Verstörender Post in China: Stahlwerk als Unterstützung für die überlasteten Krematorien?

Chinas Bestattungsinstitute arbeiten rund um die Uhr – mehr geht nicht. Dennoch gibt es lange Wartelisten für die Einäscherung von Familienangehörigen. Ein inzwischen gelöschter Post berichtet über eine grausige Idee, wie man der Lage Herr werden könnte.
Titelbild
Ein Trauernder mit einem Foto eines geliebten Menschen in traditioneller weißer Trauerkleidung in einem Beerdigungsinstitut am 14. Januar 2023 in Shanghai, China.Foto: Kevin Frayer/Getty Images
Von 22. Januar 2023

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Jahrelange Isolation, dann chaotische Öffnung. Eine Krankheitswelle von gewaltigem Ausmaß trifft auf eine unvorbereitete und immungeschwächte Bevölkerung. Sogar die Versorgung mit einfachsten Medikamenten aus der Apotheke, wie Hustenmitteln und Fiebersenkern, bricht zusammen. Die Krankenhäuser sind hoffnungslos überfüllt, die Krematorien dem Ansturm nicht gewachsen.

Allerdings gibt es Hinweise auf möglicherweise neue Ideen. Es ist bisher unklar, wie fundiert die Hinweise sind, jedoch reagierten die Behörden bereits mit Löschung des betreffenden Social-Media-Accounts.

Auch stellt sich die Frage, ob dort möglicherweise ein Geheimnis ans Licht gebracht worden war, das nicht erst seit Kurzem bekannt ist. Niemand weiß, ob die chinesische Regierung in der Corona-Pandemie und insbesondere in dieser neuen großen Welle nicht auch auf andere Möglichkeiten der Einäscherung setzt als die herkömmlichen Bestattungsmethoden.

Ein gelöschter Post

Die Quelle der Informationen stellte ein Account auf dem Twitter-ähnlichen chinesischen Mikroblogging-Dienst Weibo dar. Nach Angaben mehrerer regimekritischer Medien soll es sich dabei um den Weibo-Account „Li Sanxiao 0008“ gehandelt haben, der den Informationen nach 556.000 Follower hatte und eigenen Angaben nach ein chinesischer Ökonom sei.

Der Account ist noch aufrufbar. Der betreffende Beitrag vom 29. Dezember fehlt jedoch. Belanglose Postings vom selben Tag sind weiterhin vorhanden. Allerdings ist der Account mit einer Anmerkung versehen: „Wegen Verstoßes gegen einschlägige Gesetze und Vorschriften ist der Nutzer derzeit gesperrt“.

Am 28. Dezember schrieb er, dass es nun schon zwölf Tage seit seiner Infektion her sei und er immer noch erschöpft und appetitlos sei. Was hatte „Li Sanxiao 0008“ am 29. Dezember noch veröffentlicht, außer den noch vorhandenen Belanglosigkeiten?

Stahlwerkpost. Foto: China Weibo/Youtube Screenshot, Spotlight on China

Sichuan Electric Furnace Steel Mill

Sensible Themen in Chinas Social Media zu posten ist immer ein riskantes Unterfangen. Dennoch postete der Account „Li Sanxiao 0008“ am 29. Dezember eine Mitteilung, die er der Sichuan Electric Furnace Steel Mill, einem großen Stahlwerk, zuschrieb.

Darin wurde mit der Begründung, den Druck auf die Bestattungsbranche verringern zu wollen, beim lokalen Büro für Zivilangelegenheiten offenbar die Ausweitung des Geschäftsbereichs des Stahlwerks beantragt. Man wolle fortan bei der Verbrennung der Toten behilflich sein.

Wie der YouTube-Kanal „Spotlight on China“ berichtet, wurde in dem veröffentlichten Brief angegeben, dass die meisten Stahlwerke in der Provinz Sichuan aus konjunkturellen Gründen ohnehin stillgelegt seien oder nur mit halber Kraft arbeiteten.

