Eltern schlagen Alarm: Lachgaspatronen für Kinder wie Süßigkeiten zu erhalten

Lachgas ist als Partydroge auf dem Vormarsch und steht zunehmend im Fokus der öffentlichen Gesundheitsdebatte. Eigentlich ist das Gas jedoch mehr als ein käuflicher Lachflash: Es ist Schmerz- und Narkosemittel in der Medizin und für industrielle Zwecke geeignet.
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Kartusche und Luftballon.Foto: iStock
Von 27. Mai 2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat angekündigt, den Erwerb von Lachgas stark einschränken zu wollen. Anlass dafür waren besorgte Stimmen wegen zunehmender missbräuchlicher Verwendung der Substanz als Partydroge unter Jugendlichen. Vor allem Eltern schlugen Alarm.

Ärzte und Elternvertreter kritisieren die Situation rund um Schulen. Dort gibt Automaten, aus denen sich die Kids Lachgaspatronen wie Süßigkeiten ziehen können. Epoch Times berichtete.

Kurzer Lachflash – der käufliche Kick

Wer Lachgas inhaliert, bekommt einen schnellen, heftigen Rausch. Das wissen auch immer mehr Jugendliche, die sich an Spätis und Automaten mit den bunten Stahlkartuschen eindecken, um den euphorisierenden Stoff über Luftballons einzuatmen.

Die Kurzfristigkeit des Rausches und der damit verbundenen Glücksgefühle sowie die legale und unkomplizierte Verfügbarkeit tragen zur Gefährlichkeit des Rauschmittels bei. Zumal eine eindeutige Dosierung wie bei einer medizinischen Anwendung als Narkosemittel beim Partykonsum aus Luftballons und Kartuschen nicht möglich ist.

Lachgas macht zwar nicht auf körperlicher Ebene abhängig, langfristiger Missbrauch kann aber zu Psychosen, Vitamin-B12-Mangel und sogar zur irreversiblen Schädigung des Nervensystems führen.

Lachgas in Deutschland legal

In Deutschland kann das Narkosegas legal erworben werden. So wird es beispielsweise als Treibgas in Kartuschen für Spraydosen, Sprühsahne oder Luftballons frei verkäuflich angeboten. Viele Jugendliche inhalieren das Gas aus Luftballons oder direkt aus Sahnespenderkapseln. Da der Erwerb legal ist, gibt es auch keine Statistik zu den Folgen des Konsums des Partygases.

In anderen europäischen Länder gibt es bereits strenge Vorschriften zum Verkauf von Lachgas.

Unter anderem in den Niederlanden: Nachdem die in Zahl von Verkehrsunfällen mit Lachgasberauschten signifikant zugenommen hatte, hat das Land Distickstoffmonoxid auf die Liste der verbotenen Rauschmittel gesetzt. Besitz und Verkauf sind dort seit 1. Januar 2023 verboten. Ausnahmen gibt es nur für medizinische und technische Zwecke.

In Frankreich wurde nach Todesfällen in Zusammenhang mit dem Lachgas der Verkauf an Minderjährige im Juni 2021 verboten. In Belgien ist es seit Februar 2022 in einigen Städten verboten.

Auch in Spanien darf Lachgas nur mit besonderer Genehmigung verkauft werden. In Deutschland wird jetzt über eine Regulierung nachgedacht – indem Lachgas auf die Liste von psychoaktiven Stoffen gesetzt wird, was automatisch strenge Verkaufsregeln nach sich ziehen würde.

Ein komplettes Verbot sei in Deutschland nicht möglich, da das farblose, nicht brennbare Gas auch in anderen Bereichen Anwendung findet, heißt es seitens Medizin und Industrie.

Ursprünglich wurde das Gas in der Medizin als Schmerz- und Betäubungsmittel eingeführt, da es schmerzlindernde und beruhigende Eigenschaften hat. Gerade bei schmerzhaften Zahnbehandlungen oder anderen OPs wird der kurz anhaltende Nebel von circa 15 Minuten als Anästhetikum genutzt. Neben der medizinischen Verwendung findet Lachgas auch Anwendung in der Lebensmittelindustrie, insbesondere in der Herstellung von Schlagsahne, wo es als Treibgas in Sahne-Sprühdosen dient.

Alleskönner vom Raketentreibstoff bis Motortuning

Lachgas (N2O) entsteht unter anderem in der Natur als Nebenprodukt bei der bakteriellen Nitrifikation. Es ist farblos und hat einen süßlichen Geruch. Aus Kläranlagen, in der Landwirtschaft und aus Mooren werden große Mengen davon in die Atmosphäre freigesetzt, wo es laut Umweltbundesamt einen 275-mal höheren Effekt auf die Erderwärmung haben soll als Kohlendioxid.

Das natürliche Stickoxid (N2O, Distickstoffmonoxid) findet aber auch in der Industrie Anwendung: So dient es bei Raketentreibstoffen als Oxidationsmittel und sogar Motoren können durch Einspritzen von Lachgas getunt werden, auch wenn diese kurzfristige Erhöhung der Motorleistung verboten ist.

Lachgas-Partys

Entdeckt wurde das Gas bereits 1771 vom englischen Chemiker Joseph Priestley. Die Wirkung als Narkosemittel und Analgetikum kennt man seit 1797, als der englische Apotheker und Chemiker Humphry Davy damit zu experimentieren begann.

Nachdem Davy das Gas an sich selbst mehrfach getestet hatte, wobei er sich selbst fast vergiftet haben soll, gibt es am pneumatischen Institut in Bristol regelrechte sogenannte Lachgas-Partys: Ärzte, Patienten und Künstler experimentierten unter Humphry Davys Aufsicht mit dem neuartigen Stoff. Penibel dokumentierte dieser Dosierungen und die entsprechenden Effekte.

Als Davy bei Entdeckung der betäubenden Wirkung empfiehlt, Distickstoffmonoxid als Narkosemittel bei Operationen einzusetzen, nimmt ihn erst einmal niemand ernst. Lachgas galt damals einfach nur als Partydroge.

Von da an dauerte es fast 50 Jahre, bis das Rauschmittel dann ab 1844 medizinisch angewendet wurde. Unter Medizin- und Zahnmedizinstudenten waren noch in den späten 1960er- und 1970er-Jahren Lachgas-Partys populär. Dem aktuellen Trend von Lachgas-Rausch-Partys unter Jugendlichen kurz nach der Corona-Zeit will Bundesgesundheitsminister Lauterbach jetzt einen Riegel vorschieben.



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