Tierarzt zu teuer: Besitzerin kastriert Kaninchen zu Hause – mit verheerenden Folgen

Stellen Sie sich vor: Sie sitzen im Wartezimmer einer Tierarztpraxis und hören dann aus dem Behandlungsraum das heftige Donnerwetter einer Ärztin, das sich über die Tierhalterin ergießt. Was war geschehen?
Titelbild
Ben während der Stabilisierung mit Infusion über die Ohrvene.Foto: Kleintierklinik Frank via facebook
Von 10. April 2023

Es ist ein trauriges Schicksal, dass den kleinen braun-weißen Kaninchenbock Ben vor etwa zwei Wochen ereilt hat. Im Alter von fünf Monaten sollte er kastriert werden. Allerdings griff nicht – wie in solchen Fällen üblich – der Tierarzt zum Skalpell, sondern die Halterin, und zwar ganz ohne Betäubung und anatomische Kenntnisse. Letztendlich blieb ihr der Gang in die Tierklinik aber doch nicht erspart, denn der Eingriff ging schief.

Als die Halterin mit dem verletzten Ben in der Tierklinik ankam, befand er sich unter Schock und hatte Blut verloren. Er hatte zwei Schnittverletzungen am Hinterteil, aus einer schaute die Harnblase heraus. Die hinzugezogene Chirurgin war schockiert, auch darüber, dass es scheinbare Foren mit Anleitungen gibt, wenn Halter ihre Tiere auf dem Küchentisch kastrieren wollen.

Wie wurde vorgegangen?

„Die Besitzerin hat das Kaninchen festhalten lassen, einen Hoden aus dem Hodensack geschnitten und ihn abgetrennt. Dabei fiel eine kugelige Struktur aus dem Schnitt hervor, die ebenfalls angeschnitten wurde, bis sich eine gelbe Flüssigkeit daraus ergoss“, schildert die Tierklinik auf Instagram und liefert gleich eine Erklärung: Die Harnblase war aufgeschnitten worden.

Spätestens hier merkten wohl alle Beteiligten, dass man ein Problem hatte.“

Anders als bei anderen Tieren, die sich bei einer solchen Aktion zur Wehr gesetzt hätten, reagieren Kaninchen unter Stress mit Schockstarre und bewegen sich nicht. „Sie schreien nicht und zappeln nicht, wenn man ihnen ein Körperteil abschneidet“, erklären die Tierärzte. Schon allein durch übermäßigen Stress könnten Kaninchen kollabieren und sterben.

Trotz Todesangst war Ben also völlig regungslos und ertrug still sein Leid. Was in ihm vorging, bleibt wohl für immer sein Geheimnis.

Die Begründung

Warum die Halterin sich selbst an dem Kerlchen zu schaffen gemacht hatte, erklärte sie damit, „dass Tierärzte zu teuer sind und dass man keinen Termin bekommen hätte“.  Außerdem seien alle anderen im Haushalt befindlichen Kaninchen schon kastriert gewesen.

Aus Sicht der behandelnden Tierärzte wurden die Prioritäten ganz klar falsch gesetzt. Denn am Geldmangel innerhalb der Familie könne es nicht liegen. „Die Kinder hatten ein teures Hobby.“

Für die Tierärztin, die das Kaninchen notversorgte, hieß es, in dieser Situation sachlich und ruhig zu bleiben. Gelungen ist ihr dies jedoch nicht ganz. „Die Chirurgin hat ganz klare Worte gefunden für diese Tierquälerei“, rechtfertigt die Klinik das „Donnerwetter“ gegenüber den Tierhaltern im Wartezimmer, die Ohrenzeugen der Patientenaufnahme wurden. In Anbetracht einer solchen Untat könne es empathischen Tierärzten schon einmal passieren, dass sie ihre Fassung verlieren. „Das war aber auch nur ganz kurz und kommt sonst nicht vor.“

Die Lösung

Letztlich sah die Tierklinik nur eine Option. Da die Halterin kein weiteres Geld für die chirurgische Versorgung von Ben investieren wollte und es für die Ärzte nicht infrage kam, das Tier einzuschläfern, hat die Klinik den Mümmelmann übernommen. Auf eigene Kosten haben sie noch am späten Abend den kleinen Ben stabilisiert, die Harnblase vernäht, das Tier ordnungsgemäß kastriert und zur intensivmedizinischen Betreuung stationär aufgenommen.

Schon einen Tag nach der Operation konnte die Infusionstherapie beendet werden. Jedoch gab es noch Schmerzmittel und Antibiotika. „Das Kaninchen hat sehr gut gefressen und saß munter in seiner Box“, lautete die frohe Botschaft auf Instagram.

Und was passierte mit der Besitzerin?

Die Ärzte haben sie wegen Tierquälerei beim Veterinäramt und der Polizei gemeldet. Sie wollten kein Risiko eingehen, dass die anderen in ihrem Besitz befindlichen Tiere leiden. „Wir könnten es uns niemals verzeihen, wenn wir bei einem solchen Verhalten nicht aufstehen und laut werden würden“, so das Team der Tierklinik, das sich als Sprachrohr ihrer Patienten sieht.

Natürlich gebe es auch grenzwertige Fälle, wo die Besitzer sich vielleicht übernommen haben und überfordert waren. Dann suche man zusammen mit den Besitzern eine Lösung. Im Fall von Ben war dies jedoch keine Option.

Ein Statement an alle

Abschließend richtet die Tierklinik eine klare Botschaft an alle:

  1. Wer sich Tiere nicht leisten kann oder kein Geld ausgeben möchte, sollte sich keine anschaffen.
  2. Tiere sollten krankenversichert werden, auch die Heimtiere.
  3. Tiermedizin bedeutet ein Studium von fast 6 Jahren und ein lebenslanges Lernen.

„Wer Tiermedizin nicht studiert hat, wer sich nicht all die Jahre durch Anatomie gequält hat, schneidet keinem Lebewesen irgendwelche Körperteile ab“, so die Mahnung der Ärzte – vor allem nicht ohne Narkose und Schmerzmittel!

 

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