Die Maschinen seien ungenutzt, die Mitarbeiter im Urlaub oder gekündigt. Dann hob man die Vorzüge des Stahlswerks bei der Einäscherung von Leichen hervor. „Die traditionelle Einäscherungsindustrie verwendet Heizöl, das nicht umweltfreundlich ist.“ Das Stahlwerk verwende dagegen Lichtbogenöfen mit hohen Temperaturen, was zu einer vollständigeren und gründlicheren Verbrennung in kürzere Zeit führe. Man erfülle auch vollständig die Anforderungen des Umweltschutzes.

Nach Angaben von Radio „Sound of Hope“ meinten einige User zu der Veröffentlichung: „Das ganze Volk stellt Stahl her, und das Volk benutzt wirklich das Volk, um Stahl herzustellen“ oder „Great Leap Forward 2.0“. In beiden Fällen wurde die Anspielung auf Maos millionenfach tödlichen „Großen Sprung nach vorn“ deutlich. Ein anderer User meinte nur: „Es ist zu böse“.

Chinas Öfen brennen pausenlos

Wie sieht es mit den herkömmlichen Krematorien in China aus? Sie arbeiten am Limit und teils sogar darüber hinaus. Im Internet wird ein Fall berichtet, wo ein Ofen aufgrund der Dauerbelastung sogar zusammengebrochen sein soll.

Das Babaoshan Funeral House in Peking ist das größte Bestattungsinstitut und Krematorium der Stadt und übernahm vor der Pandemie mit seinen 19 Öfen (Stand 2017) rund ein Viertel aller Bestattungsfälle in Peking. Ein Mitarbeiter von Babaoshan Funeral erklärte den Reportern der chinesischen Epoch Times bereits am 14. Dezember 2022, dass man einen Rückstand von etwa einer Woche bei den Verbrennungen habe.

„Jeden Tag werden mehr Menschen eingeäschert als zuvor, und die Terminanrufe sind zu viele, als dass wir sie bewältigen könnten.“ Der Mann berichtet von Warteschlangen von Kunden und beschwert sich: „Wir haben hier überhaupt keine Ruhezeit.“

Normalerweise arbeitet Babaoshan Funeral von 8 bis 16 Uhr. Ab dem 15. Dezember wurde das Krematorium rund um die Uhr in Betrieb genommen. Dieses richtete zusätzlich zum normalen Termintelefon drei weitere Service-Hotlines ein. Laut einem Bericht von Radio Beijing am 25. Dezember arbeiten in dem Bestattungsunternehmen derzeit zehn Angestellte am Telefon.

Die Gefrierschränke sind voll mit Leichen und die Wartezeit für eine Einäscherung wurde Ende Dezember mit zwei Wochen angegeben. In den sozialen Medien gibt es Berichte, dass Familien aufgrund der Lagerengpässe für Leichen, ihre Verstorbenen in ihren Autos bis zur Verbrennung aufbewahren. Im Winter scheint das wohl noch machbar. Soweit zur aktuellen Situation.

Ein Sarg wird von einem Leichenwagen am 18. Dezember 2022 in einen Lagercontainer des Pekinger Dongjiao-Krematoriums eingelagert. Foto: Getty Images

Der Versuch einer einfachen Hochrechnung anhand der öffentlich zugänglichen Informationen von Babaoshan Funeral House könnte so aussehen: Offizielle Zahlen eines Berichts für das Jahr 2019 über Bestattungsdienste in Peking bezifferten die Zahl der eingeäscherten Leichen in der chinesischen Hauptstadt auf 101.181, verbrannt in insgesamt 94 Verbrennungsöfen. Wenn Babaoshan Funeral etwa ein Viertel dieser Feuerbestattungen Pekings durchgeführt hat, würde das für einen Zeitraum von 30 Tagen 2.079 Feuerbestattungen ausmachen.

