Asylagentur der EU: Gesamtzahl der Anträge wird 2023 „deutlich über eine Million“ betragen

Die Direktorin der EU-Asylagentur EUAA, Nina Gregori, geht für 2023 von deutlich mehr als einer Million Asylanträge in den Staaten der Gemeinschaft aus. Für die kommenden Jahre erwartet sie kaum einen Rückgang – ungeachtet des jüngst beschlossenen Asylpakts.
Migranten klettern über einen Zaun auf der Insel Lampedusa.
Migranten klettern über einen Zaun auf der Insel Lampedusa. Die Zahl der Asylanträge in der EU ist 2023 deutlich angestiegen.Foto: Cecilia Fabiano/LaPresse via ZUMA Press/dpa
Von 25. Dezember 2023

Die Zahl der Asylsuchenden in der EU ist weiterhin deutlich im Steigen begriffen. Gegenüber den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“ hat die Direktorin der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA), Nina Gregori, einen neuen Rekord für Oktober gemeldet. In jenem Monat habe ihre Einrichtung rund 123.000 Anträge verzeichnet. Dies sei der höchste Monatswert seit 2016 gewesen.

Kein schneller Rückgang der Asylantragszahlen nach GEAS-Reform zu erwarten

Insgesamt, so Gregori, werde die Zahl der Asylanträge in der EU im Jahr 2023 „deutlich über einer Million“ liegen. Deutschland gehöre dabei zu den Schwerpunkten. Den Zahlen der Agentur zufolge, die sich auf die Daten der zuständigen nationalen Stellen beziehen, habe es EU-weit bis Ende Oktober etwa 937.000 Anträge gegeben. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres seien das um 22 Prozent mehr.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zählte bis Ende November in Deutschland 325.801 Asylanträge – und damit ein Plus von 52 Prozent im Vorjahresvergleich. Im Oktober entfielen laut EUAA 27 Prozent aller Asylanträge auf Deutschland – mehr als auf die zweit- und drittplatzierten Länder Frankreich und Italien zusammen. Auch für das Jahr 2024 gibt die EUAA-Chefin keine Entwarnung. Dieses werde ein „herausforderndes Jahr“, so Gregori, immerhin werde „die Welt um uns immer instabiler“.

Das Schutzbedürfnis der Flüchtlinge werde „daher auch 2024 und darüber hinaus nicht abnehmen, sondern zum Teil sogar zunehmen“. Auch der jüngst beschlossene Migrationspakt sei „kein Allheilmittel“, so Gregori. Deshalb solle niemand „eine sofortige Veränderung erwarten, auch nicht bei der zahlenmäßigen Entwicklung der Asylanträge“.

Gregori spricht von „klarer Botschaft“ der EU

Bei der EUAA handelt es sich um eine auf Malta ansässige Gemeinschaftsagentur der EU. Ihre Aufgabe ist es, die Mitgliedstaaten bei der praktischen Zusammenarbeit in Asylangelegenheiten zu unterstützen – beispielsweise durch Informationsaustausch. Über hoheitliche Befugnisse verfügt die EUAA nicht.

Zu den zentralen Aufgaben der Institution gehört jedoch die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS). Dieses war am 20. Dezember neu gestaltet und erheblich verschärft worden.

Gregori begrüßte die Einigung zwischen den Unterhändlern von EU-Parlament und Mitgliedstaaten. Diese sende „eine sehr klare Botschaft, dass die EU hart gegen jene vorgehen wird, die den Flüchtlingsschutz missbrauchen wollen, auch gegen Schlepper“. Gleichzeitig verpflichte sich die Staatengemeinschaft, ein „nachhaltiges und hoffentlich zukunftssicheres Schutzsystem von Weltrang“ für tatsächlich Berechtigte einzuführen.

Deutschland konnte sich mit Forderung nach Ausnahmen für Frauen mit Kindern nicht durchsetzen

Zu den Kernpunkten des reformierten GEAS gehört die Durchführung von Asylverfahren bereits an den Außengrenzen der EU. Vor allem Personen mit schlechter Asylprognose sollen dann grenznah untergebracht werden. Kritiker befürchten, dass dies in einer haftähnlichen Weise geschehen könne.

Deutschland konnte sich mit dem Ansinnen, Frauen mit Kindern aus der Regelung auszuklammern, nicht durchsetzen. Mehrere Staaten befürchteten, diese könnten in einem solchen Fall auf gefährliche Fahrten vorausgeschickt werden.

Das neue GEAS soll zudem einen wirksamen Grenzschutz an den Außengrenzen der EU schaffen – einschließlich einheitlicher Standards für Registrierungen und Zuständigkeiten. Die Einreisewilligen sollen auch möglichst frühzeitig identifiziert werden können.

Darüber hinaus ist auch ein einheitlicher und verbindlicher Mechanismus bezüglich einer Verteilung der Migranten Teil der Abrede. Auf mindestens 30.000 Flüchtlinge jährlich soll dieser Mechanismus Anwendung finden. Wer sich daran nicht beteiligen möchte, solle pro abgelehntem Flüchtling 20.000 Euro in einen gemeinsamen Fonds einzahlen. Ungarn hat diesbezüglich bereits Vorbehalte angemeldet.

Welche Schwierigkeiten bei der Umsetzung des GEAS neu könnte die EU haben?

Ob und inwieweit das Abkommen tatsächlich greifen kann, ist ungewiss. So könnte es nach wie vor erhebliche Probleme bei der Identifizierung von Asylbewerbern geben, die ohne Dokumente einzureisen versuchen. Vielfach bestehen auch Zweifel an der Menschenwürdigkeit der Unterbringung oder der Rechtsstaatlichkeit von Verfahren an den Außengrenzen.

Eine weitere potenzielle Schwierigkeit bei der Umsetzung besteht im Fehlen von Rücknahmevereinbarungen bezüglich abgelehnter Asylbewerber. Dort, wo bereits Vereinbarungen zur Eindämmung irregulärer Zuwanderung bestehen, ist nicht immer von einer reibungslosen Einhaltung auszugehen.

So hatte beispielsweise EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Juli eine Einigung mit Tunesien über die Verhinderung unkontrollierter Migration verkündet. Im Gegenzug hatte Brüssel Finanzhilfen in Höhe von bis zu 900 Millionen Euro zugesagt. Nur wenige Monate später kam es von der Hafenstadt Sfax aus zu einer Massenanlandung auf der Insel Lampedusa. Zudem sprach Tunesiens Machthaber Kais Saied von „respektlosen Almosen“ der EU, auf die man nicht angewiesen sei.

Neben Migranten aus asiatischen oder afrikanischen Herkunftsländern befanden sich Ende Oktober etwa 4,16 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in der EU. Dies sei ein Plus von rund 320.000 gegenüber Januar, erklärte Gregori. Auch hier sei Deutschland mit etwa 1,17 Millionen Geflüchteten vor Polen (rund 957.000) das wichtigste Aufnahmeland.

(Mit Material von dts)



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