Software interpretiert werden kann. Jedoch fand dieser Entwurf keine Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten, wobei sich besonders Polen sehr kritisch gegenüber Softwarepatenten positioniert hatte und zum geplanten Entscheidungstermin im Dezember 2004 eine Streichung des Themas von der Tagungsliste erwirkte. Das Thema der Patentierbarkeit von Software muss nun neu ausgearbeitet werden.

Hans-Peter Götting, Urheberrechtsexperte an der Technischen Universität Dresden, erklärte dazu: „Im Bereich der Biopatente werden heute Dinge patentiert, die noch vor wenigen Jahren als unpatentierbar galten.“ Weiterhin fügt Götting hinzu: „Unser Ausgangspunkt war, dass Software nicht patentierbar ist“.

Vor den negativen Auswirkungen eines weiteren Trends, der verstärkten Ausrichtung von Universitäten auf Patene als Maß für den Nutzen von Forschung, warnt der US-Sozialwissenschaftler Roger Hollingsworth: „Mit viel Geld werden an den Top20-Universitäten heutzutage diejenigen belohnt, die die meisten Lizenzgebühren einspielen.“ Die Folge wäre, dass langfristiger Nutzen aus Grundlagenforschung zunehmend vernachlässigt werden würde. Hollingsworth sieht darin durchaus die Gefahr, dass die USA dadurch ihre Spitzenstellung einbüßen könnten. Dieses Thema ist umso mehr interessant, da sich derzeit europäische Universitäten dazu anschicken, dem Vorbild der US-Universitäten folgend, Patente als Forschungsresultate gezielt zu fördern.

 

 

 

 



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