Rechnet man durchschnittlich eine Stunde für eine Einäscherung und eine Leiche pro Ofen, könnten Babaoshans 19 Öfen rund um die Uhr 456 Leichen pro Tag einäschern. In 30 Tagen sollte die Gesamtzahl der Einäscherungen demnach etwa 13.680 betragen – fast das Siebenfache des Volumens vom Jahr 2019. Die großen Rückstände bei den geplanten Verbrennungen wurden dabei nicht mit eingerechnet.

Überall die gleiche Geschäftigkeit

Ein Pekinger Sargladenbesitzer meinte aufgrund seiner Geschäftsbeziehungen zu einem lokalen Krematorium in einem südöstlichen Vorort von Peking: „Früher wurden im Krematorium von Tongzhou etwa 40 Leichen pro Tag eingeäschert und jetzt verbrennen sie über 100.“

Es sei zur normalen Praxis in Peking geworden, mehrere Leichen zusammen zu verbrennen. Auch im östlichen Pekinger Innenstadtbezirk Chaoyang verbrenne das dortige Krematorium Dongjiao Leichen ohne Unterbrechung, meinte der Mann.

Ein Sargladenbesitzer in der Stadt Xuzhou in der östlichen Provinz Jiangsu berichtet Ähnliches vom lokalen Krematorium: täglich bis zu 300 Leichen, die Öfen brennen Tag und Nacht.

„The Economist“ berichtete vor einigen Tagen von einem Krematorium in Dengzhou, Provinz Henan. Täglich verbrenne man dort laut Aussage eines Mitarbeiters über 100 Tote, in den vergangenen Wochen sogar 160. Vor der Pandemie seien es nur 30 oder 40 Leichen pro Tag gewesen.

Dramatisches hört man auch aus Shanghai. Öffentlichen Informationen zufolge gibt es in Shanghai 15 Beerdigungsinstitute. Ein Angestellter des Bestattungsinstituts Baoxing in der Hafenmetropole erklärte der Epoch Times bereits am 28. Dezember 2022: „Wir beginnen um 8 Uhr mit der Ausgabe der Nummern. […] Wir äschern jetzt 400 bis 500 Leichen pro Tag ein“. Ursprünglich seien 90 Einäscherungen das Maximum gewesen. Nun mache man Überstunden.

Offizielle Statistiken betrachtet

Chinas offizielle Zahlen sind immer mit Vorsicht zu genießen. Da geht es nicht nur um beschönigte Wirtschaftszahlen, sondern um möglicherweise gravierende Unterschiede zwischen Realität und offiziellen Angaben.

Wie man das verstehen kann, erklärte der New Yorker Chinaexperte und langjährige „Beijing Spring“-Chefredakteur Hu Ping:

Wenn ich sowieso lügen will, dann erzähle ich einfach eine größere Lüge – je größer, desto besser.“

Wenn die Lüge also die Vorstellungskraft gewöhnlicher Menschen übersteige, werde man durch seine Vorstellungskraft beim Raten und Schätzen eingeschränkt. Dann gebe man relativ niedrige Schätzungen ab, meinte Chinakenner Hu Ping.

Hu Ping sagte, die Regierung wisse, dass niemand ihren Daten glauben werde, und sie erwarte auch nicht, dass andere ihnen glauben würden, sie wolle nur das Wasser trüben.

Solange die Todesdaten zu einem Fall werden, den niemand eindeutig erklären könne, werde der Zweck der Behörden teilweise erreicht.

Patienten am 13. Januar 2023 in Shanghai – sie werden auch auf dem Flur von Krankenhäusern oder im Foyer behandelt. Foto: Kevin Frayer/Getty Images

Ein Beispiel, in welchen Dimensionen sich so etwas bewegen könnte: Die chinesische Version von „Radio France International“ interviewte im September 2021 den US-chinesischen Geburtenforscher und Demografen Yi Fuxian von der University of Wisconsin-Madison.

