„Anteil der Totgeburten gestiegen“ – Weil es weniger Geburten gibt

In den letzten 15 Jahren ist der Anteil der Totgeburten um über 25 Prozent gestiegen. Seit Corona steigt auch die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche, was seinerseits die Gesamtzahl der Geburten senkt.
Titelbild
Engelstatue auf einem Friedhof.Foto: iStock
Von 20. Juli 2023

„Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 3.247 Kinder tot geboren. Das waren 173 Totgeburten oder fünf Prozent weniger als im Jahr 2021“, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. Zudem teilten die Wiesbadener Statistiker mit, dass der Anteil der Totgeborenen sogar leicht zugenommen hat. Damit setzt sich der seit 2007 bestehende Trend fort.

Als Erklärung heißt es aus Wiesbaden: „Da […] die Zahl der lebend geborenen Kinder im Vorjahresvergleich um sieben Prozent und damit stärker sank als die Zahl der Totgeburten, stieg die relative Zahl der Totgeburten je 1.000 Geborenen (Totgeburtenquote) von 4,3 auf 4,4.“

Oder um es anders zu sagen: Es gibt nicht mehr Totgeburten, sondern allgemein (viel) weniger Geburten.

Keine Totgeburten: Fehlgeburten im Regelfall nicht erfasst

Im Einzelnen führt Destatis aus, der Anteil der Totgeburten war 2022 „bei den Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit 5,0 Totgeburten je 1.000 Geborenen deutlich höher als bei den deutschen Frauen mit 4,1.“ Noch ausgeprägter zeige sich dieser Abstand „in der Altersgruppe ab 35 Jahre[n]“.

Insgesamt betrug die Totgeborenenquote jener Frauen 5,5 Totgeburten je 1.000 Geborenen. Bei den deutschen Frauen dieser Altersgruppe lag sie mit 5,1 darunter, bei den Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit 7,1 stark darüber. Analog zur Meldung aus dem vergangenen Jahr ist anzunehmen, dass die Quote bei Müttern unter 21 Jahren ähnlich hoch ist. Neuere Angaben fehlen.

Verglichen mit den Vorjahren zeigt sich ein weiterer Trend: Nach einem Tiefstand im Jahr 2007 steigt die Quote wieder an. Damals kamen 3,5 Totgeburten auf 1.000 Geburten. Noch weniger gab es nur 1991 bis 1993. Allerdings gab es damals eine andere Definition von Totgeburten. Dazu schreiben die Statistiker:

Als tot geboren gelten in Deutschland Kinder, bei denen sich zunächst Herzschlag, pulsierende Nabelschnur oder Einsetzung der natürlichen Lungenatmung außerhalb des Mutterleibs gezeigt hatten. Zudem muss seit 2018 entweder das Gewicht des Kindes bei der Geburt mindestens 500 Gramm betragen oder die 24. Schwangerschaftswoche erreicht worden sein. Anderenfalls „handelt es sich rechtlich gesehen um eine Fehlgeburt, die nicht im Personenstandsregister beurkundet wird.“

Bis 1994 lag die Grenze bei 1.000 Gramm, was erklärt, warum es damals weniger „Totgeburten“ gab. 1994 bis 2018 wurde bei 500 Gramm unterschieden. Seitdem gibt es den zeitlichen Faktor der 24. Schwangerschaftswoche als alternatives Kriterium. Wenn eine „Fehlgeburt“ allerdings „Teil einer Mehrlingsgeburt ist, bei der mindestens ein Kind eine Lebendgeburt oder eine Totgeburt ist“, wird – seit 2009 – auch diese Fehlgeburt als tot geborenes Kind beurkundet.

Ursachen unklar …

Die „Ursachen des seit über zehn Jahren zu beobachtenden Anstiegs der Totgeburtenquote sind noch nicht hinreichend erforscht und daher nicht sicher zu benennen“, teilten die Statistiker weiter mit. Weder das steigende Durchschnittsalter der werdenden Mütter – in höherem Alter ist das Risiko einer Totgeburt im Durchschnitt erhöht – noch der steigende Anteil der ausländischen Frauen könnte die Entwicklung erklären.

Die Quote sei „in den vergangenen Jahren bei Frauen sowohl mit deutscher als auch ausländischer Staatsangehörigkeit und in allen Altersgruppen tendenziell gestiegen“. Gleichzeitig ist auch die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche gestiegen.

Im vergangenen Jahr teilten die Statistiker ihrerseits mit, dass das durchschnittliche Alter der Frauen bei den Totgeburten seit Anfang der 2010er-Jahre stärker stieg als bei den Lebendgeburten. Das durchschnittliche Alter bei einer Totgeburt lag 2021 demnach bei 32,2 Jahren. Knapp fünf Monate jünger – 31,8 Jahre – waren Mütter im Durchschnitt bei einer Lebendgeburt. Für 2022 teilte man diese Zahlen nicht mit.

… Vergleiche kaum möglich

Aus dem Vorjahr ebenfalls bekannt ist, dass die Totgeborenenquote in Ostdeutschland einschließlich Berlin seit 1990 fast durchgehend höher ist als in Westdeutschland. Im Jahr 2021 betrug die Totgeborenenquote in Ostdeutschland 4,7 und in Westdeutschland 4,2 je 1.000 Geburten.

Gleichzeitig unterschied sich das durchschnittliche Alter der Mütter in Ostdeutschland (31,6 Jahre) und im Westen (32,3 Jahre), was wiederum dem allgemeinen Alterstrend zuwider läuft.

Ein umfassender internationaler Vergleich ist laut Statistikamt nicht möglich. Grob lasse sich sagen, dass die Totgeburtenquote in den Niederlanden ähnlich und in Österreich auffallend niedriger sei.

Nicht nur erschweren unterschiedliche Definitionen von Totgeburt die Vergleiche der Zahlen über Staatsgrenzen hinweg, auch die Angaben des Statistischen Bundesamtes bezüglich Deutschland unterscheiden sich in wichtigen Punkte von denen des Vorjahres.

Während man 2023 gesonderte Angaben für die Altersgruppe ab 35 Jahren machte, schrieb man 2022 von Frauen ab 37 Jahren. Dies wirkt sich zwar nicht auf die Gesamtzahl der Totgeburten aus, mache direkte Vergleiche aber nahezu unmöglich.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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