Alte Geister austreiben zum Jahreswechsel

Gedanken zu einer neuen Epoche
Von 31. Dezember 2005

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Sonnenwende, Weihnacht, Jahreswechsel, sind das noch Ereignisse, die uns etwas sagen? Gibt es überhaupt dieses Uns oder Wir. Wer ist dieses Wir? Die Mehrheit, der Mainstream, die Medienleute, die Umfrageergebnisse? Welche Wohltat, in einem Land zu leben, das Meinungsfreiheit schützt, das die Vielfalt nicht nur ertragen kann sondern braucht. Schwer ist es manchmal auszuhalten, das ewige Dagegen-Sein, kaum wird eine Idee geboren, ein Gedanke geäußert. Aber lieber das Durcheinander und Auseinander-Setzen und Kompromisse suchen, als die Grabesstille totalitärer Gesellschaften.

Füllen wir es auch aus, was unsere Vorfahren uns erkämpft und hinterlassen haben? Sind wir kreativ genug, um unsere „Spielräume“ mit Leben zu füllen? Sind wir resigniert im „alten Europa“ oder freuen wir uns am Einfallsreichtum unserer Jugend?

Sonnenwende bedeutete für unsere Vorfahren nicht nur den Abschied vom Alten, sondern die Zukunft der länger werdenden Tage zu feiern. Weihnacht war die von höheren Kräften bestimmte Geburt des Erlösungsgedankens in der Gestalt eines Kindes – ein ebenso reales wie symbolisches Geschehen, das heute kaum noch verstanden wird.

Und am Jahreswechsel vertreiben wir mit lautem Geknall die Geister, an die wir nicht mehr glauben. Glücklicherweise gibt es inmitten aller Gleichgültigkeit und Beliebigkeit doch immer noch und immer wieder Menschen, die Menschsein erforschen und leben, die Mitgefühl haben, die Mut und Phantasie haben, die Stärke zeigen und sich vor Schwäche nicht fürchten. Jeder Einzelne ist wichtig, will wahrgenommen, geschätzt und beschützt werden. Das erst macht aus den vielen Ichs das Wir auf dem Weg in die Zukunft desNeuen Jahres.

Der Mond – der siebte Sinn und wir

Gedanken zu einer neuen Epoche

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„Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön! So sind gar manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn.“

Matthias Claudius, geboren 1740 in Reinfeld/Holstein als Pfarrerssohn seit 1777 freier Schriftsteller, Journalist und Dichter in Wandsbek, schrieb das schöne Abendlied vom Mond. In der dritten Strophe versteckte er die Botschaft an seine Zeitgenossen, die im Zeitalter der Aufklärung glaubten, alles erkannt zu haben und erklären zu können. Bis heute ist dieses Lied vielen Deutschen vertraut, wenn sie denn das Glück hatten, noch – oder schon wieder – mit Liedern aufgewachsen zu sein.

Ich glaube nur, was ich sehe

Die Aufklärung, die seit 200 Jahren mit einer vehement einsetzenden Wissenschafts-Gläubigkeit einhergeht, beeinflusst uns bis heute. Matthias Claudius dagegen behauptete schlicht, dass es noch mehr gäbe als das, was wir sehen können, und von dem wir getrost behaupten, das gäbe es nicht. Er wollte eine Sicht ermöglichen, die nicht nur auf Mikroskop und Teleskop vertraut. Vielleicht der größere Wissenschaftler, der klügere Mensch?

Man erinnere sich aus dem Biologieunterricht zum Beispiel an die Aufregung in Medizinerkreisen gegen die Entdeckungen von Robert Koch, die dazu führten, dass der Arzt Max von Pettenkofer 1892 mit einem öffentlichen Selbstversuch die Wirkung von Cholerabakterien widerlegen wollte. Robert Koch hatte Unsichtbares, die Cholerabakterien, sichtbar gemacht. In diesem Fall war das Mikroskop ein guter Helfer, aber vorausgegangen war eine sowohl nüchterne als auch intuitive Suche.

Wer wollte vor etwa 150 Jahren glauben, dass ein Arzt und eine Hebamme entscheidend zur Senkung von Kindbettfieber und Säuglingssterblichkeit beitragen, wenn sie sich bei den Vorbereitungen auf eine Geburtshilfe die Hände waschen? Der ungarische Arzt Ignaz Philipp Semmelweiß (1818 -65) wurde dafür verhöhnt und doch rettete er mit seinen Erkenntnissen vielen Frauen und Kindern das Leben. Wer wollte in der etablierten Wissenschaft vor nur 20 Jahren an die Wirksamkeit von Akupunktur glauben? Inzwischen ist sie eine Standardanwendung vieler niedergelassener Ärzte.

Anschauungen statt Offenheit

Immer wieder stoßen wir auf Anschauungen und „Glaubensfragen“ der Etablierten, wo Offenheit, Neugierde und Wissbegier wünschenswert wären. Kann man einer Wissenschaft vertrauen, die lieber in ihren eigenen Suppentöpfen rührt und neue Fragestellungen verhindert, statt über den Tellerrand zu schauen?

Der Einzelne und das Ganze – immer sind sie in Abhängigkeit voneinander. Aber nur der Einzelne kann individuell seine Richtung bestimmen – wenn er denn wahrnehmen will, welche Verantwortung er hat in seinem Leben, für sein Leben und für das Leben der anderen.

Jüngste Veröffentlichungen aus dem Wissenschaftsbereich führen den statistischen Nachweis, dass unsere innere Einstellung – etwa die der Vorgesetzten in einem Betrieb – unmittelbare Auswirkungen auf unsere Umgebung hat. Das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter und der Erfolg eines Betriebes spiegeln diese innere Haltung, unabhängig davon, wie viele theoretisch fundierte Maßnahmen eingesetzt werden. Fortbildung lohnt sich, aber nur, wenn die innere Motivation auch verbessert wird. Ein langer Weg über die wissenschaftliche Statistik führte zu diesen Erkenntnissen, die jeder instinktiv schon längst spürte.

Mit Freude aus Fehlern lernen

An der Universität Gießen wurde von Prof. Dr. Michael Frese und seinem Team erforscht, wie der negative Umgang mit Fehlern der Mitarbeiter im Betrieb direkt in eine Negativkurve von Arbeitsmoral, Kreativität und Produktivität mündet. Ebenso kontraproduktiv sind das Mobbing, negative Stimmungsmache und die mangelnde Toleranz unter Kollegen. Dagegen führt das Lernen aus Fehlern ohne Scham oder Bestrafung zu gemeinsamer Verbesserung und Freude im Team. Bei der intoleranten Haltung Fehlern gegenüber belegen wir Deutschen übrigens den zweiten Platz in der Weltrangliste. Nach den Ursachen dieses deutschen Verhaltens zu fragen, führt hier zu weit.

Leichter und befreiender für alle wäre es, die Fehler zu erkennen, sie nicht zu wiederholen und mit mehr Wagemut in eine neue Epoche aufzubrechen. Eine Epoche der Experimentierfreude, des Mutes zu Fehlern, des Mutes zur Korrektur, der Freude daran, auch noch den sechsten, siebten oder achten Sinn der Wahrnehmung zu schärfen und zu nutzen. Vielleicht finden wir dann auch die Augen, die immer den runden Mond sehen, die Unendlichkeit und uns inmitten dieses Kosmos.



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