„Ich beschäftige mich seit mehr als 20 Jahren mit Chinas Bevölkerungspolitik“ erklärte Yi. Seinen Angaben zufolge seien Chinas Geburtenzahlen und Fruchtbarkeitsraten gefälscht – um die „Bevölkerungswachstumsziele aufrechtzuerhalten“, erklärt der Experte.

Im Fazit geht Yi davon aus, dass China sich möglicherweise schon in einem negativen Wachstum befinde oder nahe daran. Er schätzte zu dieser Zeit die Bevölkerung Chinas auf 1,28 Milliarden, was mit den offiziellen Angaben von 1,41 Milliarden Menschen so gar nicht zusammenpasst. Wenn Yi richtig liegt, müssten demnach in China rund 130 Millionen fiktive Menschen leben.

Eine statistische Reise …

Folgende Schätzungen hören sich fast schon unglaublich an, könnten jedoch immer noch weit von der Wahrheit entfernt sein, da sie nur mit den offiziellen Zahlen arbeiten. Wie die chinesische Epoch Times berichtet, bezifferte das Nationale Statistikamt Chinas in einem „Statistischen Bulletin“ vom 28. Februar 2022 die Bevölkerungszahl des Landes auf 1,41 Milliarden Menschen.

10,14 Millionen Menschen sollen im Jahr 2022 gestorben sein. Die Sterberate lag bei 7,18 Promille. Am 18. März 2022 gab das Ministerium für Zivilangelegenheiten die Zahl der eingeäscherten Leichen im Jahr 2021 mit 5,96 Millionen an. Aus diesen Zahlen ergibt sich eine rechnerische „Einäscherungsquote“ von 58,8 Prozent.

Chinas „Bestattungsordnung“ (Art. 4) regelt: „Die Feuerbestattung soll in dicht besiedelten Gebieten mit wenig Ackerland und günstigen Transportmöglichkeiten durchgeführt werden; in Gebieten, in denen die Voraussetzungen für eine Feuerbestattung noch nicht gegeben sind, ist eine Erdbestattung zulässig.“

Das Ministerium für Zivilangelegenheiten zählte Ende des Jahres 2020 landesweit 6.619 Verbrennungsöfen und rechnete mit einem Zuwachs auf 7.000 in den darauffolgenden zwei Jahren, also bis Ende 2022.

Normale Bestattungsinstitute arbeiten in der Regel acht Stunden pro Tag. Aktuell wird jedoch von einer fast 24-stündigen Arbeitsauslastung der Öfen berichtet. Bei einer rechnerischen Verbrennungsdauer von durchschnittlich 60 Minuten pro Durchgang würden Chinas 7.000 Öfen (sofern die Zahl stimmt) bei pausenlosem Einsatz täglich 168.000 Leichen einäschern, wenn tatsächlich auch nur eine Leiche pro Vorgang verbrannt wird.

Allerdings meinte einer der oben zitierten Sargladenbesitzer in Peking, dass es in den Hauptstadtkrematorien fast schon normal sei, zwei Leichen gleichzeitig zu verbrennen. Inwieweit das zutreffen mag, ist unbekannt.

Wenn man diese Möglichkeit weglässt, würden binnen 30 Tagen in Peking dennoch fünf Millionen Leichen verbrannt. Rechnet man die übrigen Bestattungen bei einer Einäscherungsrate von 58,8 Prozent hinzu, wären es schon rund 8,5 Millionen – pro Monat.

In dieser Rechnung wären aber immer noch nicht die außerplanmäßig aus dem Boden gestampften Verbrennungsöfen enthalten. Aus dem Raum Peking gibt es Videos, die von hektischen Bauarbeiten von Krematorien berichten. Sogar ein zuvor für die Zwangsquarantäne errichtetes Containerkrankenhaus werde umfunktioniert. Dortige Arbeiter berichteten, dass sie 200 große Verbrennungsöfen bauen würden.



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