Ungarn: Brüssel drängt auf ein „Paket zur Aufrechterhaltung der Migration“

Ungarn wünscht keine Beteiligung an dem neuen EU-Migrationspakt und warnt auch andere vor den Folgen.
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Migranten auf einem Boot unterwegs nach Europa.Foto: iStock
Von 23. Dezember 2023

Am Mittwoch, 20. Dezember, haben sich die Unterhändler von EU-Parlament und Mitgliedsländern auf eine grundlegende Neuordnung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) geeinigt.

In der Presse wird über eine „historische Einigung“ berichtet. In Brüssel spricht Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, über eine „wirksame europäische Antwort“ auf das Migrationsproblem. Laute Kritik gibt es hingegen aus Ungarn. Das neue Paket würde die Migrationskrise nicht lösen, sondern sie festigen, betonen die Ungarn.

Ein Paket zur „Aufrechterhaltung der Migration“

Im Namen der ungarischen Regierung reagierte der Staatssekretär Csaba Dömötör auf die Nachricht von der Verabschiedung des Pakts auf seiner Facebook-Seite.

Nicht gerade das Weihnachtsgeschenk, das wir erwartet haben“, sagte er.

Dömötör zufolge sei die neue Regelung gerade nicht gegen, sondern für die „Aufrechterhaltung der Migration“. Was ist das Hauptproblem? Das Paket enthält die „lange diskutierte Verteilungsquote“, also die Anzahl der Migranten, die ein Mitgliedstaat aufnehmen soll. Wie die Regierung Ungarns es schon früher betonte, sei dieses System gleich einer „Einladung“ für illegale Migranten.

„Aber sie gehen auch darüber hinaus, denn das neue Paket beinhaltet auch die Möglichkeit, diese Zahlen in einer Krisensituation zu überschreiten. Das könnte in der Praxis bedeuten, dass die Mitgliedstaaten [die Migranten] ohne Obergrenze aufnehmen sollten“, erklärte Dömötör.

Wann eine solche Krisensituation eintritt, würden sie selbst entscheiden“, fügte er hinzu.

Zudem, so der Staatssekretär, würde das neue Paket die derzeitigen ungarischen Asylverfahren außer Kraft setzen. „Die Folge davon wäre, dass auch in Ungarn Migrantenghettos entstehen würden“, betonte er.

Die neuen Regeln werden dem Politiker zufolge in aller Eile verabschiedet, weil die Wahlen zum Europäischen Parlament näher rücken und man befürchte, dass nach den Wahlen die notwendige Mehrheit nicht mehr vorhanden sei.

Heimatschutzexperte: „Ein schlecht durchdachtes System mit ernsten Folgen“

„Jetzt, wo die Entscheidungsgremien der Europäischen Union sich auf den Migrationspakt geeinigt haben, werden die Nationalstaaten kein Mitspracherecht mehr haben, wer auf ihr Territorium umgesiedelt wird“, sagte György Bakondi, Ungarns Chefberater für innere Sicherheit, am 22. Dezember im „Radio Kossuth“.

Neben den obligatorischen Verteilungsquoten wies der Berater noch auf ein weiteres Problem hin. Die Migranten sollten Bakondi zufolge außerhalb der Grenzen der Europäischen Union auf die Bearbeitung ihres Asylantrags warten. Wenn dies nicht gewährleistet werden könne, so werde die neue Regelung die erwünschten Ziele sicherlich nicht erreichen.

Der Berater erlebte das Problem bereits im Jahr 2015. Damals hatten die Migranten praktisch alle „ihre Papiere weggeworfen“ und erklärt, sie würden politisch verfolgt. „Sie mussten in offene Lager verwiesen werden, wo sie eine gute Mahlzeit bekamen und dann weiterzogen“, erinnert sich Bakondi. Er fügte hinzu, dass damals 400.000 Menschen ins Land kamen, aber 370.000 Flüchtlingsverfahren eingestellt werden mussten, „weil die Menschen, deren Antrag die Verfahren ausgelöst hatte, verschwunden waren“, sagte der Experte gegenüber dem Nachrichtensender M1.

Ist eine Blockade noch möglich?

Auch Ungarns Außenminister Péter Szijjártó hat sich geäußert: „Wir lassen uns weder von Brüssel noch von sonst wo vorschreiben, wen wir ins Land lassen dürfen, und wir weigern uns aufs Schärfste, dafür bestraft zu werden.“

Fraglich ist allerdings, inwieweit ein Mitgliedstaat aus diesem Pakt aussteigen kann. Die Entscheidung von Brüssel ist auch noch nicht endgültig. Der Pakt zu Migration und Asyl muss noch formell vom Plenum des Europäischen Parlaments und dem Rat der Regierungen der Mitgliedstaaten gebilligt werden.

Bislang haben alle EU-Länder außer Ungarn den Vorschlag unterzeichnet. Für die Annahme des Pakts ist jedoch keine Einstimmigkeit im Rat erforderlich, sodass Ungarn vorerst umgangen werden könnte. Die Umsetzung des Pakts selbst könnte jedoch von der ungarischen Regierung blockiert werden, schreibt die Wirtschaftsanalysezeitung „Portfolio“. Es bleibt abzuwarten, wie dies in der Praxis aussehen wird.

In den kommenden Wochen wird zunächst die Ausarbeitung der Einzelheiten der neuen Regelungen auf Expertenebene fortgesetzt, bevor das Abkommen den Vertretern der Mitgliedstaaten abschließend zur Ratifizierung vorgelegt wird.



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